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ner in das Angestelltenverhältnis, Spezialisierung und da-
mit Verlust des Überblicks und der Möglichkeit der Ein-
flußnahme auf die Gesamtplanung). Sie sind obendrein
gekennzeichnet von den zunehmenden Verwertungs-
schwierigkeiten des Kapitals nach dem Ende der Re;
konstruktionsperiode des bundesrepublikanischen Kapi-
talismus (zunehmende Unsicherheit des Arbeitsplatzes,
zunehmende Auspressung der Arbeitskraft). Konflikte
am Arbeitsplatz, die sich an den Versuchen kapitalisti-
scher Geschäftsleitungen entzünden, mittels Überstunden
ausgeklügelte Prämiensystemen und Rationalisierungen,
die Arbeitsleistung ihrer Angestellten zu steigern und
sie gleichzeitig durch Delegation begrenzter Leitungs-
funktionen an die Interessen des Unternehmens zu bin-
den, fördern bei den lohnabhängigen Architekten zuneh-
mend die Erkenntnis, daß die organisierte Wahrnehmung
ihrer Interessen notwendig wird. Die beginnende gewerk-
schaftliche Organisierung angestellter Architekten und
Stadtplaner in den Gewerkschaften der IG Bau, Steine,
Erden, oder der ÖTV sind Konsequenz der Tat-
sache, daß sich bei Teilen der Angestellten das Bewußt-
sein von der Notwendigkeit solidarischen Handelns unter-
einander und auf der Seite der Arbeiterklasse entwickelt.
Das Fortbestehen kleiner und mittlerer Architekturbüros
neben den kapitalistisch betriebenen Planungsunternehmen
bietet dagegen immer wieder jenen Vorstellungen von
kooperativer Reformtätigkeit Raum, die eine mehr oder
weniger unbewußte Prolongierung des alten Architekten-
selbstverständnisses vom Künstler und Mittler zwischen
Produzent und Nutzer darstellen.
Stellt die Überwindung berufsspezifischer Widerstände
gegen eine gewerkschaftliche Organisierung bei Architek-
ten und Stadtplanern einen ersten und wichtigen Schritt
dar, sich bewußt als Lohnabhängige zu verhalten, so geht
es in der nächsten Zeit vor allem darum, die Erfahrungen
die in der Gewerkschaft bisher gemacht worden sind,
zu verallgemeinern und die Arbeit innerhalb der Gewerk-
schaft zu problematisieren.
Dieser Themenbereich ist gegebenenfalls auf die Arbeits
bedingungen aller derjenigen Gruppen auszuweiten, die
sich neben Architekten und Stadtplanern berufsmäßig
mit den Reproduktionsbedingungen der lohnabhängigen
Bevölkerung befassen, heute schon: Sozialarbeiter und
Soziologen.
Ausbildungsbedingungen von Architekten und
Stadtplanern
Die ökonomischen und sozialen Bedingungen der Lage
von Architekten und Stadtplanern als Lohn-
abhängigen ist als Konsequenz dessen zu begreifen, daß
der Bereich der Produktion und Planung gebauter Um-
welt zunehmend den Bedingungen „intensiver” Kapital-
verwertung unterworfen wird. Ist dies das bewegende Moment
der schon zu beobachtenden Rationalisierung ihres Arbeits-
prozesses, so ist es eine unabdingbare Voraussetzung da-
zu, daß er systematisiert werden kann, d.h. wissenschaft-
lich durchdrungen wird und daß die zu seiner .profitablen
Gestaltung notwendigen Qualifikationen und notwendi-
gen Arbeitsmittel entwickelt sind und angewandt werden
können. In dem Maße, in dem der Prozeß der Produktion
und Planung gebauter Umwelt auf dieser veränderten
Struktur beruht, erhalten auch für den Architekturbereich
Forschung und Lehre als Reflexe des Produktionsprozes-
ses erhöhte Bedeutung.
Die Arbeitsbedingungen während des Studiums sind im
Rahmen jener Tendenzen zu betrachten, die gegenwärtig
die Gesamtentwicklung an den Hochschulen kennzeich-
nen: einerseits Versuche des Staates, direkten Einfluß
auf Ausbildung und Forschung zu nehmen und anderer-
seits sich wandelnde Abwehrreaktionen der Hochschul-
angehörigen — nicht nur der Studenten — gegen diese
Staatseingriffe. Mit dem bundeseinheitlichen Entwurf
zum Hochschulrahmengesetz, den regionalen Referenten-
entwürfen zur Novellierung der bestehenden Universi-
tätsgesetze und mit den flankierenden Maßnahmen be-
züglich der Zulassung zum Hochschulstudium (numerus
clausus) bzw. zum Beruf (Hamburger Erlaß) sind diejeni-
gen Maßnahmen bezeichnet, mit denen der Staat nach
den Ansätzen zu einer demokratischen Hochschulreform
die Phase der Gegenreform vorläufig abzuschließen ver-
sucht. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Hochschu-
le wieder zu einem funktionalen Bereich gesellschaftlicher
Arbeitsteilung zu machen, und zwar mit Hilfe institutio-
neller Festlegungen, die auf langfristige Absicherung der
staatlichen Interventionsmöglichkeiten zielen. Dies jedoch
ohne daß bereits im einzelnen klare Konzeptionen für
die Studieninhalte, Leistungskontrollen, universitäre Mit-
bestimmung etc. vorhanden wären. Die konkrete Durch-
setzung der hochschulpolitischen Maßnahmen des Staates
wird in starkem Maße abhängig von der Situation an den
einzelnen Universitäten und Fachbereichen bleiben und