kurzfristig erreichbare Belastungsspitzen.
Die Abweichung der tatsächlichen Zugangsverteilung vom
Modell bestimmt die gelegentliche Überschreitung der
rechnerischen Warteschlangenlänge, die kurzfristige
Überbeanspruchung der Ausgabekapazitäten (ca. 50 %
Reserve) und der Speisesäle (Verringerung der Verweil-
dauer von ca. 30 auf ca. 16 Minuten).
Solche Elastizität ist außerdem erforderlich, da gerade
bei den Einrichtungen mit zufallsabhängiger Nachfrage
in wachstumsintensiven Betrieben Fehleinschätzungen
über die zu erwartende Nachfrage üblich sind. Angesichts
von Ungewißheiten über den tatsächlichen Bedarf muß das
Maß des möglichen Rechenfehlers kleiner sein als die
Elastizität der vorgehaltenen Kapazitäten,
Eigenartigerweise sind fast alle heute im Betrieb befind-
lichen Mensen, jüngere Neubauten nicht ausgenommen,
betrieblich überlastet und zu klein dimensioniert. Das
hat seine Ursache meist darin, daß die Attraktion der neu
eingerichteten Betriebe am Anfang eine höhere relative
Nachfrage zeitigt, als diese bei den überfüllten und über-
alterten bestehenden Einrichtungen empirisch meßbar war
und daß das Wachstum der allgemeinen Studentenzahlen,
selbst bei sinkender relativer Nachfrage in der Mensa, zu
steigenden absoluten Nachfraagezahlen führte.
V_ Einige Prognoseprobleme bei Wachstum und Veränderung
des Bedarfs
Nach diesem Überblick über einige Methoden der Bedarfs-
bemessung soll abschließend noch kurz auf Prognosen von
Wachstum und Änderungen der Kapazitäts- Nachfrage ein-
gegangen werden,
Die oben dargestellten Methodenansätze zielten stets auf
eine kausale Beziehung von Nutzungsmengen zu Raum-
mengen. Prognoseprobleme waren bei den meisten bis-
herigen Arbeiten in methodischer Hinsicht als Abschätzung
von möglichen Veränderungen an einzelnen Faktoren,
deren Einfluß auf den Raumbedarf bekannt ist, unter Ver-
wendung von Hypothesen oder von konkreten Soll-Defini-
tionen und als Simulation von möglichen Konsequenzen
solcher Veränderungen für den Raumbedarf behandelt
worden.
Hieraus entstanden Programm-Modelle für ganze Fachbe-
reiche (18). Es wurden dabei mögliche künftige Bedarfs-
zustände von Fachbereichen definiert, wobei unterstellt
wurde, daß sich dabei die Teilreformen wie eine betrieb-
liche und organisatorische Rationalisierung, eine Be-
grenzbarkeit der Studentenzahlen, eine Verbesserung
der Lehr- und Lernbedinaungen usw. verwirklichen lassen.
Auf der Basis dieser Programm-Modelle und der aus ihnen
abgeleiteten Bemessungs-Grobrichtwerte (19) wurden die
mittel- bis langfristigen Bedarfspläne für Expansion und
Strukturverbesserung bestehender Hochschulen geschaffen.
Auch die Programme für den Endausbau der Neugründungs-
Hochschulen wurden an diesen Modellen und Richtwerten
orientiert.
Welchen Realitätswert haben diese Programme und die dar-
auf gestützten langfristigen Entscheidungen, etwa der Bau-
und Gesamtplanung, des Grunderwerbs, der Verkehrs-
und Versorgungsplanung?
