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VEREINIGUNG DEUTSCHER PLANER
in diesem Frühling soll in Bonn die erste ordentliche
Mitgliederversammlung der ’ Vereinigung Deutscher Pla-
ner (VDP) - Berufsständische Vereinigung der Stadt-,
Regional- und Landesplanung in der Bundesrepublik
Deutschland’ stattfinden, die im vergangenen Jahr ge-
gründet wurde. Im vorliegenden Artikel ist die objektive
gesellschaftliche Funktion dieser Vereinigung aufzuzei-
gen, da sie den Gründungsmitgliedern offenbar nicht
bewußt ist, jedenfalls in der Satzung und im Memoran-
dum, welche an potentielle Mitglieder versandt werden,
nicht expliziert wird. Im Anhang veröffentlichen wir die
Satzung, das Memorandum und die Namen der Grün-
dungsmitglieder.
Die Analyse der im Anhang veröffentlichten Unterlagen
im Kontext der historischen Situation ergibt zwei Haupt-
aspekte, welche nacheinander dargestellt werden sollen:
(1) die Funktion der Vereinigung innerhalb des Berufs-
stands bzw. innerhalb der Gruppe der an Planung beruf-
lich Interessierten,
(2) die gesamtgesellschaftliche Funktion, welche der
Vereinigung über (1) zukommt.
ad (1)
Entsprechend der Zielsetzung des Memorandums der VDP
sollen "Tätigkeitsmerkmale" für die Planer definiert und
daraus Qualifikationskriterien abgeleitet werden, auf-
grund derer die Qualifikation der Planer als für die Mit-
gliedschaft ausreichend oder nicht ausreichend befunden
wird. Die VDP möchte aber nicht nur die Mitgliedschaft
in ihrer Vereinigung kontrollieren, sie möchte sich vor-
beugend auch "den Fragen der Ausbildung, Förderung
und Betreuung des Nachwuchses" sowie "der Unterrich-
tung, dem Gedankenaustausch und der Weiterbildung
seiner Mitglieder" "widmen". Nachdem der BDA mit sei-
nem Widerstand gegen die Abtrennung der Planerausbil-
dung von der Architektenausbildung keinen Erfolg hatte,
glauben die Gründungsmitglieder, ihre Interessen als
praktizierende Planer selbst wahrnehmen zu müssen: Die
Konstituierung der VDP zum gegenwärtigen Zeitpunkt
und unter Ausklammerung von Studenten ermöglicht es
ihnen, sich gegenseitig Qualifikationen zuzuschanzen,
kurz bevor infolge der Differenzierung zwischen Archi-
tekten- und Planerausbildung die ersten als Planer aus-
gebildeten Absolventen vom“ den Universitäten kommen
und die Qualifikationen der selbsternannten Qualifizierer
in Frage stellen könnten.
Die jeweiligen Mitglieder wollen unter sich sowie mit
privaten und behördlichen Institutionen Verbindlichkei-
ten für ihre planerische Tätigkeit aushandeln, die letzt-
lich auch den Handlungsspielraum aller derjenigen an
Planung beruflich interessierten Personen, die nicht oder
noch nicht Mitglieder der Vereinigung sind, einengen.
Es ist klar, daß eine Minorität, die andere Interessen hat,
nicht in der Lage sein.wird, durch Gründung einer Ge-
genvereinigung diesen Spielraum wiederzugewinnen.
Hier versucht ein Klüngel von Privatleuten sich Vorteile
zu verschaffen bzw. zu sichern, indem diese die gesamte
Planertätigkeit entsprechend ihren eigenen Vorstellungen
normieren. Dies ist gleichbedeutend mit einer Verände-
rung der Machtverhältnisse innerhalb der gesamten Grup-
pe der an Planung beruflich Interessierten.
ad (2)
Die ökonomischen Verhältnisse im Kapitalismus erfor-
dern, daß jeder Unternehmer - um nämlich weiterexistie-
ren zu können - einen mindestens ebenso hohen Profit
erzielen muß, wie seine Konkurrenten. Dieser Zwang
wird zum primären Aspekt jeder Produktion, dem alle
anderen Aspekte untergeordnet werden müssen. Nach
ihm bestimmt sich auch Art und Weise der Bedürfnisbe-
friedigung.
In ihrer Blindheit hinsichtlich ihrer Abhängigkeit von der
herrschenden Klasse besorgen die Planer in ihrer Planung
die gedankliche Vorstrukturierung der materiellen Pro-
duktion gemäß diesem ökonomischen Zwang. Sie organi-
sieren damit also in erster Linie die Produktion und Rea-
lisation von Mehrwert.
Auch die - im Monopolkapitalismus sich ausweitende -
Planung der öffentlichen Hand erfolgt im kapitalistischen
Interesse. Der Aufbau der Infrastruktur für kapitalistische
Unternehmen, die Konjunktursteuerung und die jeweils
ARCH+ 3 (1970) H. 9