dingungen des Kapitalismus veränderte Krisenbewälti-
gungsmechanismen in anderen gesellschaftlichen Berei-
chen implizieren, eine Entwicklung, die sich in jüngster
Zeit (für die Bundesrepublik) abzeichnet. Der zweite
Bereich ist der umfassender Konzentrations- und Zentrali-
sierungsbewegungen in Richtung weniger Großunterneh-
men in engem Zusammenhang mit Finanzierungsgesell-
schaften und staatlichen Finanzierungsträgern. In diesem
Bereich zeichnet sich eine verschärfte Ausnutzung der
Fortschrittlichen und weiterentwickelten Produktivkräfte
ab, bei der rationalere Produktions- und Planungsmetho-
den in immer komplexeren Problemstellungen der Baupla-
nung, der Orts-, Regional- und Landesplanung und der
Baukonstruktion zunehmend an Gewicht gewinnen und
gewinnen werden. Die Industrialisierung der Bauproduk-
tion im Bereich der Großunternehmen ist eine notwendige
Folge des Kostendrucks und der Lohnentwicklung, die all-
mählich den Bereich rückständiger Produktionsformen
zurückdrängen.
Das hat zur Folge, daß das private Architekturbüro mit
dem generalistisch ausgebildeten Bürochef seine Funktion
verliert, zugunsten des öffentlichen Dienstes, großer
Architektur- und Planungsbetriebe und im Konzernver-
band arbeitender Planungs- und Konstruktionsabteilungen
Widerstände der standespolitischen Interessenvertretung
und Berufsverbände (BDA, Architektenkammern etc.)
werden diese Entwicklung nicht beeinträchtigen können.
Die Ausbildungssituation an der Hochschule ist von die-
sen Vorgängen entscheidend betroffen. Die Tätigkeits-
arten und zu verarbeitende Fachinhalte im Bereich der
Architekten-/Planerausbildung müssen diesen veränderten
Bedingungen gerecht werden, auf die sie aus ihrer gesell-
schaftlichen Position heraus keinen entscheidenden
Einfluß haben. Eine Nevorientierung für die Organisation
des Studienbetriebes muß sich daraus konstituieren. Ich
sehe für die Architekten-/Planerausbildung zwei Haupt-
kriterien für die Studientätigkeiten aus der Entwicklung
der materiellen Produktion in der Bauwirtschaft abzulei-
ten: Zunehmende Arbeitsteilung, die eine anwendungs-
bezogene Spezialqualifikation intendiert, und komplexer
sich entwickelnde Kooperations- und Planungsformen, die
eine verbesserte Kommunikations- und Organisations-
fähigkeit verlangen. Diese Hauptkriterien haben das in
der Arbeit vorgestellte Konzept der Gruppenarbeit we-
sentlich bestimmt.
2.2 Entwicklung der Studienrichtung Architektur an der TU
Stuttgart und ihre juristischen Grundlagen
2.21 Gesetzliche Bestimmungen. Einfluß auf Studienplan
und Prüfungsordnung
Im folgenden soll dargestellt werden, welche Gesetze,
Verordnungen und Bestimmungen unmittelbaren Einfluß
auf die Studienbedingungen haben. Für die Praxis der
Gruppenarbeit in der Studienrichtung Architektur in Stutt-
gart gibt es dabei zwei Einflußbereiche, Prüfungsordnung
und Studienordnung, die getrennt untersucht werden sol-
len. Sie gelten jedoch nicht getrennt, da die Studienord-
nung als gesetzlicher Bestandteil der Prüfungsordnung ge-
sehen werden muß.
