Zu 3,
Wie unter 1.2 und 1.3 ausgeführt, ersetzt das persön-
liche Studienprogramm den sich aus Pflicht- und
Wahlfächern zusammensetzenden obligatorischen Stu-
dienplan der bisherigen Prüfungsordnung. Dadurch wird
es dem einzelnen Studenten möglich sein, sich wesent-
lich realistischer auf das von ihm angestrebte Tätig-
keitsfeld vorzubereiten. Gleichzeitig kann er seine
Arbeit interdisziplinär orientieren, was heute in vie-
len Tätigkeitsfeldern des Architekten zwingend not-
wendig ist, aber nach der bisherigen Prüfungsordnung
kaum zu realisieren war (s. 2.1).
Zu 3.1 und 3.2
Ein ausreichendes Angebot an Orientierungshilfen ist
ebenso unerläßliche Voraussetzung für eine derartige
individuelle Studienplanung wie die Institutionalisie-
rung einer differenzierten Studienberatung (s. 4. und
5.)-
Die Entwicklung des Studienprogrammes ist als Prozess
zu verstehen:
Nach ersten Orientierungsveranstaltungen und Studium
der vom Informationszentrum angebotenen Sachinforma-
tionen zum Studienbeginn wird der Student in einer
Projektarbeit mit einem exemplarischen Problem des
Faches konfrontiert und lernt im Verlaufe erster Lö-
sungsversuche typische Arbeitsweisen des Faches ken-
nen. Im Laufe weiterer Projekte kann er diese Erfah-
rungen vertiefen und allmählich konkrete Vorstellun-
gen über seine spezifischen Interessen- und Fähig-
keitsbereiche entwickeln. Diese Vorstellungen soll er
explizit formulieren und mit einer selbstgewählten Be-
ratergruppe besprechen. Ein solcher Entwurf wird
nach Absprache und Bestätigung der Beratergruppe bei
der Studienkommission hinterlegt.
Im weiteren Verlauf des Studiums wird dieser Entwurf
jeweils nach Absprache mit den Beratern ergänzt, mo-
difiziert und, wo erforderlich, in seiner Zielrichtung
verändert. Falls es sich dabei aus dem Kompetenzbe-
reich der bisherigen Berater entfernt, kann der Student
sich neue Berater wählen.
Es sind Fälle denkbar, in denen ein Student ein so
ungewöhnliches oder am Rande der in den Fachbereichen
vertretenen Fachkompetenzen liegendes Programm
formuliert, daß er dafür keine Berater findet. Indie-
sem Falle muß er es der Studienkommission vorlegen,
die über die weitere Behandlung entscheidet (z.B.
Hinzuziehung aussenstehender Fachgutachter, Verwei-
sung an andere Fachbereiche usw.).
Zu 3.3
Gegen Ende des Studiums ist aus dem ersten Entwurf
über die verschiedenen Ergänzungs- und Korrektur-
schritte ein vollständiges, dem wirklichen Studienver-
lauf entsprechendes Studienprogramm entstanden, das
Aussagen entsprechend 3.3 enthalten muß. Dies kann
an bereits vorliegenden Beispielen gezeigt werden.
Durch Austausch solcher Beispiele wird sich nach kur-
zer Zeit ein Verfahren einstellen, daß die Vergleich-
barkeit sicherstellt, ohne daß eine Formalisierung er-
forderlich wäre. (Hier sei wieder auf die wichtige
Funktion des Informationszentru ms hingewiesen, siehe
1.32 und 5.)
Zu 4.
Die Beratung dieser persönlichen Studienplanung wird
künftig eine der wichtigsten Funktionen der Hochschul-
ARCH+3 (1970) H. 10
lehrer darstellen. Um jedoch angesichts der Vielzahl
möglicher Schwerpunkte genügend Beraterkapazität si-
cherzustellen, erscheint es ratsam, alle hauptamtlich
an der Hochschule arbeitenden Hochschullehrer nach
8 53 (1), 2(2) und (2)3, also bis einschließlich Assi-
stenten und Lehrstuhlvertreter, in diese Beratungs-
funktion einzubeziehen.
Die vorgeschlagene Auswahl des Personenkreises stellt
nach Auffassung der Fachbereiche einen Ausgleich her
zwischen der Forderung nach Kontinuität und Verant-
wortlichkeit der Beratenden einerseits und dem Erfor -
dernis einer ausreichenden Personenzahl und eines ge-
nügend breiten Spektrums von Spezialkenntnissen
andererseits. Um zu verhindern, daß die Berater zu
unterschiedliche Maßstäbe an die Studienprogramme
anlegen, erhält das Informationszentrum den Auftrag,
einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch der Berater zu
organisieren und gemeinsam mit ihnen Kriterien und
Sachinformationen zu entwickeln, die die Aufstellung
der Studienprogramme nach einheitlichen Maßstäben
erleichtern (s. auch 1.32, 3. und 5.).
Ein weiterer Bestandteil der Studienberatung ist die
Mitarbeit von Tutoren in den Projektgruppen vor allem
der unteren Semester. Sie erleichtern auf Grund ihrer
längeren Studienerfahrung den jüngeren Studenten die
Orientierung und das selbständige Arbeiten.
Zu 5.
In einem Studiensystem, das praktisch die ursprüngliche
Lehrkonzeption der deutschen Universitäten nach der
Humboldt’schen Reform - selbstverantwortliches Stu-
dium, Lernfreiheit - unter Berücksichtigung veränder-
ter Bedingungen wiederherstellt, müssen die Mängel
vermieden werden, die sich im Laufe der Zeit in
diesem System eingestellt haben:
- Das Fehlen eines ausreichenden, auf die Bedürfnisse
des Studenten abgestellten Informationsangebotes und
persönliche Studienberatung;
- das Zurückziehen der nach eigenem Ermessen über
ein grosses Lehrgebiet verfügenden Lehrstuhlinhaber
auf Vorlesungen und Seminare, deren Inhalte sie
kraft ihrer Prüfungsgewalt einseitig bestimmen konn-
ten.
Diese Mängel sollen in der neuen Studienordnung ver-
mieden werden, indem
_ ein Informationszentrum alle für die allgemeine
Studienberatung erforderlichen Informationen und
Orientierungshilfen gemeinsam mit den Fachbereichen
erarbeitet und ihre Verfügbarkeit für alle Studenten
organisiert (s.o.). Dazu gehört die permanente Be-
ratung über Fragen der Studienordnung und ihrer
Handhabung, die oben angeführten Orientierungs-
hilfen für die Studienprogramme (s. 3.3) und die
Erschliessung aller sonstigen Informationen, die der
Student für seine laufende Arbeit benötigt;
- in Form der Beratergruppen eine intensive persönli-
che Studienberatung ermöglicht wird;
die Hochschullehrer das Schwergewicht ihrer Tätigkeit
von den Formen einseitiger Wissensvermittlung, die
vielfach durch wirksamere Methoden ersetzt werden
können, mehr auf beratende Unterstützung der im
übrigen selbständig arbeitenden Studenten ver-
lagern.
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