Full text: ARCH+ : Studienhefte für Planungspraxis und Planungstheorie (1973, Jg. 5, H. 17-20)

der verschiedenen Rollen und Akteure innerhalb des Sys- 
tems und ihre Verbindungen untereinander. 
Zweitens: Das Problem der Veränderung der Institutionen 
und der treibenden Kräfte für Veränderungen muß behandelt 
werden. Die Initiative für Veränderungen wird nicht von 
den mächtigen Gruppen kommen, die vom gegenwärtigen 
System profitieren. Welche Kräfte können Veränderungen 
hervorbringen? Welche Allianzen sind notwendig? 
Als Drittes müssen Alternativen zum gegenwärtigen Woh- 
nungssystem entwickelt und untersucht werden, die den 
Bewohnern und kollektiven Gruppen von Bewohnern grös- 
sere Selbstbestimmung und Unabhängigkeit geben. 
Bisher sind die meisten Begriffe und Verhältnisse noch un- 
klar. Produktionsverhältnisse, Kostenfaktoren und ihre 
Multiplikationseffekte, sowie das Verhältnis zwischen Er- 
stellungskosten und Preisen für die Bewohner muß geklärt 
werden. Von welchen Faktoren werden Bodenpreise, Kapi- 
talkosten, Unterhaltungskosten beeinflußt und wie wirken 
sich diese Kosten, sowie die Steuern und Abschreibungen 
auf die monatlichen Mieten oder Ratenzahlungen der Be- 
wohner aus? 
Seit der Mitte der fünfziger Jahre sind die Wohnungskosten 
steil angestiegen und heute zahlen viele Leute der unte- 
ren Klassen 30 - 40 % und mehr ihres Einkommens für 
unzulängliche Unterkünfte. 
Die Hauptfaktoren für die steigenden Erstellungskosten 
sind Finanzierungs- oder Kapitalkosten und Bodenpreise. 
Grundstücks- und direkte Anliegerkosten für ein FHA-hy- 
pothekenversichertes Haus stiegen von $® 2.477 1960 
auf $ 4.982 1970 (über 100%) 23). Die reinen Bau 
kosten im selben Zeitraum stiegen um 31 %. Kostenspa- 
rende Industrialisierungsmethoden haben wenig Wirkung 
(besonders bei der vorwiegenden Einfamilienhaus-Bau- 
weise in den USA). Die Kaiser Kommission berechnete, daß 
durch technische Verbesserungen, die auf nationaler Ebe- 
ne wirksam durchgeführt würden (einschließlich moder- 
nisierter örtlicher Bauvorschriften und Arbeitskräfteein- 
sparungen) die monatlichen Kosten für die Bewohner nur 
etwa um 10 % reduziert werden könnten. Eine Senkung 
der Hypothekenzinssätze um 1 — 1 1/2% bewirkt auch 
23) HUD Newsletter (s.o.), S. 3 
24) Die Kosten sind inzwischen so hoch, daß der normale 
amerikanische Arbeiter es sich nicht mehr leisten kann, 
eines der durchschnittlichen, suburban Holzhäuser zu 
kaufen. Abgesehen von einigen wenigen hochqualifi- 
zierten Arbeitern ist der durchschnittliche Wochenlohn 
140,— Dollar und das Jahreseinkommen etwa 7.200 Dol- 
lar. 
eine 10prozentige Senkung der monatlichen Kosten für 
Eigenheimbesitzer. Die Wurzeln der steigenden Kapital- 
kosten und Baukosten müssen für Neubauten und für 
sanierte und modernisierte Altbauwohnungen verstanden 
werden. 
Auf welchen Annahmen beruht z.B. eine Wohnungsana- 
lyse des Metropolitan Planning Area Council in Boston, 
die zu den folgenden Ergebnissen kommt: Eine Woh- 
nung kostete 1960: $ 19.000; 1970 $ 28.000 und wird 
1980: $ 36.000 kosten? Welche Einkommen würden not 
wendig sein, um die Mieten zu zahlen 24)? Wem nützen 
diese Zustände? Wer wird am meisten benachteiligt und 
wer muß die Kosten schließlich tragen? Was bedeutet es, 
wenn die Kostenverteilung in einem tradidionellen ame- 
rikanischen $ 22.000 Einfamilienholzhaus wie folgt aus- 
sieht (1965-68): $ 12.000 reine Baukonstruktionskosten 
mit je einem Drittel für Rohbau, technischen Installatio- 
nen und Innenausbau und $ 10.000 für Grundstücks- und 
Kapitalfinanzierungskosten? 
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Der zweite Problemkreis der institutionellen Veränderun- 
gen muß im politischen Zusammenhang der gegenwärtigen 
Machtverhältnisse gesehen werden. Kollektive Zusammen- 
schlüsse in örtliche und nationale Mieterorganisationen, 
Wohlfahrtsempfängerorganisationen und Community 
Development Corporations (Stadtteil- und Basisentwick- 
lungsgesellschaften) gibt es seit Ende der sechziger Jah- 
re und ein zunehmendes Verlangen der Bewohner und 
Mieter nach Kontrolle über den Wohnungsversorgungs- 
prozeß wird laut. Neue Wohnbautechniken werden yer- 
langt, die es ermöglichen würden, mehr Arbeit für die 
gegenwärtigen Arbeitslosen oder Unterbeschäftigten zu 
schaffen und die die Wohnungen gleichzeitig flexibler 
für spätere Veränderungen machen und unterschiedliche 
Grade im Innenausbau zulassen würden, um den Bewoh- 
nern die Möglichkeit zu geben, unterschiedliche Wohn- 
bedürfnisse ihren eigenen Vorstellungen gemäß zu be- 
friedigen. 
Solange jedoch nicht an den Hauptkostenfaktoren, Boden- 
In den USA wird häufig die Daumenregel angewandt, daß eine 
Familie sich ein Haus leisten kann, das den Kaufwert vom 
2 bis 2 1/2 fachen des jährlichen Einkommens hat. Dem- 
nach könnte sich die durchschnittliche Arbeiterfamilie nur 
ein Haus für 14.000 Dollar bis 18.000 Dollar kaufen, das 
entspricht heute etwa dem halben Preis eines durchschnitt- 
lichen Hauses. (Vgl. Boston Globe 27. Febr. 1973) 
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