Für beide Signifizierungen gibt es genügend Beispiele.
Die Winnebago selbst besaßen, wie man später festge-
stellt hat, in der Regel nach der diametralen Struktur
aufgefaßte Dörfer.
Für die konzentrische Struktur findet sich bei Mali-
nowski, (25), ein sehr gutes Beispiel. Das Dorf Omar-
kana auf einer Trobrianderinsel.
b) Trobriander
Lovi-Strauss zitiert und kritisiert Malinowski. "Das
Dorf Omarkana ist in zwei konzentrischen Ringen ange
legt. Im Mittelpunkt der Platz, "scene of the public
and festive life'', um den herum die Igname-Speicher
gruppiert sind, geheiligt und durch Tabus aller Art
geschützt. Ein Rundgang, an dem rabattenartig die
Hütten der verheirateten Paare liegen, umgibt die Spei-
cher. Das ist der profane Teil des Dorfes, sagt Mali-
nowski. !'
00000000 A
oo no 00 D
SS \ g 5° a
x A
S RN LANZ % a
7 5
& Dancing Ground DS
$ S
Ss Chief Yam House ZZ el M
5
oo gg
u
Do &
[ [Chiefs Hut a Ss
zz S
ü
S
aß SS
co“
8
“0
Gp
09,
a
Abb. 3: Grundriss des Dorfes Omarakana (nach
B. Malinowski )
"Aber der Gegensatz liegt nicht nur zwischen zentral
und peripher, heilig und profan. Er erstreckt sich
auch auf andere Ebenen: in den Speichern des inneren
Kreises werden die rohen Nahrungsmittel aufbewahrt;
es ist verboten, dort zu kochen... Nur an den Zugän-
gen der Familienhäuser darf die Nahrung gekocht und
verzehrt werden. Die Speicher sind fester gebaut und
reicher verziert als die Wohnhäuser. Nur die Jungge-
sellen dürfen sich im inneren Kreis niederlassen, wäh
rend die Ehepaare an der Peripherie wohnen müssen.
.. Schließlich bilden in Omarkana die beiden konzen-
trischen Ringe auch im Bezug auf das Geschlecht einen
Gegensatz: "With overlabouring the point, the central-
place might be called the male portion of the village
and the street that of the women. '' Malinowski betont
nun mehrfach, die Speicher und Junggesellenhäuser
könnten als Zubehör oder Erweiterung des geheiligten
Platzes behandelt werden, wogegen die Familienhäuser
eine ähnliche Beziehung zu dem Rundgang hätten.
Wir haben also auf den Trobrianderinseln ein komple-
xes System von Gegensätzen zwischen heilig und pro-
fan, roh und gekocht, Zölibat und Ehe, männlich und
weiblich. zentral und peripherisch. '
c) Bororo
"Im Mittelpunkt das Männerhaus, die Bleibe der Jung-
gesellen, der Versammlungsort der verheirateten
Männer, den Frauen strengstens untersagt. Ringshe-
rum ein kreisförmiges, weites Brachland, mitten da-
rauf, an das Männerhaus angrenzend, der Tanzplatz.
Das ist ein festgetretener Platz ohne Vegetation, durch
Stangen abgesteckt. Das übrige ist von Buschwerk be-
deckt, kleine Pfade führen zu den ringsumliegenden
Familienhütten, die im Kreis angeordnet an der Urwald-
grenze liegen. Diese Hütten werden von Ehepaaren und
ihren Kindern bewohnt. Die Filiation ist matrilinear,
die Wohnweise matrilokal. Der Gegensatz zwischen
Zentrum und Peripherie ist also derselbe wie zwischen
Männern (den Besitzern des Gemeinschaftshauses) und
Frauen (den Besitzern der umliegenden Familienhüt-
ten).
Soziale Organisation
BADDOGEBA
XOBUGUIÜGUE
(er
a
X a ; Ta
BOCODÖRI
BORORO
#[ m
Ss 3
-\ z\°C S u
A AGUEOUE DD
PATEO b/
ve ia
Zn =
8
sc
7
* A \ APIBORE
x GUE
QUIE
/ AROROE
A)
'
au
z > t
BADDOGEBA 7 WUAGYDDU
XEBEGUIÜGUE 2° =
v7
Abb. 4: Grundriss eines Bororo - Dorfes ( nach
P. C. Albisetti )
Wir stehen also vor einer konzentrischen Struktur, die
den Eingeborenen vollkommen bewußt ist und wo die
Beziehung zwischen Zentrum und Peripherie zwei Ge-
gensätze zum Ausdruck bringt, den zwischen mämnlich
und weiblich, wie man gesehen hat, und einen anderen
heilig und profan: das ganze Zentrum, das aus dem
Männerhaus und dem Tanzplatz besteht, dient als Büh-
ne des zeremoniellen Lebens, während die Peripherie
den häuslichen Verrichtungen der Frauen vorbehalten
bleibt, die von Natur aus von den Geheimnissen der
Religion ausgeschlossen sind (so bei der Herstellung
und Handhabung der Rhomben im Männerhaus, die den
Blicken der Frauen bei Todesstrafe entzogen sind).
Dennoch besteht diese konzentrische Struktur mit meh-
reren des diametralen Typs zusammen.
Das Dorf der Bororo ist zunächst in zwei Hälften ge-
teilt durch eine Ost-West-Achse, die die acht Clans
in zwei Gruppen zu je vier teilt, die alle sichtlich
exogam sind.
Diese Achse ist durchschnitten von einer anderen, die
ihrerseits senkrecht dazu in nordsüdlicher Richtung
verläuft und die acht Clans in zwei Gruppen zu je vier
aufteilt, die entsprechend "von oben" und ''von unten"
oder-wenn das Dorf an einem Flußufer liegt - "strom.
aufwärts'' und "stromabwärts' heißen.
Diese komplexe Anlage ergibt sich nicht nur in den
festen Dörfern, sondern auch in den improvisierten
Nachtlagern: im letzteren Falle richten sich die Frau-
en und Kinder im Kreise an der Peripherie in der
Platzordnung der Clans ein, während die jungen Män-
ner im Zentrum ein Gelände vom Gebüsch freimachen.
ARCH +2 (1969) H. 6