hierbei um ein normales Tauschgeschäft handelt: "Im
Gegenteil, wir haben es mit einem ganz gewöhnlichen
Warengeschäft zwischen zwei Bürgern zu tun, und
dies Geschäft wickelt sich ab nach den ökonomischen
Gesetzen, die den Warenverkauf überhaupt regeln, und
speziell den Verkauf der Ware: Grundbesitz. Die Bau-
und Unterhaltskosten des Hauses kommen zuerst in
Anrechnung; der durch die mehr oder minder günstige
Lage des Hauses bedingte Bodenwert kommt in zweiter
Linie; der augenblickliche Stand des Verhältnisses
zwischen Nachfrage und Angebot entscheidet schließ-
lich." (F. Engels, Zur Wohnungsfrage, MEW 18,
216)
Wenn wir zunächst von einer Steigerung der Baupreise
und der Grundrente absehen und eine genaue Bestimm-
barkeit der Lebensdauer eines Hauses voraussetzen,
dann gehen in die Miete folgende Kostenfaktoren ein:
- die Grundrente
- die Amortisierung oder Abschreibung der Baukosten;
d.h., wenn die Lebensdauer 100 Jahre beträgt,
müssen jährlich 1 % der Baukosten auf die Miete
umgelegt werden
die marktübliche Verzinsung des nach der Abschrei-
bung jeweils noch verbleibenden Gesamtkapitals
Bewirtschaftungs- und Reparaturkosten
Setzt man weiter eine Konkurrenz der Kapitalien und
eine damit verbundene Tendenz zum Ausgleich der
Profitraten voraus, dann muß der Profit, der sich
nach Abzug der Kosten ergibt, eben dieser normalen
Profitrate annähern.
Diese normale kapitalistische Kalkulation wird bei der
Ware Wohnung in der Regel von folgenden Faktoren
überlagert:
1. von einem säkularen Anstieg der Baukosten und
der Grundrente und
von der mangelnden Flexibilität des Wohnungsmark-
tes, die darin zum Ausdruck kommt, daß die in
einem Jahr produzierten Wohnungen nur einige
Prozent des gesamten Wohnungsbestandes aus-
machen, d.h., daß der Anteil der jeweils neu-
produzierten Wohnungen nur einen Bruchteil des
Gesamtbestandes ausmacht.
Der Einfluß der säkularen Inflation
Soweit irgendwelche Preisschwankungen der Grund-
rente oder der Baukosten auftreten, beeinflussen sie
über die jeweiligen Neubaumieten auch die Mieten für
die bereits bestehenden. Es bildet gerade das Haupt-
kennzeichen des freien kapitalistischen Marktes, daß
sich über ihn ein bestimmter Preis bildet, der für
alle auf ihm gehandelten vergleichbaren Waren gilt.
Derartige Preisschwankungen stehen in engem Zu-
sammenhang mit den Konjunkturzyklen und bilden so-
mit eine normale Erscheinung im Kapitalismus,
Mit dem Übergang vom Konkurrenzkapitalismus zum
Monopolkapitalismus ist jedoch eine entscheidende
Änderung eingetreten: Seit ungefähr 100 Jahren gibt
es in den entwickelten kapitalistischen Ländern einen
eindeutig nach oben gerichteten Preistrend. Selbst
in den Krisen oder Rezessionen gibt es keine Preis-
senkungen mehr, sondern höchstens eine Verlangsa-
mung des Preisanstieges. Die Zwangsläufigkeit und
Notwendigkeit dieser säkularen Inflation im System
des Monopolkapitals kann hier nicht im einzelnen er-
örtert, sondern nur als Erscheinung mit ihren Folgen
für den Wohnungsmarkt dargestellt werden (vgl. dazu
insbesondere: Werner Hofmann, Die säkulare Inflation,
Berlin 1962). "Von säkularer Inflation soll dann ge-
sprochen werden, wenn das allgemeine Preisniveau
eines Landes sich, aus welchen Gründen immer, lang-
fristig von dem Preistrend entfernt, welcher die all-
gemeine Zunahme der Arbeitsproduktivität erwarten
ließe. Diesen ungewöhnlichen Sachverhalt finden wir
heute in allen führenden Industrienationen unserer He-
misphäre vor.'' (Hofmann, Die säkulare Inflation, a.
a.0., 5. 7)
Aus den Bedingungen der Wohnungsproduktion ergibt
sich, wenn man einen freien, kapitalistischen Markt
voraussetzt, daß sich alle Mieten an den jeweiligen
aktuellen Neubaumieten ausrichten und in dem Ver-
hältnis von ihnen abweichen, in dem sie qualitativ von
ihnen unterschieden sind. Daraus ergeben sich für alle
Hauseigentümer, die früher - und daher billiger - ge-
baut haben, ungeheure Spekulationsgewinne. Die säku-
lare Inflation, die nicht nur ein Kennzeichen, sondern
eine Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit und
Erhaltung des Monopolkapitalismus darstellt, zeigt
sich hier in ihrer doppelten Auswirkung: Einmal führt
sie zu einer andauernden Entwertung der nominellen
Werte, also insbesondere der Sparguthaben, zum ande-
ren bleibt das Grundeigentum von dieser Entwertung
nicht nur verschont, sondern ist gerade der Nutznießer
dieser Umverteilung, indem es laufend steigende Er-
träge erhält; die Lasten aus den Hypotheken erhöhen
sich jedoch nicht. Da die Baukosten wesentlich stärker
ansteigen als die allgemeinen Lebenshaltungskosten
oder die Gesamtpreise, erhält der Hausbesitz nicht
nur einen gleichbleibenden realen Profit, sondern ei-
nen in diesem Verhältnis ständig steigenden realen
Profit. Diese Auswirkungen sind nicht das Ergebnis
irgendwelcher spezifischer Bösewichte oder Wucherer,
sondern nichts anderes als die normalen Ausprägun-
gen eines kapitalistischen Marktes.
Die säkulare Inflation muß sich auf dem Wohnungsmarkt
noch wesentlich stärker bemerkbar machen als auf
anderen Märkten, solange die Bodenspekulation sich
weiter entfalten kann und der Grad der Industrialisie-
rung der Bauwirtschaft und der Produktivität weiterhin
hinter anderen Produkten zurückbleibt. Wer unter die-
sen Umständen einer '"Liberalisierung'' des Wohnungs-
marktes das Wort redet oder sie billigt, muß wissen,
daß dadurch die Grund- und Hauseigentümer in den
Genuß von ungeheuren Extraprofiten gelangen müssen.
Die säkulare Inflation bildet bereits die wesentliche
Profitquelle und oftmals die eigentliche Motivation für
die Errichtung von Neubauten. Der Profit aus der Ver-
mietung zur Zeit der Herstellung und in den folgenden
Jahren ist vergleichsweise unwichtig und kann sogar
negativ sein, solange man von der Gewißheit ausgehen
kann, daß sich die Baupreise in 12 bis 15 Jahren ver-
doppeln und die Bodenpreise verdreifachen. Denn dann
kann man sicher sein, daß man zumindest nach dieser
Zeit ungeheure Extraprofite einstreichen kann, und
weiß, daß die Wohnungen sich immer mehr wie Gold-
minen ausbeuten lassen.
"Möchten Sie ein Stück Amerika besitzen? ... In dem
gleichen Maß, in dem die Preise für Waren und Dienst-
leistungen inflationär steigen, nimmt auch die Rendite
ARCH+ 3 (1970) H. 11