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Der Usnig erſchreckt, durch den Ausfall der Wahlen, zog nun die
Zügel schärfer an. Auf seinen Befehl mußte Kapff schon am 16. Januar
1832 durch Rundschreiben die Bildung von Vereinen zur Beratung
landständiſcher Angelegenheiten und zur Belehrung von oder Rücksprache
mit Abgeordneten verbieten; vor den Wahlen seien sie nur geduldet
worden, nach den Wahlen seien sie verfaſſungswidrig. Da das Rund-
ſchreiben nicht geheim und nicht unangefochten geblieben, so wurde
das Verbot durch eine Kgl. Verordnung vom 21. Februar 1832 feier-
lich widerholt auf Gutachten des Geheimen Rats, der zwar den fühl-
baren Mangel der Gesetzgebung über Vereine bedauerte, aber jetzt
entgegen seiner Ansicht vom verwichenen Oktober einmütig erklärte,
daß alle Vereine zu ihrem Bestehen der Bestätigung bedürften.!) Doch
mit Grund wurde die Rechtsgültigkeit des Verbotes auch fernerhin
bestritten. Die Berufung des neuen Landtags schob der Usnig nun
erſt: recht hinaus. Dazu riet auch die Rücksicht auf die Großmächte,
die ein besonders wachſames Auge auf die konstitutionellen Staaten
hatten, und der Wunſch, das Einschreiten des Bundestags bei den
unausbleiblichen Zuſammenstsßen mit der Opposition zu vermeiden.
Und da die Steuern bis zum 30. Juni 1833 bewilligt waren, eilte
es auch verfaſſungsmäßig nicht mit der Berufung.
Um so mehr drängten die Neugewählten. In Baden und
Baxern konnte die Opposition auf dem Landtag ihre Ansichten und
Wöünſche in umfaſsendster Weiſe vorbringen; in Württemberg fehlte
diese Bühne. Jetzt wurde auch der Ständische Ausſchuß heftig an-
gegriffen, weil er es ablehnte, seinerseits die Regierung um Berufung
des Landtags zu bitten. Sein Weiterbestehen nach Ablauf der Wah
periode wurde nun für verfaſſungswidrig erklärt; nach der Verfaſſungs-
urkunde § 190 ohne zureichenden Grund. Auch hatte die Regierung
ſchon i. I. 1824 der Kammer ihre Ansicht dahin erklärt, daß die Wirk-
samkeit des Ständiſchen Ausschuſſes nicht erlsſche mit Ablauf der Wahl-
periode, sondern erſt mit Ersffnung des neuen Landtags; darnach war
auch vom Ständiſchen Ausschuß verfahren worden. Beides blieb ohne
Widerspruch des Landtags; auch Uhland hat kein Bedenken getragen,
noch i. J. 1826 im Ständiſchen Ausschuß mitzuwirken, trotzdem die
Wahlperiode i. JI. 1825 abgelaufen war. Ebenso wurde später stets
verfahren.
f hte? lud man denn sämtliche Kammermitglieder ein, am 30. April
1832 in Bad Ball sich einzufinden, um sich näher kennen zu lernen
und zu besprechen. Es kamen aber fast nur Anhänger der Bewegungs-
partei, und es entwickelte sich daraus eine förmliche Beratung mit
Protokollführern unter Vorsitz Schotts. Mit allen gegen drei Stimmen
wurde eine, von Menzel verfaßte, öffentliche Erklärung der „Vater-
landsfreunde“ unterzeichnet, worin gesagt war, daß die Gewähltenin
den wohlbegründeten Wünſchen des Volkes, vor allem nach Berufung.
!) Geh. Rats Protokoll vom 4. Februar 1832.