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Preisbewerbung.
Nach den ,Organischen Bestimmungen* der Technischen Hochschule und dem ,Preisstatut*
vom 20. Januar 1892 können an Studierende sämtlicher Abteilungen für völlig genügende Lösung
von Preisaufgaben Preise vergeben und Belobungen zuerkannt werden.
Das Ergebnis der Preisbewerbung des Jahres 1896 war folgendes:
I, Die Abteilung für Architektur
hatte folgende Aufgabe gestellt:
In einem fürstlichen Park soll für die Abhaltung von Festlichkeiten und für vorübergehenden Aufenthalt
der fürstlichen Familie am ansteigenden Ufer eines Sees ein in monumentaler Weise auszuführendes Kasino errichtet
werden in Verbindung mit Terrassen, Grotten, Laubgängen und einem Landungsplatz für kleinere Schiffe,
Das eigentliche Bauwesen soll enthalten: ;
1) einen Saal von ca. 150 qm Bodenfläche, der sich gegen eine grosse Terrasse dem See zu öffnet,
2) zwei Empfangszimmer von je ca. 70 qm Bodenfläche in entsprechender Verbindung mit dem Saal und event.
mit Vorräumen und bedeckten Veranden,
3) einen Lese- und Bibliothekraum von 40—50 qm,
4) einen schönen Baderaum mit Toilettekabinett,
5) ein Anrichtezimmer in geeigneter Verbindung mit dem Saal und mit einer Diensttreppe, sowie die weiteren
nötigen Nebenräume, Garderobe, Aborte u. s. f,
6) mit den Festrüumen in entsprechender Verbindung eine Eintrittshalle mit Herrschaftstreppe in ein oberes
Geschoss, welches eine kleinere Zahl von Wohngelassen nebst den nötigen Nebenräumen für einen kürzeren
Aufenthalt der fürstlichen Familie enthalten soll.
In einem Untergeschoss sind Küche, Dienerschaftsgelasse und entsprechende Nebenräume unterzubringen.
Verlangt werden:
Die Grundrisse in einem Massstabe von . 1:200,
eine Hauptansicht , , » 55:1 1:100,
ein Schnitt > in 2 » - 1:100,
eine gemalte perspektivische Gesamtansicht und ein Fassadenteil in dem Massstab 1 : 20.
Die Aufgabe hat 9 Bearbeitungen gefunden, die wie folgt beurteilt wurden:
1. Entwurf mit dem Kennwort: Bei Nacht und Nebel,
In der Plananlage des Erdgeschosses ist die seitliche Anordnung des Eingangs mit der vorgelegten un-
motivierten langen Vorhalle nicht glücklich; die Vorräume sind gegenüber den eigentlichen Festräumen von allzu
grosser Bedeutung, was in der Anordnung der Räume des Obergeschosses zu einer entsprechenden weitläufigen
Disposition geführt hat. Im Ausseren ist das Obergeschoss zu dominierend gegenüber dem unteren Hauptgeschoss,
in das die Festráume gelegt sind; doch ist die architektonische Ausgestaltung namentlich des den Festsaal enthaltenden
Mittelbaus, der als einheitlicher durch 2 Geschosse gehender Raum ausgesprochen ist, nicht ohne Geschick.
Die Anlage der Wandelgänge ist zu erzwungen und zu wenig in Verbindung mit dem Terrain.
Die äussere Erscheinung wirkt am ansprechendsten in der perspektivischen Ansicht, in welcher die über-
mässigen Wandelgänge am Fuss des ansteigenden Terrains glücklicher Weise weggelassen sind, auch ist die Dar-
stellung dieses Blattes flotter als die der übrigen Blätter.
2. Entwurf mit dem Kennwort: Jugend.
Der Verfasser hat die Aufgabe in monumentalster Weise aufgefasst, doch künnen seine Planbildungen nicht
ganz befriedigen. Die zwei grossartigen, symmetrisch an die mächtige innere Wandelhalle sich anschliessenden
Treppen in das Obergeschoss sind für die verhältnismässig wenigen Wohnräume dieses Geschosses zu viel des Guten.