Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

penarbeit für eine fortschrittliche Studienpraxis betont 
worden. Es gibt dazu eine Vielzahl von Modellen und 
Definitionsversuchen, von systemtheoretischen Aussagen, 
von Aussagen unter dem Aspekt der Gruppendynamik, 
unter Einschätzung didaktischer Vorstellungen und Not- 
wendigkeiten, unter sozialwissenschaftlichen, gruppen- 
psychologischen, ökologischen, organisationstechnischen 
etc. Aspekten. Aus diesen Aspekten lassen sich eine Un- 
zahl von Kriterien zur Gruppenarbeit entwickeln. Ein 
kleinerer Teil davon, und das war schon komplex genug, 
ist in die Praxis der Stuttgarter Versuche eingegangen. 
Für eine allgemeine Beschreibung von Tätigkeiten unter 
den Bedingungen der Gruppenarbeit ist es hier nur mög- 
lich, diejenigen Kriterien zu verwenden, die in der 
Praxis relativ allgemeine Verbindlichkeit gezeigt haben 
und die auch bei den didaktischen Konzepten, auf die 
wir uns stützen, im Mittelpunkt der Diskussion stehen: 
die fortschreitende Arbeitsteiligkeit in der Produktion 
impliziert auch arbeitsteilige Formen der Ausbildung (bis 
hin zur arbeitsteiligen Kooperation zwischen Gruppen). 
Arbeitsteiligkeit in der Problembehandlung ist eine Vo- 
raussetzung für Interdisziplinarität, wenn nicht generali- 
stisch oder fachborniert gearbeitet werden soll. Die ge- 
meinsame Ebene von Aussagen verschiedener Disziplinen, 
also bei inhomogener Qualifikationsstruktur in den Grup- 
pen, kann im gemeinsamen Bezug auf ein praktisches 
Problem gefunden werden: hier können die unterschiedli- 
chen Aussagen (z.B. Fachaussagen) aufeinander bezogen 
werden. Das bedeutet, daß die Arbeit in Gruppen pro- 
jektbezogen sein müßte. Gruppenarbeit an sich schon, 
insbesondere aber in Abhängigkeit von den zur Beschrei- 
bung verwendeten Kriterien, erfordert ein sehr viel höheres 
Maß an Organisation als Einzelarbeit. Organisation der 
Gruppenarbeit, also auch Organisationsfähigkeit der 
Gruppenmitglieder. Sie wird zu einem der Qualifikations- 
ziele der Gruppenarbeit, dessen Kriterium der inhaltliche 
Erfolg der Gruppenarbeit ist: Training der Organisations- 
fähigkeit der Gruppenmitglieder durch Selbstorganisation 
der Gruppenarbeit. 
Es sind Probleme denkbar, deren Komplexität so groß ist, 
daß die Arbeitsteilung innerhalb einer einzelnen Gruppe 
nicht ausreicht, um generalistisches Arbeiten zu verhin- 
dern, oder daß derartig viele unhinterfragte Arbeitshypo- 
thesen aufgestellt werden müssen, daß eine Gruppe in die 
Gefahr kommt, sich zu isolieren und illusionär zu arbei- 
ten. Dem kann durch Zusammenarbeit mit anderen Grup- 
pen begegnet werden, 
Die im folgenden verwendeten Kriterien zur Beschreibung 
der Gruppenarbeit sind also: 
- Arbeitsteiligkeit 
- Interdisziplinarität 
- Projektbezug 
- Selbstorganisation 
- Zusammenarbeit mit anderen Gruppen. 
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3.12 Benennung von Gruppentypen nach den genannten 
Kriterien 
Durch sukzessives Zusammenfügen dieser Kriterien lassen 
sich einige Grundtypen von Gruppen nach ihren Tätig- 
keiten beschreiben: 
- Gruppenarbeit, auf die keines der genannten Kriterien 
bezogen ist; 
- selbstorganisierte Gruppenarbeit; 
- selbstorganisierte Gruppenarbeit mit arbeitsteiligem 
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Vorgehen; 
- arbeitsteilig/interdisziplinäre Gruppenarbeit in 
Selbstorganisation; 
- projektbezogene Gruppenarbeit (arbeitsteilig/inter- 
disziplinär, selbstorganisiert); 
Gruppenarbeit in Zusammenarbeit mit anderen Grup- 
pen (arbeitsteilig/interdisziplinär, projektbezogen, 
selbstorganisiert). 
