Architektur
Forschung
ZUR UMFRAGE
in Heft 1 Seite 4 bis 14, Heft 3 Seite 3 bis 13
| Was umfaßt nach Ihrer Meinung der Begriff
Architektur ?
Halten Sie Forschung in der Architektur für
notwendig ?
J. Janssen schrieb dazu: "Die Interviews reflektieren
die obsolete Fragestellung. Jeder redet daher etwas
über seine Verhältnisse.' Und C. Fahrenholtz erwi-
derte: "Ich weiß auch wirklich nicht, ob die gestell-
ten Fragen von mir in einer Form beantwortet wer-
den können, die nicht nur kurz, sondern auch in
ausreichendem Mass erschöpfend ist; die in Heft 1
abgedruckten Antworten lassen mich etwas am Sinn
der Fragestellung überhaupt zweifeln. '
Form und Zweck der Fragen werden hier bekrittelt,
während W.Spatz sich gegen den Inhalt der ersten
Frage wendet: "Ist der Begriff Architektur nicht
überhaupt überholt, Requisit längst vergangener
Baukunstepochen? Hochbauwesen erschiene mir nahe-
liegender.
Und die zweite Frage, die nach der Forschung,
stößt gleich auf drei Gegenfragen: "Was würden Sie
davon halten, wenn eine Zeitschrift - sagen wir
mal - für Menschenkunde eine Umfrage hält, um
die Meinung der Befragten darüber zu wissen, ob
Nahrungsaufnahme für die Existenz des Menschen
notwendig ist?'' (J. Joedicke) - "Ich frage mich, wel
che Antworten man (und ob man überhaupt Antwor-
ten) erhielte, wenn man einen Komponisten danach
fragte, was der Begriff Musik umfaßt" (K.Sage) -
"_ fragte ich mich zunächst, ob wohl auch - bei-
spielsweise - ein Mediziner einen Mediziner fragen
könnte, was er unter Medizin versteht" (H.W. Theil).
Wiewohl diese Hinweise auf eine überzeugende Beant-
wortung gut gemeint sind, so gibt doch die Literatur
in den entsprechenden Disziplinen, zumindest in der
Medizin und der Musik, ein ganz anderes Bild:
Mediziner und Komponisten bemühen sich heute
gleichfalls, Inhalt und Umfang der ihren Fächern
zugehörigen Begriffe neu zu formulieren und den
Vorstellungen unserer Gesellschaft anzupassen.
Architekten allein sind also nicht nur gezwungen,
ihr Credo zu modernisieren, die Bewegung greift
tiefer; sie führt - wiederum für Architekten - dahin,
was G. Gruben andeutet: "Diese Tastversuche sind,
ebenso wie die divergierenden ’ Architektur-Definiti-
onen’ des ersten Heftes dieser Reihe, im günstig-
sten Fall ein Zeichen dafür, daß sich eine konzise
Sprache und Grammatik der Architektur- Forschung
heranzubilden im Begriffe ist. ''
Wir hatten es in der Fragestellung dem Leser über-
lassen, welchen Bedeutungsgehalt er dem Wort For-
schung geben wollte. Wir hatten den Begriff For-
schung nicht getrennt von dem einer Untersuchung,
wir waren auf Methoden der Forschung nicht einge-
gangen, um eine unbefangene Antwort zu erhalten:
grundsätzlich Ja oder grundsätzlich Nein zur wissen-
schaftlichen Arbeit in der Architektur. Die Frage
wurde allgemein bejaht; am weitesten vorgestoßen
scheint mir dabei G. Peschken, wenn er verlangt:
"Was jetzt wichtiger, aber nicht akzeptiert, sondern
zwanzig Jahre lang mit Fleiß vermieden worden ist,
- ist Theorie. - Formulierte Theorie kann allein das
Bindeglied werden zwischen der Forschung, die uns
mit Kenntnis unserer Grenzen und Möglichkeiten ver-
sieht, und der Politik, die die Möglichkeiten ver-
wirklichen kann.' Die Gefahr, welche sich hier an-
kündigt - wieder einmal - deckt H.G. Schütte in dem
nachfolgenden Artikel auf,
Die erste Frage, die Janssen so veraltet findet, for-
derte zu Antworten heraus, die "an das Gewicht von
Konfessionen grenzen würden'' (Fahrenholtz). Glau-
bensbekenntnisse allgemeiner Art zeichnen sich in-
dessen dadurch aus, daß sie an Wert gewinnen, so-
bald Energie erkennbar wird, die durch das Credo
schimmert. So fielen die Stellungnahmen recht ver-
schieden aus.
Die Entgegnungen mit der Formulierung "Architektur
ist ...' waren von uns weniger gemeint; wir dachten
mit dem Wort ’umfassen’ eher die Addition einzel-
ner Merkmale zu erhalten, die den Bedeutungsgehalt
einengen; wir dachten an die Abgrenzung, was denn
als Architektur heute - gemäß den analogen Diszi-
plinen - anzusehen ist. Die Antworten brachten mehr,
weit mehr, als wir zu erreichen gehofft hatten: Sie
zeigten die Schwierigkeiten auf, gemeinsame Merk-
male gedanklich in einer Einheit zu erfassen.
F. Eller setzte die Festlegung des Begriffs Architek-
tur pragmatisch als lohnendes Objekt der Forschung
ARCH + 1(1968) H.4