Full text: ARCH+ : Studienhefte für Planungspraxis und Planungstheorie (ab H. 28: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen) (1975, Jg. 7, H. 25-28)

ARCH+ 7. Jg. (1975) H. 26 
Sammelheizung, ausgestattet sind, sind die Gebäude 
selbst gut erhalten. Gerade deshalb wurde dieses Areal 
ausgewählt. Bei der Entkernung müssen obendrein nur 
Gewerbebetriebe umgesetzt werden, es gibt keine Wohn- 
gebäude im Blockinnern. 12) 
Daß Modernisierungen nach StBauFG bisher kaum 
Bedeutung erlangten, liegt nicht nur daran, daß die Ziel- 
setzung und Instrumentarien des Gesetzes vor allem auf 
Flächensanierung ausgerichtet waren. Es liegt vor allem _ 
daran, daß die im Falle der Modernisierung nach Maßgabe 
des StBauFG zulässigen Mieterhöhungen keinen Investi- 
tionsanreiz für private Hauseigentümer boten: Nach der 
Modernisierung darf die Miete um einen „angemessenen” 
Betrag erhöht werden. Als angemessen gelten nach 
$ 32,1 StBauFG 10% der Modernisierungskosten pro Jahr. 
Jedoch sind dabei die Kosten nicht zu berücksichtigen, 
die „das Dreifache der Jahresmieten der modernisierten 
Wohnungen des Gebäudes überschreiten; maßgebend 
sind die Jahresmieten, die bei Beendigung der Moderni- 
sierung zu entrichten sind”. 13) 
An diesem Satz hat sich eine Kontroverse verschiede- 
ner Kommentatoren des Gesetzes ergeben: Bielenberg 
geht von den Jahresmieten vor der Modernisierung aus 
(so auch das Amt für Bodenordnung der Stadt Stuttgart), 
Jonas, vom Planungsstab des Oberbürgermeisters der 
Stadt Darmstadt, von den Jahresmieten nach der Moder- 
nisierung 14), Die erste Interpretation führt zu Mieter- 
höhungen um 30%, die zweite zu Erhöhungen um 43%. 
Die geringere Mieterhöhung würde zu verstärkter Inan- 
spruchnahme der Sanierungsförderungsmittel führen, die 
größere vielfach zu verstärkter Inanspruchnahme des 
Wohngeldes. Die öffentlichen Haushalte werden so auf 
jeden Fall belastet. 
1.1.2 Erschließung und Versorgung neuer Wohngebiete 
sind zu teuer 
Auch die Erstellung neuer Wohngebiete stößt an die Gren- 
zen der Belastbarkeit öffentlicher Haushalte. Die Tabelle 
2 enthält eine ungefähre Aufstellung der Folgekosten, die 
von der öffentlichen Hand für die Erschließung und die 
Versorgung (Wohnfolgeeinrichtungen) von 7 in Planung 
bzw. Ausbau befindlichen neuen Stuttgarter Wohngebieten 
übernommen werden müssen. 
Die Stadt Stuttgart versucht derzeit, sich um einen 
Teil der Folgekosten herumzudrücken. Sie will den Aus- 
bau der Gebiete vorerst nur bis zu dem Punkt betreiben, 
an dem Wohnfolgeeinrichtungen nicht mehr zu vermeiden 
wären: Eine mehr als fragwürdige kommunale Wohnungs- 
politik! Sie wird um so fragwürdiger, als in den 7 Gebie- 
ten — aufgrund der hohen Bau- und Bodenpreise sowie 
des überhöhten Zinsniveaus — nur einige hundert der ca. 
8 000 vorgesehenen Wohnungen als Sozialwohnungen er- 
stellt werden sollen. Das widerspricht nachweisbar den 
Bedürfnissen der großen Mehrheit der Stuttgarter Woh- 
nungssuchenden. 
7 
Tabelle 2 
Belastung öffentlicher Haushalte durch die Erstellung 
neuer Stuttgarter Wohngebiete 
neue Wohngebiete Wohneinh. Einwohner Folgekosten 
(geschätzt) (geschätzt) pro Einwoh- 
ner (DM) D) 
Botnang „Belau-Himmer- 
reich” 935 2.700 7 222,— 
Rohr „Langer Hau” 1 100 3 300 6 455,— 
Weilimdorf „Pfaffen- 
äcker” 2100 6 000 
Cannstatt „Auf der 
Gans” 640 1 900 3.947 ,— 
Hedelfingen „Eheweiblen’” 250 750 4 000,— 
Heumaden „Süd 11” 1 250 3 750 9 707,- 
Hofen „Neugereut ” (Rest- 
ausbau) 2.000 
1) Für Erschließung, allgemeinbildende Schulen etc, und anteilig 
übergeordnete Einrichtungen wie Grünflächen, Friedhöfe, 
Jugendhäuser, Altenheime, Sonder- und Berufsschulen etc.. 
Die genannten Beträge sind Bruttokosten, Die Bauträger über- 
nehmen einen Teil dieser Kosten über: 
— Vorausleistungen für beitragsfähige Erschließungsanlagen; 
— freiwillige Infrastrukturbeiträge, sofern durch den Ausbau 
des Neubaugebiets zusätzliche Wohnfolgeeinrichtungen 
(z.B. Schulen) notwendig werden, Diese Beiträge dienen 
somit unmittelbar der Versorgung der Neubaugebiete, 
führen jedoch zu Kostensteigerungen für die Bauträger, 
die im frei finanzierten Wohnungsbau voraussichtlich auf 
die Mieten überwälzt werden, 
Quelle: Stadtplanungsamt der Stadt Stuttgart. 
Andererseits ist — seit die Gemeindefinanzreform den 
kommunalen Haushalten einen 14%igen Anteil an der 
Einkommenssteuer zubilligt — für alle.Gemeinden der 
Verbleib auch niederer und mittlerer Einkommensschich- 
ten in Wohngebieten innerhalb;der Gemeindegrenzen 
von großer finanzieller Bedeutung, größer noch als die 
Neuansiedlung von Arbeitsplätzen. 15) 
Ist Neubau zur Sicherung eines bedürfnisgerechten 
Wohnungsangebots bzw. zur Stabilisierung der Einwoh- 
nerzahl nicht mehr möglich, so erscheint Modernisierung 
des vorhandenen Wohnungsbestands aus mehreren Grün- 
den als (kostengünstige) Alternative: 
— Die Bestandsgebiete verfügen bereits über die wich- 
tigsten Wohnfolgeeinrichtungen, die allerdings bei 
einer vollständigen Rehabilitierung der Gebiete in der 
Regel verbessert und ausgebaut werden müßten. 16) 
Vor allem die innenstadtnahen Bestandsgebiete ver- 
fügen meist über Anschlüsse an den öffentlichen Nah- 
verkehr, während für die neuen Wohngebiete in der 
Regel kein Anschluß vorgesehen ist bzw. nur unter 
enormen Kosten hergestellt werden kann. 
1.2 Modernisierung als Instrument zur Steuerung der 
Wanderungsbewegungen 
1.2.1 Ghettobildungen schaffen sozialpolitische Probleme 
Am 30.6.74 waren 99 466 von 618 244 Stuttgarter Ein-
	        
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