Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

einen massiven Ausrottungsfeldzug gegen uns vorbe- 
reiten. Überall sind die John-Birch-Society, die Be- 
reitschaftspolizei, die Separatisten, die Nazis und die 
Ku-Klux-Klan- Leute dabei, sich zu bewaffnen und für 
den totalen Krieg gegen unser Volk auszubilden, Und 
es gibt keinen Zweifel darüber, auf welcher Seite die 
Polizei, das FBI, die Nationalgarde und die Regierung 
stehen werden. '' Inzwischen ließe sich diese Liste 
erweitern; wenn die Bau- und Transportarbeiterge- 
werkschaften direkt hinzugezählt werden müssen, so 
werden die technokratischen Planer vorerst indirekt 
am Kampf gegen die unterdrückten Massen beteiligt 
sein, indem sie die systemtechnischen Methoden der 
Kriegsforschung auf Planung und Entwicklung von re- 
gionalen Kommunikationsnetzen (für sozialpolitische 
Kontrolle und Spionage), Verkehrsnetzen (Nachschub, 
militärische Infrastruktur) sowie Sicherheitssystemen 
(als welche Wohnquartiere, Siedlungen und Städte eben 
auch begriffen werden müssen!) erfolgversprechend 
zu applizieren suchen. 
In einem wesentlichen Punkte stimmen die - revolu- 
tionären wie konterrevolutionären Strategen der 
Großstadtguerilla, des bewaffneten Kampfes im 
Betondschungel, überein: daß die Chancen der Revo- 
lution eine Frage ihrer Organisation ist. Umge- 
kehrt sehen die Vertreter der Ordnungsmächte ihr 
Heil in der Planung. 
Der amerikanische Geheimdienstoffizier Robert B. 
Rigg, Experte für Fragen der Planung und Zukunfts- 
forschung in der Armee, spielt die Möglichkeiten eines 
Guerillakrieges im Betondschungel durch 
und kommt zu dem Urteil: "Die Anwendung von rein 
militärischen Maßnahmen scheint eine ziemlich hoff- 
nungslose Sache zu sein, aber politische Anstrengun- 
gen können sich als nicht viel erfolgreicher erweisen. 
Das Kernproblem '"... umfaßt Polizei, Nationalgarde. 
Armee und lokale Behörden und ihre - vor allem po- 
litische - Koordinierung, Kommunikation und Kon- 
trolle. Hier liegt ebenfalls eine ziemlich große Auf- 
gabe, die durch das Chaos und die Straßenkämpfe 
noch schwieriger werden kann. Für jede Stadt, jeden 
Notstandsfall muß gründlich vorgeplant werden. Pla- 
nung ist lebenswichtig, vor allem, um alle Maßnah- 
men - politische und militärische - zu kontrollieren 
und aufeinander abzustimmen!'', 
Je handgreiflicher die Auseinandersetzungen in den 
dichtbesiedelten Regionen sind, je schärfer die Pola- 
risierung der Klassen hervortritt, desto eindeutiger 
wird die Position und Funktion mittelständischer Pla- 
ner. Die objektiven Bedingungen stehen ihrem sub- 
jektiven politischen Engagement entgegen. Ebenso 
ausweglos ist konfliktsteuernde Präventivplanung, die, 
indem sie jede Äußerung des Klassenkampfes als 
’bedrohendes Chaos’ und jeden Widerstand affektge- 
laden als ’ blinde Zerstörungswut’ oder scheinbar 
unbeteiligt technokratisch als eine Summe von ’ Stör- 
größen’ auffaßt, zur Vertiefung der Widersprüche 
beitragen muß. Das Präventiv-Denken der herrschen- 
den Klasse spiegelt die Angst vor ihrem historischen 
Untergang. Verallgemeinert trifft diesen Sachverhalt 
Siegfried Kracauer, wenn er über das Bild des Baues 
in den Erzählungen Kafkas sagt: "Die Maßnahmen der 
Existenzangst gefährden die Existenz.'' 
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ARCH+ 3 (1970) H. 11
	        

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