ARCH+ 7. Jg. (1975) H. 26
Jahrgänge von Altbauten verfügt, besteht also nicht die
Gefahr, daß die Neubauwohnungen alsbald selbst in den
Mietpreisstopp hineinwachsen, ergibt sich keine Rückwir-
kung auf die Neubautätigkeit. Eine Ausnahme bilden ledig-
lich solche Unternehmen, die ihre Neubautätigkeit auf
einen entschuldeten, rentablen Althausbesitz stützen.
Ihnen wird die Refinanzierung der Eigenkapitalinvestition
aus den Einnahmen des Althausbesitzes beschnitten, und
die Möglichkeit, den Althausbesitz hypothekarisch zu be-
lasten. wird eingeschränkt.
Der Mietpreisstopp würde das Angebot auf dem Markt der
billigeren Altbauwohnungen erheblich vergrößern. Soll er
ausschließlich einkommensschwachen Schichten der Be-
völkerung zugute kommen, muß dies durch eine Wohn-
raumzuweisung geregelt werden. Es liegt deshalb im Inter-
6sse der Mieter, statt des Abbaus der Wohnungszwangs-
wirtschaft den Wohnungsmarkt wieder einer schärferen
gesellschaftlichen Kontrolle zu unterwerfen. Ein allgemein
hohes Mietenniveau wie das gegenwärtige bietet allerdings
keine Grundlage für einen Mietpreisstopp. Die Mieten älte-
rer Wohnungen sollten deshalb unter Berücksichtigung von
inflationären Preissteigerungen und steigenden Bewirt-
schaftungskosten auf ihre ursprüngliche Höhe reduziert
werden.
2. Kann eine solche Kontrolle gegenüber den Eigentümern
von Altbauten wirksam durchgesetzt werden?
Die Möglichkeit, eine Zwangsfixierung der Mieten jahre-
lang, ohne daß sich die Eigentümer der Kontrolle entziehen
können, durchzusetzen, liegt in der Besonderheit der Ver-
wertung des Althauses.begründet. Während normalerweise
jede Kontrolle des Marktes, die über Preisfixierungen die
Profite einzuschränken versucht, mit einer Verringerung
des Warenangebots beantwortet werden kann und zu nicht
kontrollierbaren schwarzen Märkten führt, zeigt sich die-
ser Wohnungsteilmarkt gegenüber staatlichen Eingriffen
wenig reaktionsfähig — allerdings unter der Bedingung,
daß Zweckentfremdung von Wohnraum ausgeschlossen ist.
Das im Wohnungsbau angelegte Kapital ist langfristig ge-
bunden. Sollte der Hauseigentümer versuchen, sein Kapital
durch Verkauf rascher flüssig zu machen, so bringt ihm
dieser Schritt keinen Vorteil, denn mit der zwangsweisen
Einfrierung der Miete ist der Preis seines Hauses — und
zwar berechnet als Kapitalisierung der Reinerträge — eben-
falls festgelegt.
3. Der Hauseigentümer kann auf ein Ende des Mietpreis-
stopps hoffen und in seinem Streben nach einem größt-
möglichen Zins zwischenzeitlich versuchen, durch Einspa-
rungen bei Instandhaltungsmaßnahmen etc. seine Rendite
zu erhöhen. Diese gegen das Interesse der Mieter gewen-
dete Methode, den Zins zu maximieren, ist aber nicht eine
spezifische Folge des Mietpreisstopps. Die kapitalistische
Verwertung der Wohnung, die nach höchstmöglicher Ren-
tabilität strebt, treibt diese Erscheinung — auch auf dem
freien Wohnungsmarkt — immer hervor, solange sich Woh-
nungen in schlechtestem Zustand ohne Mietnachlaß ver-
mieten lassen. Dem sollte unabhängig vom Mietpreisstopp
mit einer gesetzlich geregelten, von den betroffenen Mie-
tern organisierten Kontrolle begegnet werden.
ACC
2]
4. Der Mietpreisstopp kann die Verwertung des Mietwohn-
hauses in Frage stellen, wenn die Grundrente stark an-
steigt. Dann werden die erwirtschafteten Erträge unter
Umständen nicht mehr die Verzinsung des Objekts und
die volle Grundrente gewährleisten können. Der Abriß
des Hauses wird erzwungen; es weicht einer rentableren
Anlage. Dieses Phänomen beobachten wir auch unter den
Bedingungen einer freien Mietenentwicklung in inner-
städtischen Gebieten, jedoch kann der Mietpreisstopp
die Zerstörung der Wohngebiete und Nutzungsänderungen
beschleunigen, da die Hauseigentümer keine Möglichkeit
haben, durch Mietanhebung die Ertragslage ihrer Grund-
stücke zu verbessern. Deshalb ist es notwendig, die Ent-
wicklung der Grundrente auf den vom Mietpreisstopp
betroffenen Grundstücken vorbeugend durch eine ent-
sprechende Festlegung der Flächennutzungs- und Bebau-
ungspläne zu steuern. Durch die Ausschaltung anderer _
Flächennutzungen als der Wohnraumnutzung und durch
eine Begrenzung der Bebauungsdichte kann eine Steige-
rung der Grundrente auf den vom Mietpreisstopp betrof-
fenen Grundstücken eingeschränkt werden.
3.4. Wohnungsbau und Kapitalmarkt
1. Die Eigenarten der Verwertung des im Wohnungsbau
investierten Kapitals bedingen einen engen Zusammen-
hang zwischen Wohnungsmarkt und Kapitalmarkt. Dieser
Zusammenhang ergibt sich einerseits aus der Tatsache,
daß die Wohnung selbst zinstragendes Kapital ist, und
andererseits aus dem hohen Anteil von Fremdkapital, das
im Wohnungsbau zur Anwendung kommt und das nur
mit Hilfe des Kreditwesens flüssig gemacht werden kann.
2. Weil das Miethaus regelmäßigen Mieteneingang ermög-
licht, ist seine Existenz einschließlich des Grund und
Bodens, auf dem es steht, die Sicherheit für das Fremd-
kapital. So hat sich das Hypothekenwesen als spezifische
Erweiterung des allgemeinen Kreditwesens herausgebil-
det. Das Angebot an Krediten ist dadurch vergrößert.
Hinsichtlich der Sicherheit, die die einzelnen Hypotheken
erlangen, wird nach ersten und nachstelligen Hypotheken
unterschieden. Die ersten Hypotheken sollen unter allen
Umständen gesichert sein, d.h. auch im Falle einer
Zwangsversteigerung von Objekten Befriedigung erlan-
gen, während die nachstelligen Hypotheken nur bei un-
gestörter Verwertung Befriedigung erwarten können.
Dies begründet auch die höherliegenden Zinssätze im
nachstelligen Raum. Sie sind eine Art Risikoprämie für
das insofern spekulativ angelegte Kapital.
3. Das Kreditwesen ist wie in anderen Branchen so auch
im Wohnungsbau treibende Kraft für periodische, rela-
tive Überproduktion. Relativ ist diese Überproduktion,
weil sie nur in bezug auf die Verwertbarkeit und nicht
bezüglich des konkreten Bedarfs an Wohnungen besteht
Hieraus erklärt sich das Phänomen leerstehender Woh-
nungen.
Diese relative Überproduktion wird gefördert
— allgemein, wie in anderen Branchen, durch die auf der
Grundlage des Kreditwesens vergrößerte Geschwindig-
keit des Kapitalumlaufs. Diese bewirkt, daß in der