Regeln, Techniken und Methoden, mit deren Hilfe man
seine Situation manipuliert. ... Die Grundlage dieser
Art von Wissen ist natürlich immer "Sachwissen" über
Kausalzusammenhänge, erweitert durch die Kenntnis von
Handlungsmöglichkeiten und erwünschten oder wenig-
stens akzeptablen Situationen (53). "
Instrumentelles Wissen ist eine notwendige Voraussetzung
für erklärendes Wissen, wenm die Konsequenzen alterna-
tiver Handlungsstrategien abgeschätzt werden sollen.
"Erwartungen" stellen eine Unterabteilung des fakti-
schen Wissens dar, das selbst die Grundlage jeder wis-
senschaftlichen Aussage ausmacht: "Sein (des Wissen-
schaftlers) Handwerk ist es nämlich, verläßlich und
systematisch zu ergründen, was der Fall ist - und nicht
das, was der Fall sein sollte. Weder in der Wissenschaft
noch sonstwo gibt es eine ’wissenschaftlich richtige’
Entscheidung, die aus irgendeiner ”objektiven’ Theorie
gefolgert werden könnte (54). "
Planung erfordert hingegen "deontisches Wissen", das
die Artikulation von Zielvorstellungen und Leitbildern
beinhaltet. Nach Rittel ist es daher sinnlos, "von wis-
senschaftlicher Planung zu sprechen", denn im Gegen-
satz zur Wissenschaft sei die folgendlose Wiederholbar-
keit von Experimenten (als "Mittel zur Erfahrungsgewin-
nung") in der Planung nicht möglich. Wissenschaft
erzeuge Erkenntnisse, aber keine Veränderungen. Die
Implamentationen von Plänen (bzw. von Planungsent-
scheidungen) sind irreversibel: "Jeder Schritt zählt".
Veränderungen verursachen jeweils Folgen. (Auch bei
Modellen, als Abstraktionen der Realität, seien die
Bedingungen des Experiments nicht gegeben.)
Mit zunehmenden Erkenntnissen im Planungsprozeß werde
der Planer durch den Zweifel an der eigenen Handlungs-
kompetenz verunsichert. Alle Entscheidungen stellen
eine Bindung, eine Verpflichtung (commitment) dar.
Rittel betont, daß das entscheidende Problem der Pla-
nung darin liege, wer dieses commitment eingehe: der
Planer, der Experte oder der Verplante. "Wir sind ganz
schlecht organisiert, um diejenigen, die verplant wer-
den, das commitment eingehen zu lassen", d.h. diese
selbst über Planungsmaßnahmen entscheiden zu lassen,
mit deren Folgen sie allein leben müssen.
|
"Auch das wissenschaftliche Wertsystem ist der Änderung
unterworfen, es hat seinen Platz im Widerstreit der
Wertsysteme, und der Wissenschaftler ist nolens volens
ein politischer Mitspieler in der resultierenden Ausein-
andersetzung. ... Die Institution Wissenschaft hat ihre
Rolle geändert. Die unabweisbare Folge der Verwissen-
schaftlichung der Politik ist die Politisierung der Wissen-
schaft (55). "
Im Planungsprozeß werden Entscheidungen aufgrund
"deontischen Wissens" getroffen, während "Fakten nur
Vorwände zum Planen bieten"! Planungsmethoden sol-
len, so Rittel, situationsspezifisch entwickelt
und eingesetzt werden. Der Planungsprozeß lasse sich
nicht in wohldefinierte Phasen aufteilen; es gebe keine
"beste" Methode, die zum Ziel führe.
Methodisches Vorgehen und Analysieren stellen nach
Rittel eine entscheidende Hilfe der Kommunikation im
Planungsprozeß dar, ein Werkzeug, "um die Projektion
deontischen Wissens für andere explizit zu machen",
denn aus der Differenz zwischen bestehenden und wünsch-
baren alternativen Zuständen, zwischen "deontischem
vn
und faktischem Wissen" entstehen alle Planungsprobleme.
1. Beschreibung des Rittelschen Planungs-
modells (56)
Rittel stellt den Planungsprozeß anhand von drei Model -
len (Boxen) und den diese Modelle beeinflussenden
Variablen dar (s. Abb. 2):
Darstellung des RITTEL'schen Planungsmodells Abb 2
ap
P —©&
| A2 (manipulierbar)
C = Context-Modell, predictor- (Voraussage-)Modell
ci= Contextvariable, als inputs des Objektmodells
= Objektmodell (2.B. Zwicky-Box, "System. Zweifel")
dj= Designvariable, als inputs des Objektmodells
Ppi= performance- (Bewertungs-)Variable:
Pi= f(c1, C2, «<«<Cni d1, d2 «.o dp)
P = Performance-Modell (Evaluator), Modell d. Bewertungs-
systems
X = Endurteil (als Stellgröße): x = f(m4)
nach H.RITTEL (Seminar SS 1969
Von dem context-Modell (C) als predictor-( Voraussage)-
System wirken die context-Variablen (c;) als Inputs auf
das Objektmodell (A), das durch design-(Entwurfs)-
Variable (dj) beeinflußbar ist,
Die performance-(Güte-, Wert-)Variablen (p;) sind’eine
Funktion der context- und design- Variablen
(pP; =f (c1/ Corees pr dir d,. . .d.» und
Inputs für das "Modell des Bewertungssystems" (P).
Die "P-Box" als evaluater (Bewerter) enthält die Bewer-
tungsfilter zur Reduktion von Varietät (der p;-Alternati-
ven) auf die Stellgröße x, auf das Enturteil.
Es handelt sich also um ein Modell zur Erzeugung von
Varietät (Entwurfsalternativen) und deren Reduktion
durch die Bewertung bis zu einem vergleichenden Ge-
samturteil, das die endgültige Wahl einer Alternative
ermöglichen soll.
ARCH+ 3 (1970) H. 9