Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1969, Jg. 2, H. 5-8)

Für beide Signifizierungen gibt es genügend Beispiele. 
Die Winnebago selbst besaßen, wie man später festge- 
stellt hat, in der Regel nach der diametralen Struktur 
aufgefaßte Dörfer. 
Für die konzentrische Struktur findet sich bei Mali- 
nowski, (25), ein sehr gutes Beispiel. Das Dorf Omar- 
kana auf einer Trobrianderinsel. 
b) Trobriander 
Lovi-Strauss zitiert und kritisiert Malinowski. "Das 
Dorf Omarkana ist in zwei konzentrischen Ringen ange 
legt. Im Mittelpunkt der Platz, "scene of the public 
and festive life'', um den herum die Igname-Speicher 
gruppiert sind, geheiligt und durch Tabus aller Art 
geschützt. Ein Rundgang, an dem rabattenartig die 
Hütten der verheirateten Paare liegen, umgibt die Spei- 
cher. Das ist der profane Teil des Dorfes, sagt Mali- 
nowski. !' 
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Abb. 3: Grundriss des Dorfes Omarakana (nach 
B. Malinowski ) 
"Aber der Gegensatz liegt nicht nur zwischen zentral 
und peripher, heilig und profan. Er erstreckt sich 
auch auf andere Ebenen: in den Speichern des inneren 
Kreises werden die rohen Nahrungsmittel aufbewahrt; 
es ist verboten, dort zu kochen... Nur an den Zugän- 
gen der Familienhäuser darf die Nahrung gekocht und 
verzehrt werden. Die Speicher sind fester gebaut und 
reicher verziert als die Wohnhäuser. Nur die Jungge- 
sellen dürfen sich im inneren Kreis niederlassen, wäh 
rend die Ehepaare an der Peripherie wohnen müssen. 
.. Schließlich bilden in Omarkana die beiden konzen- 
trischen Ringe auch im Bezug auf das Geschlecht einen 
Gegensatz: "With overlabouring the point, the central- 
place might be called the male portion of the village 
and the street that of the women. '' Malinowski betont 
nun mehrfach, die Speicher und Junggesellenhäuser 
könnten als Zubehör oder Erweiterung des geheiligten 
Platzes behandelt werden, wogegen die Familienhäuser 
eine ähnliche Beziehung zu dem Rundgang hätten. 
Wir haben also auf den Trobrianderinseln ein komple- 
xes System von Gegensätzen zwischen heilig und pro- 
fan, roh und gekocht, Zölibat und Ehe, männlich und 
weiblich. zentral und peripherisch. ' 
c) Bororo 
"Im Mittelpunkt das Männerhaus, die Bleibe der Jung- 
gesellen, der Versammlungsort der verheirateten 
Männer, den Frauen strengstens untersagt. Ringshe- 
rum ein kreisförmiges, weites Brachland, mitten da- 
rauf, an das Männerhaus angrenzend, der Tanzplatz. 
Das ist ein festgetretener Platz ohne Vegetation, durch 
Stangen abgesteckt. Das übrige ist von Buschwerk be- 
deckt, kleine Pfade führen zu den ringsumliegenden 
Familienhütten, die im Kreis angeordnet an der Urwald- 
grenze liegen. Diese Hütten werden von Ehepaaren und 
ihren Kindern bewohnt. Die Filiation ist matrilinear, 
die Wohnweise matrilokal. Der Gegensatz zwischen 
Zentrum und Peripherie ist also derselbe wie zwischen 
Männern (den Besitzern des Gemeinschaftshauses) und 
Frauen (den Besitzern der umliegenden Familienhüt- 
ten). 
Soziale Organisation 
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Abb. 4: Grundriss eines Bororo - Dorfes ( nach 
P. C. Albisetti ) 
Wir stehen also vor einer konzentrischen Struktur, die 
den Eingeborenen vollkommen bewußt ist und wo die 
Beziehung zwischen Zentrum und Peripherie zwei Ge- 
gensätze zum Ausdruck bringt, den zwischen mämnlich 
und weiblich, wie man gesehen hat, und einen anderen 
heilig und profan: das ganze Zentrum, das aus dem 
Männerhaus und dem Tanzplatz besteht, dient als Büh- 
ne des zeremoniellen Lebens, während die Peripherie 
den häuslichen Verrichtungen der Frauen vorbehalten 
bleibt, die von Natur aus von den Geheimnissen der 
Religion ausgeschlossen sind (so bei der Herstellung 
und Handhabung der Rhomben im Männerhaus, die den 
Blicken der Frauen bei Todesstrafe entzogen sind). 
Dennoch besteht diese konzentrische Struktur mit meh- 
reren des diametralen Typs zusammen. 
Das Dorf der Bororo ist zunächst in zwei Hälften ge- 
teilt durch eine Ost-West-Achse, die die acht Clans 
in zwei Gruppen zu je vier teilt, die alle sichtlich 
exogam sind. 
Diese Achse ist durchschnitten von einer anderen, die 
ihrerseits senkrecht dazu in nordsüdlicher Richtung 
verläuft und die acht Clans in zwei Gruppen zu je vier 
aufteilt, die entsprechend "von oben" und ''von unten" 
oder-wenn das Dorf an einem Flußufer liegt - "strom. 
aufwärts'' und "stromabwärts' heißen. 
Diese komplexe Anlage ergibt sich nicht nur in den 
festen Dörfern, sondern auch in den improvisierten 
Nachtlagern: im letzteren Falle richten sich die Frau- 
en und Kinder im Kreise an der Peripherie in der 
Platzordnung der Clans ein, während die jungen Män- 
ner im Zentrum ein Gelände vom Gebüsch freimachen. 
ARCH +2 (1969) H. 6
	        
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