Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1969, Jg. 2, H. 5-8)

BERICHTE 
Melville K-G 
SEMINAR "PLANUNGSTHEORIE" 
Bewertungs- und Beurteilungsverfahren für Planungs- 
vorgänge und architektonische Gegenstände, Thema der 
architekturbezogenen Umweltforschung- und Planung, 
beschäftigte im WS 1968/69 einen Seminarkreis '"'Pla- 
nungstheorie'' des Lehrstuhls für Grundlagen moderner 
Architektur in Stuttgart, Prof. Jürgen Joedicke. Der 
erste Kurs dieses Seminars hat zu einem Beitrag in 
diesem Heft geführt, wir befassen uns hier mit dem 2. 
Kurs, von dessen Inhalt und Tendenz wir uns zu einigen 
kritischen Überlegungen haben anregen lassen, Der 
Kurs wurde geleitet von Herrn Arne Musso, der eine 
ausführliche Erläuterung seiner Arbeit und genaue Dar- 
stellung der angewendeten Verfahren veröffentlichen 
will. für detaillierte Information sei darauf verwiesen. 
Vor Beginn der Sitzungen wurde ein Arbeitspapier zur 
Verfügung gestellt, dessen Angaben im Ablauf des Se- 
minars verbindlich geblieben sind; davon eine Kurzfas- 
sung: 
1. Sitzung: 
Thema: Zur Theorie für eine Möglich- 
keit, Qualität (performance) von Bauten 
zu messen. - Abhängigkeiten einer Be- 
wertung. - Meßtechniken. - Urteilsar- 
ten, -hierarchien und Gruppenurteile. 
Bericht über eine von Musso und anderen 
angestellte Untersuchung: Gütefunktionen 
(d.i. formalisierte Qualitätsurteile; von 
Managern einer Universität in USA. - 
Prozedur der Untersuchung. - Hypothesen 
auf Grund der gesammelten Erfahrung. - 
Stegreifübung des Seminars, in der die 
Teilnehmer eigene Erfahrungen beim Ab- 
wickeln einer solchen Prozedur sammeln 
sollten. 
2. Sitzune: 
3. Sitzung: 
Bericht über die Übung, Auswertung. - 
Kritik des verwendeten Bewertungsver- 
fahrens. - Überlegungen, welcher Nutzen 
aus einem derartigen Verfahren zu zie- 
hen sei. 
Versuche in der Art des vorliegenden zielen darauf ab, 
eine komplexe Entscheidung, die im Zusammenwirken 
einer größeren Zahl heterogener Interessen fällt, durch 
hierarchisierte Einzelentscheidungen explizit zu ma- 
chen, wobei im vorliegenden Fall durch wiederholte 
Überprüfung im feed back weitere Kontrollfunktionen 
aufgebaut werden. Musso betont die Abhängigkeiten ei- 
nes Gesamturteils von Ort,« Zeit und Modus des Bewer: 
tungsverfahrens, von den bewertenden Personen und 
insbesondere vom Zweck der Bewertung. Die Meßtech- 
niken und der Aufbau des Verfahrens werden in einem 
empirischen Prozeß gewonnen, Festlegungen im Vor- 
hinein sollen minimalisiert, nur das in der Empirie 
Bestätigte und in der Praxis als brauchbar Erwiesene 
soll tradiert werden. Die pragmatische Vorsicht in der 
Formulierung von Ergebnissen, in der Regel in Form 
hypothetischer Fragen, entspricht der Komplexität der 
gestellten Aufgabe und der großen Entscheidungsunsi- 
cherheit. 
Wir möchten auf eine kritische Würdigung von Einzel- 
heiten des Verfahrens verzichten, obwohl sie vielleicht 
als willkommene Anregung begrüßt würde; sie fördert 
ja, wenn fundiert, den empirischen Prozeß. Grundsätz: 
liche Kritik mag dagezen auf Ablehnung stoßen, subjek- 
tiv verständlicherweise, denn die Eigeninterpretation 
der Autoren des Verfahrens beruft sich auf Wertneutra- 
lität (nicht auf Wertfreiheit, nota bene), also auf unpro- 
grammatische, ungrundsätzliche Haltung: wie kann et- 
was kritisiert werden, dessen Vorhandensein geleugnet 
wird? 
Damit wird es zur kritischen Aufgabe, eben doch vor- 
handene Programmierung nachzuweisen. Dazu versu- 
chen wir einen Ansatz. Das wird vorläufig nicht ohne 
Vereinfachung abgehen, und der Gefahr, jemandem 
nicht gerecht zu werden, wollen wir dadurch vorbeugen, 
daß wir unseren Bericht als Anregung und Eskaladier- 
wand verstanden wissen möchten, an der sich eine 
Grundsatzdiskussion über "objektivierte' und "objekti- 
vierbare'' Planungstechniken entwickeln könnte. 
Die Abhängigkeiten der Ergebnisse eines Bewertungs- 
verfahrens von Ort, Zeit und Modus, Person und Zweck 
der Bewertung, die signifikant sind, bringt es mit sich, 
daß der inhaltliche Bereich der Ergebnisse durch kom- 
ARCH +2 (1969) H. 6
	        

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