Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1969, Jg. 2, H. 5-8)

und der (zeitlichen und räumlichen) Kapazität der Lehr- 
räume in Beziehung setzt. Die meisten Studiengänge haben 
eine typisch "baumähnliche" Struktur, bei der die Gesamt- 
zahl der Studenten sich - entsprechend ihrer Entscheidung 
für eine Reihe von Wahlfächern innerhalb des Hauptfaches 
- mehr und mehr in immer kleinere Gruppen aufteilt. Die 
Studiengänge können mehr oder weniger ineinander über- 
greifen und sich verzweigen, je nachdem, ob ein sehr 
breites Angebot zur Auswahl steht oder ob eine strenge 
Spezialisierung gefordert wird. Die sich zyklisch wieder- 
holenden "Unterrichtsereignisse'", wie Robbins sie nennt, 
sind innerhalb der "Unterrichtswoche" (es kann ein 14- 
tägiger Zyklus oder einer von anderer Frequenz sein, das 
ändert am Prinzip nichts), das heißt der Gesamtzahl von 
Stunden oder Lehrperioden, die für den Unterricht wäh- 
rend des Zyklus verfügbar sind, untergebracht. Eine 
typische Unterrichtswoche (Kalenderwoche) könnte somit 
dreißig Stunden umfassen, etwa fünf Tage zu je sechs 
Stunden. 
Der Stundenplan ist so angelegt, daß er die Veranstal- 
tungen den Räumen und Unterrichtsperioden unter einer 
Anzahl von einschränkenden Bedingungen zuordnet. Die 
wichtigste der Bedingungen ist die Minimierung der Ge- 
samtzahl an erforderlichen Räumen. Aber es gibt auch 
Überlegungen, die zu einer Erhöhung der Zahl von be- 
nötigten Räumen führen. Es könnte z.B. nicht wünschens 
wert sein, daß eine Gruppe von Studenten mehr als zwei 
oder drei Unterrichtsperioden direkt hintereinander be- 
sucht; es könnte Zeiten geben, zu denen ein Lehrender 
nicht verfügbar ist, oder es könnte eine Grenze geben 
für das Pensum, das er an einem Tag zu geben bereit ist; 
die räumliche Zuordnung der Gebäude könnte es mitsich 
bringen, daß einzelne Räume in den Unterrichtspausen 
von anderen aus unmöglich erreicht werden können. Es 
dürfte auch ratsam sein, Zeitperioden vorzuhalten für un- 
geplante Ereignisse, für plötzlich notwendig werdende 
Stundenplanänderungen oder für die Vorbereitung von 
Vorführungen für den Geräteaufbau (sehr wichtig in 
Lehrlabors). P.N. Toye hat am Cambridge Mathematical 
Laboratory an einem Programm für die automatische Her- 
stellung von Stundenplänen gearbeitet, welches solche 
Begrenzungen oder Bedingungen berücksichtigt. Stunden- 
planprobleme sind notwendigerweise determiniert und 
dafür gibt es keine eindeutigen Lösungen: Toyes Programm 
liefert viele Stundenpläne für einen bestimmten Satz von 
Studiengängen, es schließt aber auch Methoden ein, mit 
denen man sich besseren Lösungen annähern und zu ähn- 
lichen Alternativen entscheiden kann. 
Leerzeiten 
Selbst bei den besten Studienplänen ist eine gewisse Zeit- 
vergeudung unvermeidlich. Die Erfüllung einiger schon 
erwähnter Bedingungen macht einige Verschwendung an 
Zeit notwendig - Stunden, zu denen Räume ungenutzt 
sind. Allgemein bedeutet auch eine vielschichtige Struk- 
tur der Studiengänge Zeitverschwendung. Außerdem be- 
stimmt sich die Verschwendung an Platz - freie Sitze in 
einem benutzten Raum - durch die Güte der Anpassung 
von Gruppengrößen an Raumgrößen. Dies hängt davon 
ab, wie umfassend das Geflecht von Studiengängen ist, 
das zugleich programmiert wird. Im Extremfall kann ein 
sehr einfacher Studiengang mit wenigen Studenten in 
einem einzelnen Raum untergebracht werden. In diesem 
Falle richtet sich die Raumgröße nach der größten Unter- 
richtsgruppe. Bei großer Studentenzahl, zahlreichen 
Gruppen und mehreren Räumen ist die Chance größer, 
daß Gruppengröße und Raumgröße in jedem Falle zusam- 
menpassen und daß die Vergeudung reduziert wird. Je 
größer der Betrieb, desto besser die Anpassung. Ein 
Beispiel aus Leeds illustriert den Punkt: Im Rahmenplan 
der Universität Leeds von 1960 wurde durch sorgfältige 
Programm-Analyse ein Vorschlag für Einsparungen an 
Kapital gemacht. Darin wurde gezeigt, daß der Bedarf 
an Vorlesungsräumen für die Abteilungen der neuen 
Medizinischen Fakultät um 50 verringert werden könnte 
wenn sich das Prinzip der Gemeinraumnutzung und der 
zentralen Steuerung einführen ließe (7). 
