EDITORILAL
Mit dem kurz aufeinanderfolgenden Erscheinen von
Heft 9, 10 und 11 hat die Redaktion erfolgreiche
Anstrengungen unternommen, den regelmäßigen Er-
scheinungsmodus von 4 Heften im Jahr zu sichern.
Gleichzeitig mußten wir feststellen, daß die Redak-
tion immer stärker auf sich selbst angewiesen war
und von ihren Korrespondenten im Stich gelassen
wurde. Die mangelhafte Mitarbeit der Korresponden-
ten ist wahrscheinlich auf zwei Hauptgründe zurück-
zuführen: Zum einen sieht sich die Redaktion finan-
ziell nicht in der Lage, die Tätigkeit der Korres-
pondenten (ebensowenig wie die der Redakteure und
Autoren) zu bezahlen; zum anderen fehlte bislang
eine explizite Zielbestimmung seitens der Redaktion
für die jeweils nächsten Hefte.
Eine detaillierte Zielbestimmung ist in der Absicht,
keine reinen Themenhefte zu machen, bislang be-
wußt vermieden worden, Dadurch war es uns möglich.
die Hefte 8, 9 und 10 - wie wir meinen - aktueller
zu gestalten als die ersten beiden Jahrgänge. Zwei-
fellos geht jedoch diese "Offenheit" zu Lasten einer
leistungsfähigen Organisation von Redaktion, Korres-
pondenz, Werbung und Vertrieb, Zudem häufen sich
die Anfragen von ARCH+-Lesern an die Redaktion
nach der "Linie von ARCH+",
Deshalb scheint es uns notwendig, dies editorial einzu-
führen, das die Zielsetzungen und Perspektiven der
Redaktion verdeutlichen soll.
Die inhaltlichen Schwerpunkte der beiden ersten
ARCH+-Jahrgänge lagen vor allem in Beiträgen von
Problemen und Strategien auf der Grundlage der für
die Planung neuen Wissenschaften wie Kybernetik,
System-, Entscheidungs- und Werttheorie, Operations
Research und Planungsökonomie.
Die die herrschende Berufspraxis weit überholenden
Theorien zur Verwissenschaftlichung des Planens,
wie sie von ARCH+ propagiert wurden, schlugen
sich in den Reformversuchen der Planer- und Archi-
tektenausbildung an den westdeutschen Hochschulen
nieder (von denen in ARCH+ häufig berichtet wurde
und wird): Die Berufsbilddiskussionen profilieren
sich in den ersten Reformansätzen als Reaktion auf
eine berufsständisch ausgerichtete Architektenaus-
bildung an der Forderung nach einer Verwissenschaft-
lichung des Studiums. Es wurde versucht, das Be-
rufsbild ohne hinreichende Untersuchung der Pla-
nungspraxis von der Hochschule aus zu bestimmen.
Die spätere Tätigkeit im Beruf sollte der Erkennt-
nis des"objektiv technologisch Notwendigen'' ange-
paßt werden. Zeigten sich im Bereich der For-
schung bei der Verwissenschaftlichung der Planungs-
methodik schon Verselbständigungstendenzen, so war
der Versuch der Verwissenschaftlichung des Stu-
diums für die Studenten noch viel weniger ein Resul-
tat sinnlich praktischer Erfahrung.
Wenn in den ersten Heften versucht wurde, den
apodiktischen Objektivitätsanspruch wissenschaftlicher
Planung zu kritisieren, so haben wir uns in den letz-
ten Heften darum bemüht, den instrumentellen
Charakter gerade der Operabilisierung nachpositivi-
stischer Planung deutlich zu machen. Wir sind uns
dabei durchaus der Gefahr bewußt geworden, die
herrschenden und zukünftigen Planungsmethoden
vornehmlich als Moment systemstabili-
sierender Herrschaftstechnik zu entlarven ohne ein
deutliches Qualifikationsziel für Architekten und
Planer zu kennzeichnen. In einer Fachzeitschrift
können wir dazu allerdings nur Begrenztes leisten
da wir nur sehr bedingt auf konkrete Fragen zu
besonderen Problemen spezieller Studienproijekte
eingehen können.
Aus dem oben gesagten wird deutlich, daß wir in
den folgenden Heften in verstärktem Maße versuchen
müssen, eine Darstellung und Einschätzung der herr-
schenden Planungspraxis zu leisten, um nicht uto-
pistisch an den bestehenden Realitäten vorbei bzw.
in unverbindlicher Weise Theorie über sie hinaus
zu schreiben.
In der Redaktionssitzung vom 13.7.70 wurden die
folgenden allgemeinen Themenbereiche als Perspek-
tive für die nächsten Hefte aufgestellt:
1. Praxisorientierte, fortschrittliche Technologie
und Planungstheorie
Es soll versucht werden, wissenschaftliche For-
schungsberichte und -ergebnisse in ihrem Anwendungs-
bereich und planungstheoretische Grundlagen in ihrem
ARCH+3 (1970) H. 11