Ich habe in der Systematik die Beschreibung von "Einzel- 
arbeit" dazugenommen, um ein gelegentlich vorkommen- 
des Mißverständnis ausräumen zu helfen. Es wird manch- 
mal angenommen, Gruppenarbeit schließe individuelles 
Arbeiten von Einzelpersonen aus. Es ist meiner Meinung 
nach jedoch für die Arbeit in komplexen organisierten 
Gruppen geradezu eine Grundvoraussetzung, daß die 
Gruppenmitglieder individuelle Arbeit leisten können, 
ich würde behaupten, daß sinnvolle individuelle Arbeit 
durch Gruppenarbeit erst möglich wird. Wenn hier von 
Einzelarbeit gesprochen wird, ist also individualistische 
Arbeit gemeint, die nicht in Kooperation stattfindet. 
Die folgende Darstellung von typischen Arbeitsweisen 
in Gruppen soll zeigen, daß der Aussagewert der vor- 
genannten Kriterien qualitativ davon abhängig ist, wel- 
che und wie viele davon bei der Beschreibung von Arbeit 
in Gruppen herangezogen werden. Zugleich wird damit 
der Aussagenbereich bezeichnet, in dem sich die weite- 
ren Differenzierungen zur Problematik der Gruppenarbeit 
bewegen werden. 
3.13 Beschreibung: Einzelarbeit und Gruppentypen 
1. Einzelarbeit bedeutet, Kenntnisse individuell zu er- 
werben, dazu Aussagen machen, anwenden auf indivi- 
duelle Arbeits- und Aussagegebiete. Sie schließt nicht 
aus, daß Spezialaussagen gemacht werden, die bezugs- 
los zu anderen Spezialaussagen bleiben, andere Aussa- 
gen nicht zur Kenntnis genommen werden, Kritik nicht 
zur Kenntnis genommen wird, Aussagen von anderen 
nicht in die eigene Arbeit eingehen, daß ohne Praxisbe- 
zug gearbeitet wird, daß unproduktiver Wettbewerb mit 
anderen Einzelarbeitern entsteht, daß mehrere zum glei- 
chen Thema die gleichen Aussagen mit gleicher Konkret- 
heit machen, daß in Abhängigkeit von einem vorgege- 
benen Programm, von vorgegebenem Zeitplan, von vor- 
gegebenen Methoden nach Anweisung gearbeitet werden 
muß, daß Aussagen gemacht werden, die die Aussagen 
anderer nicht ergänzen, sondern ausschließen, daß nur 
fachbezogene Aussagen gemacht werden können, daß 
vorwiegend rezeptiv gearbeitet wird, daß illusionär 
gearbeitet wird. 
2. Gruppenarbeit bedeutet dagegen zuerst nicht mehr, 
als daß mehrere Personen zusammenarbeiten, d.h. Kennt- 
nis individuell erwerben, Aussagen machen, von den 
Aussagen der anderen Gruppenmitglieder Kenntnis neh- 
men, deren Aussagen kritisieren, sich zu eigen machen, 
auf ihre eigene Arbeit beziehen. Sie schließt nicht aus, 
daß ohne Praxisbezug gearbeitet wird, daß konkurrie- 
rend gearbeitet wird, daß zu allen Mitgliedern zu einem 
gemeinsamen, komplexen Bereich gemeinsame, unkon- 
krete Aussagen gemacht werden, daß die Gruppe in 
einem vorgegebenen Programm, in vorgegebenem Zeit- 
plan, mit vorgegebenen Methoden nach Anweisung ar- 
beitet, daß die Gruppe eine homogene Qualifikations- 
struktur aufweist, daß die Mitglieder der Gruppe Aus- 
sagen machen, die sich nicht ergänzen, sondern aus- 
schließen, daß Kritik von außerhalb nicht zur Kenntnis 
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