~ 109 -
bruar 1850 von Miniſter Wächter-Spittler unterschrieben worden sei
ohne die erforderliche Zuſtimmung der Landesvertretung. Allein diese
Anklage war von Anfang an aussichtslos ; denn ſelbſt wenn man
mit der Candesversſammlung die Rechtsfrage bejahte, ob der alte Bund
erloſchen sei, ob zum Abſchluß eines neuen die Stände mitzuwirken
haben, so war doch bei der Zweifelhaftigkeit dieser Fragen ausge-
schlossen, daß einem dagegen handelnden Minister eine böſe Abficht
oder auch nur eine zurechenbare Fahrläfsigkeit hätie bewiesen werden
können. In der Tat hat am 4. September [ 850 die Mehrheit des
Staatsgerichtshofes das Erfordernis der ständischen Zustimmung zu
jenen Verträgen verneint und den angeklagten Minister freigeſprochen.
Es war die erſte und letzte Ministeranklage in Württemberg.
Usnig Wilhelm hat indeß das Urteil des Staatsgerichtshofes
nicht abgewartet. Die Hofpartei drängte zum Bruch. Schon im Staats-
anzeiger vom 17. Juni war die Regierung an ihre Pflicht erinnert
worden, auch ohne Landesverſammlung vorwärts zu gehen, und bei-
gefügt, daß Notwehr kein Verfaſſungsbruch sei. Das Ministerium
hatte nach wirklicher Beſchließung der Miniſteranklage vorgeschlagen,
die Landesversſammlung abermals auf vier Wochen zu vertagen bis
zur Erledigung dieſer Anklage und Vollendung der Kommissions-
arbeiten für das Finanzgeſez. Der König war damit nicht einver-
standen. Er bestritt jetzt, daß unter einer Auflsſung vor der Ent-
scheidung des Staatsgerichtshofes die Ehre des Ministeriums leide,
da das gerichtliche Verfahren ja fortgehe; leiden würde sie vielmehr
unter der Nichtauflsſung, nachdem der Finanzminister am 28. Juni
eine Steuerverwilligung auf nur zwei Monate für eine Steuerverweige-
rung erklärt und trotzdem diese so beſchloſſen worden set; nachdem die
Landesverſammlung weiter am 27. Juni (mit allen gegen vier bezw.
fünf Stimmen) die Münchener Konvention für Württemberg als nicht
rechtsbeſtändig, die Teilnahme Württembergs an den Frankfurter Ver-
handlungen für unverbindlich erklärt habe, sei es vielmehr sein ,fester
Wille“ die Landesverſammlung sogleich aufzulssen; 29. Juni. Doch
das Ministerium Schlayer sah darin einen Fehler und zog vor zurück-
zutreten.!
Das neue, am 2. Juli 1850 gebildete Ministerium sprach die
vom König verlangte Auflösſung alsbald aus, griff aber nicht zur
Verfassung von 1819 zurück, sondern kündigte die Wahl einer Dritten
Landesversammlung nach dem Gesetz vom [. Juli 1849 an. Die ſcheiden-
den Demokraten und der Präſident Schoder, ein wahrhaft glänzender
Redner, wurden mit Bankett und Ständchen von ihren Anhängern
gefeiert. Joſef Frh. v. Linden, im März 1848 das Haupt des Zwei-
stundenminiſteriums, gab auch dem neuen Ministerium den Namen.
Aber diesmal dauerte ſeine Herrſchaft 14 Jahre. Linden war ein
makelloſer Charakter, persönlich liebenswürdig und wohlwollend, tat-
:) Geh. Rats Akten C. 26 III und Hiftor. Zeitschrift 1887, 36.