EinBlick auf die Nutzungs- und Baugeschichte einer
Hochschule 1äßt uns zweifzln, ob sich "angemessen er-
füllter Bedarf" präzise definieren lasse,
Planungen, die mit dem Ziel der qualitativen Verbesserung
der räumlichen Nutzungsbedingungen begonnen wurden,
müssen meist während ihrer Realisierung aus sachlichen
Zwängen (Wachstum der Studentenzahlen, Schwierigkeiten
der Mittelbewilligung, strukturelle und personelle Ände-
rungen) uminterpretiert und in der Zielsetzung verändert
werden. Schlechte Bauten sind dann die Folge mangeln-
der Prognosequalität der Bedarfsplanung. Die gebaute
Substanz entspricht nicht mehr den Anforderungen der
unter Zwängen gewandelten Nachfrage. Überfüllte
Mensen, Seminare und Studentenlabors sind in derselben
Hochschule zu finden, wo in Bibliotheken, Hörsälen und
Forschungslabors viele Plätze während eines großen Teils
der Öffnungszeiten nicht benutzt werden.
Eine Korrektur von solchen Fehlern der Bedarfsplanung
mit organisatorischen Mitteln ist begrenzt auf die Zeit-
ausnutzung (Stundenplanung, Veränderung der Öffnungs-
zeiten, Beschränkung von Anwesenheitsdauern usf.) und
auf die Elastizität des menschlichen Verhaltens (indivi-
duelle Veränderung des Nachfrageverhaltens angesichts
von Überfüllung). Teilkapazitäten sind räumlich jedoch
nur begrenzt ohne Baumaßnahmen gegeneinander substi-
tuierbar (Umzug, Versetzen von Möbeln) (20). Neubau-
ten sind als Mittel für die Beseitigung von kurzfristig auf-
tretenden kapazitativen bottle necks angesichts der üb-
lichen Planungs- und Bauzeiten kaum geeignet.
Umbau, Anmietung von Fremdkapazitäten und kurzlebige
Bauten sind als Mittel des kurzfristigen Ausgleichs von
Raumbedarf und Raumangebot zwar von den Bauplanern
nicht gerne gesehen, aber wirksam und notwendig wegen
ihrer kurzfristigen Verfügbarkeit, ihres relativ geringen
Finanzbedarfs.und, vor allem, der geringen ökonomisch
nötigen Mindest-Lebensdauer.
Die heute üblichen Mängel in der langfristigen Anpassung
von Bedarf und Angebot haben ihre Ursache meist darin,
daß mit "kurzatmiger", zum Teil realitätsfremder Bedarfs-
prognostik ("wishful thinking") langfristig bindende
Planungsentscheidungen getroffe n werden.
Was ist zu tun? Langfristig gültige Aussagen der Bedarfs-
planung lassen sich nur in den allergröbsten Festlegungen
definieren. Deshalb muß vor jeder Neubau-Entscheidung
die gesamte räumliche Situation einer Abteilung an der
Entwicklung der langfristigen Makro-Ziele überprüft wer-
den, um eine etwa nötige Korrektur der Bauprogramme zu
erlauben. Jeder Neubau sollte dann Teil einer langfristigen
dynamischen Anpassung des Raumangebots an die dynamisch
sich ändernden Wachstumsziele sein. (Kurzfristi-
ge dynamische Anpassung sollte besser mit kurzfristigen,
kurzlebigen Maßnahmen (s.o.) geschaffen werden: Be-
triebssteuerung, Umzug, Umbau, Miete, kurzlebige Bau-
ten etc.),.
Warum aber sind die Makro-Entwicklungsziele der Hoch-
schulen derart instabil, warum ändern sich die Anforde-
rungen kurzfristig? Statt einer Antwort abschließend eine
Beobachtung und ein paar Thesen:
Die Wachstumsziele haben sich jeweils kurzfristig im Lichte
never politischer Informationen verändert, Diskontinuitäten
und Strukturbrüche im Wachstumsverlauf der Hochschulen
sind demnach durch bildungspolitische Zielkorrekturen,
durch Finanzkrisen, Regierungswechsel. neue Gesetzge-
ARCH + 1(1968) H.4