Full text: ARCH+ : Studienhefte für architekturbezogene Umweltforschung und -planung (1970, Jg. 3, H. 9-11)

Strategie S = 0,15 x (-3) + 0,85 x (+3) = 2, 10 (wird 
gewählt) 
zu 2) Entscheidungen unter Ungewißheit 
sind hingegen durch pessimistische Strategien gekenn- 
zeichnet. Es wird angenommen, daß immer das Gegenteil 
meiner Aktionen eintritt, d.h.: die Wahrscheinlichkeit 
des Eintreffens eines Ereignisses ist von der Wahl meiner 
Aktionen beeinflußt (Konkurrenzsituation) (60). 
Beispiel: Ein schlechter Schachspieler vertraut darauf, 
daß der Gegner seine Fehler nicht bemerkt. Ein guter 
Spieler wird dagegen nicht auf der Grundlage psycho- 
logischer Verhaltenserwartung spielen, sondern die je- 
weils pessimistischste aller Möglichkeiten in Betracht 
ziehen (Auszahlungsmatrix: -1, -3). Er legt zeinem 
Spiel die Maximin-Strategie (60) zugrunde, d.h * 
er wählt die Möglichkeit, die das Maximum des Mini- 
mums garantiert. Er nimmt das Schlechteste an, von 
dem das Beste zu erwarten ist (also Strategie S). 
1.2 Objekt - Modell (design-Variable) 
Design- (d-)Variable sind manipulierbar. Sie werden 
auf Nominalskalen gemessen, so daß jede Kombination 
von diskreten d-Variablen eine Art Lösung beschreibt. 
Solche Kombinationen lassen sich anhand des "Morpho- 
logischen Kastens" nach F. Zwicky (61) (Zwicky-Box) 
verdeutlichen. 
Zwicky entwickelte den ersten "morphologischen Kasten" 
anhand des folgenden Problems: 
"Es soll eine für den Ersatz der im zweiten Weltkrieg 
vernichteten Bestände wissenschaftlicher Bibliotheken 
genügende Zahl von Zeitschriften und Büchern kosten- 
los beschafft und später geordnet dort abgeliefert 
werden, wo man sie am nötigsten braucht (62). " 
Das in Abb. 3 dargestellte Schema ermöglichte ihm die 
Eintragung aller möglichen "Lauflinien" einer oder 
mehrerer Zeitschriften vom Verlag über die verschiede- 
nen Benutzer der Zeitschriften bis zu deren möglicher 
Vernichtung bzw. endgültigen Aufbewahrung. Der Para- 
meter P1 (von k bis m) gibt die gewünschten Zeitschrif- 
ten der Zahl m nach an. Der Parameter P„ repräsentiert 
"die ersten Abonnenten oder Empfänger der oben 
(unter P1) erwähnten Zeitschriften" und der dritte Para- 
meter P3 "die möglichen Zweithandbesitzer", P4 die 
Dritthandbesitzer usw. bis zum Parameter P_, der etwa 
folgende Komponenten hat: Pa] = Aufbewahrung in 
einer öffentlichen Bibliothek, Pa2 = totale Vernichtung, 
Pa3 = Kehrichthaufen etc. 
Auf diese Weise konnten alle Zeitschriften erfaßt wer- 
den. Mit Hilfe von "Lauflinien" (Verbindungslinien 
zwischen den Parametern) konnte der Ort vieler ge- 
wünschter Zeitschriften ausfindig gemacht werden und 
von dort, wo diese Zeitschriften mehrfach vorhanden 
waren oder nicht mehr gebraucht wurden, über eine um- 
fangreiche Hilfsorganisation den Bestellern übermittelt 
werden, und das meist kostenlos, weil solche Besitzer 
mit Hilfe des morphologischen Kastens ausgemacht wer- 
den konnten, die sich gerne von der Last unbenutzter 
(weil mehrfach vorhandener) Exemplare der gewünschten 
Zeitschriften befreiten. 
Dieses Schema des morphologischen Kastens kann zur 
Erzeugung von Varietät in der Planung abge- 
wandelt werden (Abb. 4). 
Morphologische Analyse 
(ZWICKY = BOX) 
Laufschema wissenschaftlicher Zeitschriften : 
pP. 
in 
„za 
(- 
En 
4 
. 
_- 
P * 
P 
Pa 
N | 
} 
a. 
1] 
N 
1 
Pa(von k-m) * gewünschte Art und Anzahl der Zeitschriften 
P, = die ersten Abonnenten oder Empfänger einer Zeit- 
schrift 
Pz Pj 000 BP = der Ort, an dem sich die Zeitschrift 
’ jeweils befindet bis zur endgültigen 
Aufbewahrung oder Vernichtung 
nach F.ZwWICKY a.a.0., S. 126 
Die Parameter Pı bis P. werden als design-Variable 
(dj bis dp) aufgefaßt, also als Variable, die verschie- 
dene Möglichkeiten der Anderung eines Objektzustandes 
beschreiben. Wenn z.B. der Wunsch besteht, ein inner- 
städtisches Gelände intensiv zu nutzen, so können in 
der Zwicky-Box alle dazu möglichen Maßnahmen be- 
schrieben werden. Eine d-Variable könnte dann z.B. 
bedeuten dj = 1. = "Kindergarten auf dem Gelände 
vorsehen", Man könnte sich nun entscheiden für "nein" 
(1.1) oder "ja" (1.2); ferner für "wenn nein, dann..." 
(z.B. Kindergarten an einem anderen Ort in der Stadt 
vorsehen = 1.11 bzw. 1.12) oder für "wenn ja, dann..." 
(z.B. Art des Kindergartens: K.-Krippe oder/und K.- 
Tagesstätte sowie die näher bestimmte Lage auf dem ge- 
gebenen Gelände, 1.21, 1.22). Die Aussagen brauchen 
nicht notwendig binär zu sein. Die Variablen können 
auch aus Kombinationen mehrerer Entscheidungen be- 
stehen (z.B. "Kindergarten ja, mit Kinderkrippe und 
näher bestimmten Lage auf dem Gelände" = 1.21, 1.22). 
Die zweite Variable dp kann z.B. bedeuten, eine zu- 
sätzliche Nutzung vorzusehen; d3 z.B. die Organisation 
der Fußgängererschließung usw. 
Eine auf diese Weise ausgefüllte Zwicky-Box kann prin- 
zipiell alle alternativen Lösungsmöglichkeiten enthalten, 
indem alle denkbaren Verbindungen ("Lauflinien") her- 
gestellt werden. Jede Lauflinie würde dann eine Alter- 
native beschreiben. Bei z.B. sechs d-Variablen (dı - 
ARCH+3 (1970) H. 9
	        
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