Adressatenkreis und Themenbereiche
Für den Adressatenkreis, an den ARCH + sich
wenden will und den Themenbereich, der in ARCH+
behandelt werden soll, haben wir folgende Schwerpunkte
anvisiert: Die Zeitschrift soll sich zum einen an Gruppen
wenden, die im Wohn- und Stadtteilbereich praktisch-
politisch arbeiten, zum anderen an berufstätige und stu-
dierende Architekten und Stadtplaner. Damit grenzen
wir ein Problemfeld ein, das die Praxis beider Gruppen
betrifft, nämlich die Frage nach der Qualität und Funk:
tion der Wohn- und Lebensbedingungen im Bereich der
Reproduktion der Ware Arbeitskraft. Für die angesproche
ne Berufsgruppe Architekten und Stadtplaner sollen in
Zukunft neben diesem Problemfeld, das ihren Arbeits-
gegenstand beinhaltet, verstärkt die Arbeitsbedingungen,
denen sie während des Studiums und im Berufs unter-
worfen sind, behandelt werden.
Reproduktionsbedingungen der lohnabhängigen
Bevölkerung
Im Kampf um die Verbesserung der Qualität der Lebens-
bedingungen im Bereich der Reproduktion der Ware
Arbeitskraft haben sich in den letzten Jahren zuneh-
mend ausgehend von verschiedenen sozialen und ökono-
mischen Konflikten Bürgerinitiativen gebildet: Als auslö-
sende Momente für diese Konflikte sind zu nennen
insbesondere die Kahlschlagsanierungen, der Bau von
Trabantenstädten und die damit verbundene Verschlech-
terung der Wohnbedingungen sowie die Unterversorgung
mit Gesundheits-, Sozial - und Bildungseinrichtungen.
Ein weiteres auslösendes Moment ist die Unfähigkeit der
öffentlichen Verwaltung, in den ständig wachsenden Bal-
lungsgebieten adäquate öffentliche Verkehrsmittel, vor
allem zum Arbeitskräftetransport, zu entwickeln und
zu tragbarem Preis zur Verfügung zu stellen. Die schran-
kenlose Zerstörung der Naturbedingungen der gesell-
schaftlichen Reproduktion, die Vergeudung der natürli-
chen Ressourcen und die unmittelbare Gefährdung
menschlichen Lebens durch die Abfallbeseitigung der
Industrie sind es schließlich, die zum Kampf gegen die
Verseuchung der Umwelt führen. Diese Bereiche gehö-
ren zu denjenigen, mit denen sich Architekten, Stadt-
planer und andere Berufsgruppen (Soziologen, Sozial-
arbeiter, Juristen) planerisch sowie zum Zwecke der
Konfliktvermeidung beruflich auseinanderzusetzen haben.
Die aus den genannten Kontlikten sich entwickelnden
politischen Bewegungen waren entstanden als Folgeer-
scheinung der antiautoritären Studentenbewegung, wer.
den aber zunehmend von den Betroffenen selbst initiiert
und getragen, meist in der Form von Bürgerinitiativen,
an denen darüberhinaus verschiedene Institutionen und
politische Gruppen sich beteiligen. Ist schon der Kreis
der Betroffenen selbst, was Motivation und konkrete Ziel.
setzung betrifft, sehr heterogen zusammengesetzt, so
werden die Interessengegensätze durch sich beteiligen-
de Gruppen noch verstärkt: arbeiten in diesen Bürger-
initiativen die einen im Eigeninteresse und mehr oder
weniger solidarisch mit ihrer Klasse, oder Schicht, sei
es als Arbeiter, Angestellte, Kleinhändler oder Kleinpro-
duzenten, so die andern berufsmäßig, als Sozialarbeiter
oder Juristen im Auftrag des Staates, und die dritten
schließlich in der Absicht, die Betroffenen mit ihrem
fachlichen Wissen (z.B. als Planer) oder mit ihrer organi-
satorischen Erfahrung zu unterstützen.
Die Analyse der Bedingungen, unter denen eine Mitarbeit von
Sozialarbeitern, Soziologen, Juristen oder auch Architekten
stattfindet. und die Untersuchung der Grenzen, die solcher Tätigkeit
durch die jeweiligen institutionellen Rahmenbedingun-
gen und politischen Zielsetzungen ihrer Auftraggeber ge-
setzt sind, soll mit der Darstellung und Zusammenfassung
der Erfahrungen jener Gruppen konfrontiert werden,
die mit konkreter politischer Zielsetzung, aber institutio-
nell unabhängig, im Stadtteil arbeiten. Diese Differenzie-
rung der mitarbeitenden Gruppen und Personen in Bürger-
initiativen ist notwendig, will man zu verallgemeinerbaren
Einschätzungen der Strategieansätze, der Mittel, mit de-
nen diese Strategien durchgesetzt werden, und schließ-
lich auch der Gegenstrategien seitens kommunaler Be-
hörden kommen. Daß der Stellenwert von Bürgerinitiati-
ven im Zusammenhang sozialistischer Politik keineswegs
endgültig bestimmbar ist, sondern im Zuge ihrer Entwick-
lung immer wieder aufs neue problematisiert werden
muß, insbesondere unter Berücksichtigung der Rolle des
Staates, ist hier unterstellt.
Arbeitsbedingungen von Architekten und Stadtplanern
Was den Kreis der Architekten und Stadtplaner betrifft,
so sollen neben ihrem Arbeitsgegenstand auch ihre Ar-
beitsbedingungen in ARCH+ behandelt werden. In der
Berufspraxis sind die Arbeitsbedingungen von Architek-
ten und Stadtplanern von den charakteristischen Auswir-
kungen der Industrialisierung unter kapitalistischen Ver-
hältnissen, welche in der Baubranche erst jetzt forciert
betrieben wird, gekennzeichnet (Konzentration der Be-
triebe, Übergang der Masse der Architekten und Stadtpla-