ARCH+ 7. Jg. (1975) H. 26
Die Abwanderung der Wohnbevökerung aus Innenstadt
und gesamter Kernstadt liegt offensichtlich darin begründet,
daß sich die dortigen Wohnverhältnisse ständig verschlech-
tern, obwohl die Mieten weiter steigen. Die Bewohner zie-
hen meist nicht freiwillig ab. Anders ist die Tatsache nicht zu
erklären, daß viele versuchen, Ersatzwohnraum möglichst
nahe der Innenstadt bzw. nahe der Kernstadt zu fin-
den.
Modernisierung des mangelhaften Wohnungsbestandes
und Rehabilitierung benachteiligter Wohngebiete muß von
daher als Möglichkeit erscheinen, den bedrohlichen Ab-
wanderungstrend zu stoppen und auf diese Weise einen
Beitrag zur Stabilisierung der kommunalen Finanzen zu
leisten.
Ur
1.3 Modernisierung als Instrument zur Konjunktur-
steuerung
Aufgrund ihrer hohen Ausstrahlungseffekte auf die Ge-
samtwirtschaft liegt in der Stimulanz der Bauinvestitionen
ein wichtiges Mittel staatlicher Konjunktursteuerung.
Sanierungsprogramme nach Maßgabe des StBauFG sind
für diese Steuerung nur bedingt einsetzbar. Die Anwen-
dung des StBauFG führt zu langwierigen Verfahren und
hohen („unrentierlichen””) Kosten für die öffentlichen
Haushalte. Jeweils kurzfristig angelegte Modernierungs-
programme könnten eine Alternative sein, wenn auch
nur in beschränktem Rahmen: Modernisierung betrifft
in erster Linie nur das Ausbau- und Bauhilfsgewerbe.
Dessen konjunkturelle Ausstrahlungsrkaft auf andere
Wirtschaftszweige ist gering, eine wirksame Konjunktur-
belebung kann von dort nicht ausgehen. So sind Moder-
nisierungsprogramme vorwiegend ein Beitrag zur Mittel-
standspolitik für das örtliche Bauhandwerk und sind von
daher auch nur schwierig zur Behebung anhaltender
Strukturschwächen der gesamten Bauwirtschaft einzu-
setzen. 28)
Voraussetzung für den kurzfristigen Einsatz von Moder-
nisierungsprogrammen zur Konjunktursteuerung wäre
mindestens, daß die Modernisierung von Wohnungen auch
ohne Zustimmung der Mieter durchgeführt werden kann,
daß Schubladenprogramme ausgearbeitet werden und je
nach Konjunkturlage schnell durchgeführt werden kön-
nen. Folgerichtig werden im Referentenentwurf zum
Modernisierungsgesetz die Einspruchsmöglichkeiten der
Mieter weitgehend beschnitten 29).
1.4 Modernisierung als Instrument zur Sicherung
langfristiger Vermietbarkeit
Solange Privatbesitz an Grund und Boden besteht, sind
es letztlich die Haus- und Grundeigentümer, die über Er-
folg oder Mißerfolg staatlicher Wohnungspolitik entschei-
den. Wohnungspolitische Maßnahmen der Gemeinden,
der Länder und des Bundes können in der Regel nur
Stimulanzen zur Förderung privater Investitionen sein —
sowohl hinsichtlich des Wohnungsneubaus als auch hin-
sichtlich der Erhaltung und Modernisierung vorhandener
Wohnungen. Private Investitionen für den Mietwohnungs-
bau zielen auf die Verzinsung des vorgeschossenen Kapitals
für Grundstück und Gebäude durch entsprechende Miet-
einnahmen, private/‘Investition für die'Modernisierung,
Mietwol jel GudiesSicl deranz-
rung'der: Verzinsung'desieingesetzten Kapitals.
In einem von Mrosek entwickelten Fragebogen wurden
die Bestimmungsgründe der Hauseigentümer für durchge-
führte und/oder geplante Instandsetzungs- und Moder-
nisierungsmaßnahmen untersucht 30). Auskunft gaben
rund 3 000 private Hauseigentümer sowie 50 gemein-
nützige Wohnungsunternehmen und 48 Unternehmen der
öffentlichen Hand in Nordrhein-Westfalen. Im folgenden
sind die vorgegebenen Bestimmungsgründe mit der Häu-
figkeit ihrer Nennung durch Eigentümer von Mehrfami-
lienhäusern angegeben (Mehrfachnennungen waren mög:
lich).
Tabelle 3
Häufigkeit der von Hauseigentümern genannten Bestim-
mungsgründe für durchgeführte und/oder geplante
Instandsetzungen/Modernisierungen an Altbauten
Bestimmungsgründe
Nennungen in %
private gemeinn. öffentl.
Hausbes. Wohn.bau Hand
1. Sicherstellung einer längerfri-
stigen (nachhaltigen) Vermiet:
barkeit der Wohnung
2. Gestiegene Wohnansprüche und
verschärfter Wettbewerb auf dem
Wohnungsmarkt (bedingt durch
Rückgang des Wohnungsman-
gels)
Erhöhte Mieteinnahmen (z.B.
aufgrund der Mietfreigabe für
Altbauten in den „weißen
Kreisen”)
Gewährung zinsverbilligter
öffentlicher Darlehen oder Zu-
schüsse für Instandsetzungen
und Modernisierungen 14 24,0 4,7
Werterhaltung des Gebäudes,
Erhaltung der Bausubstanz 83 71,0 93,0
6. Ausnutzung der „Flaute” in
der Bauwirtschaft (günstige
Angebote etc.) 3 4,3 2,3
Quelle: Mrosek, Helmut: Die sozialökonomische Bedeutung. der
Instandhaltung und Modernisierung unter besonderer Berück-
sichtigung der Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen, Hannover
1972.
Sicherstellung der langfristigen. Vermietbarkeit.ist.nur-.
möglich bei Werterhaltung der Bausubstanz. Bestim:....
mungsgrund 1 und 5 hängen also ursächlich miteinander.
zusammen. Beide sind die am häufigsten genannten
Gründe. Vorausgesetzt, die Hauseigentümer haben die
tatsächlichen Motive für Instandsetzungs- und Moderni-
sierungsmaßnahmen genannt, spielt demnach die Siche-
rung der langfristigen Vermietbarkeit die zentrale Rolle.