1. Prüfungsordnung: Der allgemeine Rahmen für die
Regelung der Diplomprüfungsordnung für die Architekten-/
Planerausbildung wird durch die "Allgemeinen Bestim-
mungen für Diplomprüfungsordnungen" an den bundes-
deutschen hohen Schulen gesetzt, die am 10.2.1970 vom
Präsidium der westdeutschen Rektorenkonferenz beschlos-
sen und am 12.3.1970 vom Plenum der ständigen Kon-
ferenz der Kultusminister der Länder verabschiedet wor-
den sind und die entsprechende Regelungen von 1966
abgelöst haben. Diese allgemeinen Bestimmungen sind
nicht spezifisch für eine besondere Studienrichtung,
sondern gelten für alle akademischen Abschlüsse mit
Diplom. Für die Architekten (Diplomingenieure) gilt
darüber hinaus im besonderen die nach den allgemeinen
Bestimmungen formulierte "Rahmenordnung für die Di-
plomprüfung der Architekturfakultäten und -abteilungen"
nach Beschluß der WRK vom 16.11.1967 und der KMK
vom 6.6.1968. Beide Regelungen gelten für die Bundes-
republik und Westberlin, sind also nach Maßgabe des
Kulturförderalismus per se keine Gesetze. Sie müssen
von den jeweiligen Kultusministerien der Länder per
"Umwandlung" mit Gesetzcharakter versehen werden,
um verbindlich zu sein. Im Fall Baden-Württemberg hat
diese Umwandlung stattgefunden. Die Hochschulen des
Landes müssen im Rahmen dieser beiden Regelungen
"besondere Bestimmungen" für die Prüfungen aufstellen
und kultusministeriell bestätigen lassen. In Stuttgart ist
das mit der "Ordnung der Diplomprüfung für Architekten
zum Wintersemester 1961/62 geschehen mit Bestätigung
des Kultusministers vom 8.8.1961. Das Genehmigungs-
verfahren für eine neue Diplomprüfungsordnung wird zur
Zeit betrieben.
2. Studienordnung: Die Studienordnung regelt den
Ablauf, die Organisation und die Abfolge der einzelnen
Studientätigkeiten und ist dadurch mit dem Aufbau der
Hochschule, der Fachbereiche und der einzelnen Insti-
tutionen verbunden. Gesetze, die diesen Aufbau be-
stimmen, gewinnen damit unmittelbaren Einfluß auf die
Studiensituation und die Gruppenarbeit. Hierbei wird
der allgemeine Rahmen gegeben durch das "Hochschul-
gesetz des Landes Baden-Württemberg", das am 1.4.68
in Kraft getreten ist und das die Margen setzt, in denen
sich die Verfassungen der einzelnen Hochschulen be-
wegen müssen. Nach Paragraph 66 des Hochschulgesetzes
wurde am 29.3.69 auf einer Sitzung der Grundordnungs-
versammlung der Technischen Universität Stuttgart die
"Grundordnung" (GO) verabschiedet und am 16.6.69
vom Ministerrat des Landes genehmigt. Die GO gibt der
Hochschule eine Rektoratsverfassung und gliedert sie
nach dem Departmentsystem in Fachbereiche, die Studien-
richtung Architektur in die Fachbereiche 1, 2 und 14
("Baukonstruktion", "Bauplanung", "Orts-, Regional-
und Landesplanung"). Sie regelt außerdem die Einrich-
tung und Besetzung der akademischen Gremien, insbe-
sondere der Studienkommission, der Prüfungskommissio-
nen und setzt den Rahmen für die Verfassungen der ein-
zelnen Institute in den Fachbereichen. Die Studienkom-
mission verabschiedet nach GO kompetent die Studien-
ordnung (Studienplan), die von der Fachbereichsversamm-
lung bestätigt werden muß.
Die hier nur in Schwerpunkten dargestellten Zusammen-
hänge regeln die Studienbedingungen für die einzelnen
Studenten. Die Darstellung sollte zeigen, daß für ab-
weichende Regelungen an einzelnen Hochschulen nur ein
relativ schmaler legaler Spielraum in diesem Gesetz-
apparat zur Verfügung steht. Eine Konzeption für Grup-
penarbeit wird diesen Spielraum nutzen müssen, zugleich
aber seine Grenzen im konkreten Fall deutlich zu zeigen
haben.
ARCH+ 3 (1970) H. 11