Full text: ARCH+ : Studienhefte für Planungspraxis und Planungstheorie (1973, Jg. 5, H. 17-20)

1. Anwendungsmöglichkeiten kybernetischer und 
informationstheoretischer Methoden in der 
Planungstheorie. 
Es liegt nahe, einen Planungsprozeß als Regelkreis zu be- 
schreiben: Ein planendes System (Regler) wirkt auf ein be- 
plantes System (Regelstrecke) ein, um ein oder mehrere 
Größen des beplanten Systems (Regelgrößen) zu beeinflus- 
sen. Diese Einwirkungen (Stellgrößen) sind abgeleitet aus 
vorgegebenen Zielsetzungen des planenden Systems (Füh- 
rungsgrößen). Die tatsächlichen Resultate der Einwirkun- 
gen des planenden auf das beplante System werden über 
ein informationelles feed back kontrolliert. Falls erforder- 
lich werden die Stellgrößen entsprechend modifiziert. 
Abbildung 1 
Zielgrößen 
— 
planendes System 
Informationen 
Planungs- 
maßnahmen 
beplantes System 
| er ae 
Dieses Modell läßt sich durch Zerlegung der einzelnen Sy- 
steme in Untersysteme nahezu beliebig verfeinern. Das 
planende System muß die vorgegebenen Zielsetzungen in 
konkrete Handlungspläne umsetzen. Dazu braucht es In- 
formationen über das beplante System. Diese Informationen 
beschafft es sich mittels informationsammelnder Systeme, 
nachdem operative Systeme aus dem Verhältnis von Ziel- 
setzungen und beplantem System konkrete Fragestellungen 
entwickelt haben. Die Ergebnisse dieses Informationssam- 
melns können zu Modifikationen der Zielsetzungen führen. 
Die aus dem Vergleich Zielsetzungen — beplantes System 
gewonnenen Handlungspläne werden in Handlungen umge 
setzt, durch die das planende System auf das beplante 
System einwirkt. Dadurch werden im beplanten System 
Veränderungen hervorgerufen und u.U. in deren Folge 
weitere Veränderungen, die mit den Zielsetzungen in 
Einklang oder in Widerspruch stehen könrien und diese 
auch unberührt lassen. Die Resultate der Eingriffe des 
planenden in das beplante System werden (wieder unter 
Anwendung von bestimmten Strategien des Informations- 
sammelns) von den informationssammelnden Systemen er 
faßt und an das planende System weitergemeldet. Mit 
Hilfe der so gewonnenen Daten, die wiederum auf ihr 
Verhältnis zu den vorgegebenen Zielsetzungen überprüft 
werden, kann das planende System (soweit dies erforder- 
lich ist) seine Handlungspläne verändern, die veränderten 
Handlungspläne erneut zur Anwendung bringen usw. USW 
(Siehe Abbildung 2) Als graphische Darstellung — das sei 
vorweggenommen — vermag dieses Modell durchaus (wie 
andre ähnliche Modelle, von denen es eine ganze Anzahl 
gibt) den gesamten Planungsprozeß überschaubarer zu 
machen und zu verdeutlichen. 
Bleibt man bei diesem Modell, so kann man an ihm leicht 
verdeutlichen, an welchen Stellen welche weiteren der Ky- 
bernetik oder verwandten Gebiete entstammenden Metho- 
den Eingang finden können (ohne weiteren Beweis zu führen, 
möchte ich behaupten, daß dies in vielen Fällen auch der 
tatsächliche Weg der Eingemeindung vieler Methoden in 
die Planungstheorie ist): 
Bei den planenden und geplanten Systemen handelt es 
sich um „Systeme““ — also: Systemtheorie. 
Das planende System entwickelt Handlungspläne, Stra- 
tegien. Also: General theory of action, Theorie der stra: 
tegischen Spiele. 
Ein ganzer Teil der Vermittlungen zwischen den einzel- 
nen Untersystemen besteht im Weitergeben von Infor- 
mationen. Also: Informationstheorie. 
Diese Reihe ließe sich durch immer weiteres Zergliedern 
der 0.a. Modelle fortsetzen. Bevor ich auf den tatsächlichen 
Nutzen eingehe, den diese Methoden für eine Planungstheo- 
rie haben können, soll geklärt werden, aus welchen Grün- 
den sie angewandt werden. 
2. Vor welchen Problemen steht die Planungs- 
theorie? 
Vor allen inhaltlichen Problemen, denen sich die Planungs- 
theorie als relativ junge Wissenschaft gegenübersieht, steht 
für die Planungstheorie, wie sie in der BRD betrieben wird, 
ein gesellschaftliches Problem: daß diese Planungstheorie 
in einem kapitalistischen Land nicht nur entfaltet sondern 
auch angewandt werden soll. Das hat weitreichende Konse- 
quenzen. 
Bekanntlich zeichnet sich das kapitalistische Gesellschafts-
	        

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