Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

2.22 Entwicklung der Studienrichtung Architektur in 
Stüttgart seit 1961/62. Formale Entscheidungen und 
Daten 
Für die Entwicklung der Studienrichtung Architektur sind 
die Prüfungsordnungen die entscheidenden gesetzlichen 
Regelungen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gilt als be- 
sondere Bestimmung die mehrfach geänderte Fassung der 
"Ordnung der Diplomprüfungen für Architekten" von 
1961. Sie teilt das Studium in 4 Semester bis zum Vor- 
diplom, Grundfachstudium, Entwurfstudium (4 Entwürfe) 
und Diplomarbeit; Mindeststudiendauer 9 Semester bis 
zum Abschluß. Es hat dazu sechs vom Kultusministerium 
bestätigte Änderungen gegeben, die letzte vom 14.12. 
1966, die die Einrichtung eines Wahlfachs "Seminar für 
Schulbau" betraf. Die kultusministerielle Bestätigung 
weiterer Änderungen wurde zurückgestellt bis zur Ver- 
abschiedung der Rahmenordnung (geschehen 1967 und 
1968). Als die Rahmenordnung absehbar war, wurde dem 
Senat der TU Stuttgart am 19.7.1967 eine Neufassung 
der Diplomprüfungsordnung von der damaligen Architek- 
turabteilung vorgelegt und (leicht geändert) genehmigt, 
nicht rechtskräftig, da ohne Placet vom Kultusminister . 
Diese Neufassung führt als Hauptneuerung eine Vertie- 
fungsarbeit ein, die im Entwurfstudium einen (den 3.) 
Entwurf ersetzt. Am 19.10.1967 wurde dem Rektoramt 
ein neuer Studienplan für das Architekturstudium vorge- 
legt (heute würde nach GO die Studienkommission über 
eine Studienordnung verbindlich, ohne Vorlage beim 
Rektoramt, beschließen). Prüfungsordnung und Studien- 
plan wurden von der Entwicklung der Studienrichtung 
Architektur in Stuttgart in kurzer Zeit überholt. Am 14 
und 15.2.1968 wurde auf einer Zulassungssitzung der 
damaligen Architekturabteilung eine interne Regelung 
beschlossen, die festlegt, daß die Abschlußnote im Di- 
plom aufgrund der Vertiefungsarbeit (als Diplomarbeit) 
erteilt wird. Dieser Beschluß wurde vom Rektor gebilligt 
(am 1.4.68 Hochschulgesetz, am 6.6.68 Rahmenprüfungs- 
ordnung). 
Im Vorgriff auf die nach GO zu erwartenden Regelungen 
wurden am 19.11.68 in einer Abteilungssitzung die bis- 
herigen Kommissionen (Ständige Kommission für Studien- 
reform und die Studienbeginnkommission) von einer neu- 
gewählten Studienkommission abgelöst, die drittelpari- 
tätisch besetzt wurde. Zugleich wurden im Wintersemester 
1968/69 Ansätze einer neuen Studienform (Projektgrup- 
penarbeit) formuliert und im Sommersemester 1969 erst- 
mals umfangreich mit Beratern und Tutoren erprobt. Gleich- 
zeitig wurde am 16.4.69 ein Vorschlag zu einer neuen 
Form der Diplomprüfung und der Abschlußsitzung ausge- 
arbeitet, der mehr Öffentlichkeit und Durchsichtigkeit 
bei diesen Vorgängen herstellen sollte. (Am 29.3.69 
Grundordnung der TU Stuttgart, genehmigt am 16.6.69.) 
Am 3.10.69 wurde auf der Grundlage der Erfahrungen aus 
der Lehre im Sommersemester der Entwurf eines neuen 
Studienplanes beim Rektoramt vorgelegt (schon damals war 
das nach der Rechtslage meines Erachtens überflüssig). 
