chung der äußeren Welt, in diesem Sinn eine zuneh-
mende Verinnerlichung, dann wird man jene hypothe
tisch-deduktive Methode als konsequent sprachlich-
deduktive Methode vielleicht als wesentlich realhalti
ger bezeichnen als jede andere.
LV
1.) Die Bauhistoriker bemühen sich um eine Aktuali-
sierung ihrer Disziplin innerhalb. der sog. Architekten-
ausbildung. Eine allgemeine Skepsis an den Techni-
schen Hochschulen dem Fach "Baugeschichte" gegen-
über zwingt dazu.
Es soll an dem Aufsatz von Jan van der Meulen in
ARCH +H.5 ("Architektur-Baukunst und Baugeschich-
te") (27), eine gegenseitige Durchdringung von "Struk-
turaler Anthropologie" und Baugeschichte angeregt
werden.
Der Aufsatz ist von einem Geschichtsbewußtsein the-
matisiert, das ein Strukturalist als einseitig "diachro-
nisch" ablehnen müßte: eine konsequent aufgebaute Pro-
zeß-Utopie.
Die Dialektik von Kunst und Geschichte wird historisch
begründet und als offensichtlich "unüberwindliche Ge-
genbegrifflichkeit von subjektiver Kunst und objektiver
Wissenschaft" dann axiomatisch zur Konzeptualisie-
rung der Baugeschichte eingeführt. Das bringt zu Aus-
sagen, die man schon vergessen glaubte: '"Verschöne-
rung des technologischen Daseins'' sei die Aufgabe des
Architekten, (28). Oder: "Wenn die heutigen Universal
Architekten die Freiheit intuitiver Gestaltung vorgege-
bener Programme einmal wieder zurückgewonnen ha-
ben, wird die Erkenntnis, da3 Baugeschichte vorwie -
gend Formgeschichte ist, nicht mehr so widerwärtig
sein." Diese Freiheit zu geben, sei wesentlich Auf-
gabe der Baugeschichtslehre, sie habe Kunst als "Re-
volutionären Prozeß" zu lehren, das revolutionäre Be-
wußtsein der Architekten zu bilden, somit jene Dialek-
tik in Bewegung zu halten, die die Baugeschichte als
Disziplin begründet: Kunst gegen Geschichte.
Diese rigide Trennung ist auch Konsequenz einer Be-
scheidenheit der baugeschichtlichen Wissenschaft: sie
gedenkt sich nicht einer Verflachung ihrer Disziplin
auszusetzen, die notwendigerweise mit einem Anspruch
auf Universalität kommt, wie van der Meulen glaubt;
was am Berufsbild des Architekten in der Tat zu beob-
achten ist, aber sicher nicht im Prinzip "Universali-
tät” liegt, sondern an seiner nicht durchgehaltenen
Methodisierung.
Baugeschichte also bloße Formgeschichte. Aber darf
die Form vom Bewußtsein getrennt werden, und muß
das Bewußtsein nicht solange näherungsweise auf eine
unterlegte Logik zurückgeführt werden, bis dieser As-
pekt "Universalität' exakter formalisiert ist?
Eine synchronisch aufgefaßte Phänomenologie der
Stadtsysteme fehlt völlig. Sie wäre die Voraussetzung
einer struktural-anthropologischen Baugeschichte. Die
Interpretation dieser "Formen" auf Bewußtseinsstruk-
turen die zweite. Die damit verbundene Vorstellung
einer Sozio-Logik der Stadtsysteme ist nie hinreichend
diskutiert worden.
2.) Der von L6vy-Strauss beschriebene Zusammen-
hang zwischen "Phänomenen der räumlichen Vertei-
lung und unbewußten Vorstellungen, die die Menschen
sich vom Raum machen", wirft die Frage auf, ob der
von der Psychoanalyse (Mitscherlich u.a.) und der
Dialektischen Philosophie (Adorno u.a.) vorgetragene
Angriff auf technologischen und an der Oberfläche psy
chologisierenden Funktionalismus nicht viel vehemen-
ter geführt werden muß.
"Wenn Städte Selbstdarstellungen von Kollektiven sind,
dann ist das, was uns hier an Selbstdarstellung begeg-
net, alarmierend'', (29).
Sofern diese Kritik bei den Verantwortlichen akzep-
tiert wird, ist sie zu meditieren. Man kann Autoren
wie Mitscherlich, Adorno und L6vy-Strauss sicher
nicht damit beantworten, daß die Problematik ver-
kürzt wird auf das augenblicklich eindimensionale Ver-
ständnis vom "Menschlichen Maßstab''
Naivitäten, subjektiv-künstlerische, wie die von
Schwagenscheidt sind in der Regel zutreffend für das
Bewußtsein der Architekten.
Die Frage nach dem "Menschlichen Maßstab'' muß im
Sinne der "Strukturalen Anthropologie'' viel tieferge-
hend gestellt werden.
Wie muß die Identifikation des Bürgers mit seiner
Stadt-Umwelt auf gesamtgesellschaftlicher Basis er-
möglicht werden, sofern von einer unbewußten ökolo-
gischen Struktur auszugehen ist?
Wie kann unter diesem Gesichtspunkt die Selbstdar-
stellung von Kollektiven geplant werden?
Die Proletarisierung der Stadtbevölkerung im Sinne
einer Verdinglichung und Entfremdung den Baubehör-
den gegenüber ist sicher nur zum geringsten Teil ein
kommunikationstechnisches Versagen, d.h. mangelnde
Rückkoppelung innerhalb des Planungsprozesses durch
das Bewußtsein derer, für die geplant wird.
3. Die Diskussion, die Alexander um die Prinzipien
einer holistischen Entwurfsmethodik vertieft hat (30).
kann durch Aspekte der strukturalistischen Tätigkeit
erweitert werden über einen rein formal-systemtheo-
retischen Ansatz hinaus.
Gleichzeitig bietet die Annäherung von "Strukturaler
Anthropologie'' und Planungsmethodik ein Modell für
interdiszıplinäre Zusammenarbeit.
"Unter sehr allgemeinen Gesichtspunkten lassen sich
zwei wesentliche Modellbegriffe voneinander unter-
scheiden. Der eine betrifft Modelle als Mittel der
menschlichen Erkenntnisgewinnung und der andere als
Mittel der Verhaltensregulation eines bestimmten Typs
von dynamischen Systemen" (31).
Wir betrachten für unseren Fall beide Modellarten als
isomorph zueinander in dem Sinn, daß die "Struktura-
le Anthropologie'' aufgrund ihrer Methode und ihres
Inhaltes ein Modell ökologischer Systeme liefert, das
Inhalt der Modelle zur Verhaltensregulation (der pla-
nunzsmethodischen Modelle) ist.
Die Vermittlung beider Modelltypen soll abschließend
an zwei Begriffen etwas näher erläutert werden, die
L6vy-Strauss in einem Aufsatz: "Die Stellung der
Anthropologie in den Sozialwissenschaften und die da-
raus resultierenden Unterrichtsprobleme'', (32), be-
handelt: Objektivität und Totalität.
ARCH +2 (1969) H. 6