Aphorismen.
Von den Kategorien Zahl, Raum und Zeit gehört die Zahl allein
der reinen Logik oder Wissenschaft an, Raum enthält schon etwas
Hypothetisches oder aus der Anschauung Entnommenes (z. B. die Eukli-
dische Hypothese der Parallelentheorie, ferner die Vorstellung von links
und rechts, die keine logisch definirbare Begriffe sind). Ebenso wie
mit dem Raum dürfte es sich auch mit der Zeit verhalten. Die Ver-
hältnisse von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nach unserer für
die physische Welt gebildeten Vorstellung von der Zeit dürften also
ebenfalls etwas Hypothetisches enthalten, was für die geistige Welt (für
die Gedankenwelt, noch mehr aber für das Denken selbst) keine unbedingte
Gültigkeit besässe.
Wir fassen unsere Gedankenwelt in den Rahmen von Zahl, Raum,
Zeit, Bewegung u. s. w., wobei Stetigkeit und Einfachheit der Bewegung
(dass kein Ding zweierlei Bewegung zugleich machen könne) für den
Zusammenhang wesentlich ist.
Dieser Rahmen genügt nicht mehr, wenn diese unsere Gedanken-
welt auch auf geistiges Leben und auf die Gottheit ausgedehnt und
erstreckt werden soll.
Die geistige Bewegung des Denkens kann nicht in der Art be-
schränkt werden, dass sie ebenso wie die physische Bewegung dem
Princip der Stetigkeit und Einfachheit (wonach kein denkendes Wesen
zwei Gedanken zugleich haben könnte) unterworfen würde. Die Mög-
lichkeit eines Schlusses, fordert drei Sätze. zusammen im Bewusstsein
gegenwärtig zu haben.
Nach jenem ersteren, für die physische Welt gebildeten Rahmen,
ist die Gegenwart gar nichts, nämlich blosse Grenze zwischen Vergangen-
heit und Zukunft ohne eigenen Inhalt.
Im geistigen Leben gehört das Bewusstsein der Gegenwart an, was
einen wesentlichen Inhalt hat (dem auch alle Erinnerung angehört). Im
geistigen Leben ist also die Gegenwart etwas Wirkliches und nicht blos
Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft, sie hat einen wirklichen
Inhalt.