Auf einer gemeinsamen Sitzung der nach GO gebildeten 
drei Fachbereiche wurde am 14.1.70 die Studienkommis- 
sion als gemeinsames Organ der Fachbereiche gemäß GO 
bestätigt. Die Diskussion im Zusammenhang mit dem neu- 
en Studienplan und dem verstärkt weiterlaufenden Pro- 
jektgruppenprogramm führte am 5.3.70 zu einer "Ent- 
schließung der drei Fachbereiche der Studienrichtung 
Architektur zur Neuordnung des Architekturstudiums" 
wurde beschlossen, mit der Formulierung einer neuen 
Prüfungsordnung (Diplom, Vordiplom) zu beginnen. Eine 
Studienordnung sollte erst in einem zweiten Schritt for- 
muliert werden. Am 18.3.70 fixierte ein Beschluß der 
drei Fachbereiche den Stand der Entwicklung vom WS 
69/70 in einem Vorentwurf zur Prüfungsordnung: Anlaß 
war ein Gespräch zwischen den Dekanen der Fachbe- 
reiche, dem Leiter der Studienkommission und Herren 
aus dem Kultusministerium, in Gegenwart von Professor 
H. Linde (April 1970: Konstitution des Projektgruppen- 
rats). 
Mehrere Entwürfe zur Prüfungsordnung folgten, am 20. 
4.70, 10.5.70, 29.5.70, die am 16.6.70 zu einer Vor- 
lage beim Rektor führten: "Entwurf einer alternativen, 
experimentellen Prüfungsordnung" etc. mit Kommentar 
und Anhang, nach einem Beschluß der drei Fachbereiche 
vom 3.6.70. Gleichzeitig wurde (am 11.6.70) eine 
Übergangsregelung für die Anmeldung zum Vordiplom 
getroffen, die den beträchtlichen Veränderungen im an- 
gebotenen Katalog der Lehrinhalte gerecht werden sollte. 
Am 26.6.70 wurde der Entwurf der Diplomprüfungsord- 
nung im Rektoramt beraten, anwesend waren die Dekane 
der Architekturfachbereiche, drei Vertreter der Studien- 
kommission, der Prorektor Professor Nitschke und als 
Kopf der Hochschulverwaltung Regierungsdirektor Kam- 
merer. Der Entwurf wurde daraufhin überarbeitet und am 
7.7.70 in der Senatskommission Lehre behandelt. Am 
15.7.70 wurde der Entwurf ohne Beschluß im Senat be- 
raten, die strittigen Punkte in einem Protokoll festge- 
halten und der Entwurf zur erneuten Überarbeitung an 
die Studienkommission der Architekturfachbereiche zu- 
rückgegeben. Bis Ende Oktober 1970 soll diese Überar- 
beitung abgeschlossen sein und dann im Genehmigungs- 
verfahren eine endgültige rechtliche Absicherung des 
Stuttgarter Reformmodells erreicht werden. 
2.23 Spezielle Entwicklung der Praxis mit Projektgrup- 
pen in Stuttgart 
Die Entwicklung im Bereich der materiellen Produktion 
hin zu arbeitsteiligen Produktionsformen hat eine Ent- 
sprechung in der Entwicklung der Studienpraxis hin zu 
arbeitsteiliger Spezialqualifikation. 
In der "Ordnung der Diplomprüfung für Architekten" von 
1961/62 ist noch ein breitangelegtes generalistisches 
Ausbildungsziel festgehalten und ein einheitliches Stu- 
dium für die Architektenausbildung vorgeschrieben. Der 
Bereich der Planung erscheint marginal und nur in einem 
fortgeschrittenen Teil des Studiums. Der wachsende Pro- 
blemdruck im Bereich der Planung hat (u.a.) in der 
Neufassung von 1967 zur Einführung des Vertiefungs- 
studiums geführt und zugleich in der 2. Studienhälfte 
eine Spezialisierung in Städtebau und klassische Aus- 
bildung zum freien Architekten ermöglicht: das Einheits- 
studium wurde differenziert. Gleichzeitig wurde von der 
Vorstellung des reinen Entwurfsstudiums abgegangen, 
sogenannte "DIN A4-Entwürfe" zugelassen. Mit dem 
Beschluß vom Februar 1968, Abschlußnoten aufgrund der 
Vertiefungsarbeit als Diplomarbeit zu erteilen, wurde im 
Vertiefungsstudium die Vorstellung einer Einheitsausbil- 
dung vollends zugunsten weitgehender Spezialisierungs- 
möglichkeiten aufgegeben. Mit dem Experiment vom 
Wintersemester 1968/69 erfaßte diese Tendenz auch den 
ersten Studienabschnitt, so zeigte sich, daß eine weit- 
gehende Überprüfung und Veränderung der Studienformen 
unabweisbar geworden war: Spezialisierung im letzten 
Studienabschnitt war keine hinreichende Lösung, Arbeits- 
ARCH+ 3.1970) H. 11
	        

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