Full text: ARCH+ : Studienhefte für Planungspraxis und Planungstheorie (ab H. 28: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen) (1975, Jg. 7, H. 25-28)

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Lübbener 
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SR ANNE N AKTION 
Halfmann/Zillich 
Straße 
TEENS 
Experiment zur Aneignung ei- 
nes Straßenraumes durch sein‘ 
Bewohner. 
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N 
Konzeption: Halfmann/Zillich 
Realisation: Grottendieck, Halfmann, Schaalburg, 
Strauss, A. + E. Wilke, Umlauff, Zillich 
Nachbarschaftstelevision: Geissler, Römer, (Videostudio 
Bethanien) 
Zusammenarbeit mit der Initiativgruppe „Lübbener 
Str. — Spielstraße“‘. 
3.1 Der Ort 
Berlin-Kreuzberg. Ein gewöhnlicher nichtssagender 
Straßenzug. Zeitlos häßlich wie alle Straßen, aus denen 
Geschichte endgültig entfernt ist. 
Das Wesen „Straße*“‘, dieser Inbegriff urbaner Kom- 
munikation und öffentlichen Lebens, hängt nur noch * 
als Ahnung in den Schnörkeln der letzten Stuckreste, 
mit denen es zu verschwinden droht. Hinter den Fassa- 
den die Häuser: Unzumutbare Wohnverhältnisse im 
steinernen, verkommenen, verrotteten Privateigentum. 
Vor den Fassaden die Straße: Ein von seiner Lebensge- 
schichte getrennter „öffentlicher Raum”. 
Die Null-Linie zwischen beiden markieren die Fassa- 
den, ohne das geringste Zugeständnis, geschnitten scharf 
Es fehlen die Balkone, diese winzigen Reservate des Pri- 
vaten im öffentlichen Raum; es fehlen die Loggien, in 
denen der öffentliche Raum sich verliert und unmerk- 
lich zum privaten wird. Der Akt des Fensteröffnens 
vollzieht sich hier schon als öffentlicher. 
3.2 Das Thema 
Das tägliche Leben in dieser Straße ist zugleich Thema 
und Hintergrund des Experiments. Unser Versuch zielt 
darauf, in diesem noch sogenannten „öffentlichen Raum“ 
dort Öffentlichkeit zu provozieren, wo sie längst ver- 
drängt, niedergehalten oder verkümmert ist. Was der In- 
dustrie und dem Handel im öffentlichen Raum gestat- 
tet ist — Darstellung ihrer Interessen mittels Werbung 
größten Stils und attraktiv gestalteter Ladenfronten —, 
sollte den ungleich viel bescheideneren Bedürfnissen 
der betroffenen Bewohner dringend eingeräumt wer- 
den: Raum und Möglichkeiten für individuellen Aus- 
druck, Selbstdarstellung, Kommunikation, ästhetische 
Artikulation. 
Thema sind darüber hinaus auch Raumordnung, Pla- 
nungsrecht und Eigentumsverhältnisse, ohne deren gründ- 
liche Modifizierung mit wesentlich erweiterten Rechten 
für die Allgemeinheit der Bürger nicht dauerhaft an sei- 
ner städtischen Wohnumgebung aktiv zu interessieren sein 
wird. 
3.3 Die Ziele 
Aufspüren vorhandener und verdrängter Bedürfnisse, 
unterstützen von Resten oder Ansätzen von Selbsthilfe. 
Mobilisierung des kreativen Potentials der Betroffenen 
durch Initiierung kommunikativer und gestalterischer 
Prozesse. 
Entwicklung von Gestaltungs- und Handlungsalterna- 
tiven im Rahmen des Machbaren zur unmittelbaren 
Verbesserung im engeren Bereich des Wohmilieus. 
Veranschaulichung alternativer Vorschläge als möglich 
und machbar durch Aktion, Probe, Test: 
- Beweis der Effizienz organisiert gemeinschaft- 
licher Anstrengungen und der Realisierbarkeit; 
Motivierung von skeptischen oder bislang nicht 
interessierten Betroffenen. 
Druckmittel gegenüber den Behörden zur Re- 
spektierung und Förderung solcher Selbsthil- 
feformen. 
Schaffung der Rahmenbedingungen zur Rea-
	        
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