In einem Lehrlabor, das doch wirklich zu kostspielig ist, 
um leerzustehen, können die begrenzte Verfügbarkeit 
von technischem Personal und die Kapazität des Vorbe- 
reitungs- und Lagerraumes für die Ausnutzbarkeit prak- 
+ische Grenzen setzen. 
In einigen Abteilungen wird gegenwärtig bereits der 
größere Teil der Trimesterferien dazu verwandt, Ver- 
suchsapparate für den Unterricht des nächsten Trimesters 
vorzubereiten. Dieses Problem hätte einen schwerwie- 
genden Einfluß auf die Durchführbarkeit des Quatro- 
mesters. Trotz dieser Art von Schwierigkeiten hat es z.B. 
Leeds der Mühe wert gefunden, "multidisziplinäre" 
Labors zu bauen, bei denen eine von vornherein größere 
Investition für breitere technische Ausstattung und für 
mehr Lager- und Nebenraum dadurch kompensiert wird, 
daß die Labors von mehreren Abteilungen gemeinsam 
benutzt werden können und daß sich die Nutzungseffi- 
zienz erhöht. 
In einem Falle fanden wir, daß die Vergeudung bei La- 
bors und bei Vorlesungsräumen für die gesamte Universi- 
tät durchschnittlich 84 % an Zeitkapazität und 80 % 
an Raumkapazität betrug; in anderen Worten, jeder 
Raum wurde durchschnittlich nur fünf oder sechs Stunden 
pro Woche benutzt und war bei Benutzung weniger als 
ein Viertel besetzt. Dies unterschreitet bei weitem das 
Minimum, das die von uns beschriebenen Faktoren be- 
wirken würden; es ist einfach das Ergebnis von schlechter 
Betriebssteuerung. 
Personen 
Somit steht der Raumbedarf für den formalen Unterricht 
über den Stundenplan in Beziehung zu der Studentenzahl. 
Ebenfalls wird über den Stundenplan die Größe des Lehr- 
körpers von der Studentenzahl bestimmt, und zwar nicht 
als ein einfacher fixierter Verhältniswert, sondern unter 
Berücksichtigung der von den Studenten empfangenen Un- 
terrichtsmenge, der vom Lehrpersonal erteilten Menge an 
Unterrichtsstunden sowie der Gruppengrößen. Wenn ent- 
schieden ist, welche Lehrmenge in welchen Gruppengrös- 
sen die Studenten erhalten sollen, dann ist es möglich, 
die jedem Lehrer/Student- Verhältnis entsprechende Unter- 
richtsmenge des Lehrkörpers zu errechnen (8). 
Robbins gibt ein statistisches Bild der gegenwärtigen Auf- 
teilung der Lehrkräfte auf die verschiedenen Studienab- 
schnitte (9). Das Anteilverhältnis der Lehre zur Forschung 
ist von Fachbereich zu Fachbereich und von Universität zu 
Universität sehr verschieden und wird in dem Modell als 
unabhängige Variable behandelt. Die Proportion kann 
ausgedrückt werden als Verhältnis der Personenzahl aus 
Studenten nach dem Diplom und forschenden Wissenschaft- 
lern zur Personenzahl aus Studenten vor dem Diplom und 
dem Lehrkörper. Aber man sollte die forschenden und die 
ARCH +2 (1969) H. 6
	        
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