tion einer architektonischen “Sprache” kri-
tisiert. Demgegenüber hat er ein analytisches
Modell vorgeschlagen, das auf der Identifika-
tion von Reihen konstanter Typologien ba-
siert. In unseren Augen ist dieses Modell von
großem Interesse. Siehe Emilio Garroni,
Progetto di Semiotica (Bari:
Laterza, 1972), S. 95.
11) Wir sollten Aldo Rossi als Architekten sehen
und betonen, das seine theoretischen Arbei-
ten im strengen Sinne ‘Poetiken”‘ sind. Es
ist vielleicht nutzlos, seine literarischen Ar-
beiten herauszufordern: sie haben für uns le-
diglich den Nutzen, die geistige Autobiogra-
phie zu erläutern, die er in seine formalen
Kompositionen hineingelegt. Die Bibliogra-
phie Rossis leidet in allen Bereichen an Vor-
eingenommenheit, deshalb sollten hier nur
drei Texte über ihn erwähnt sein: Ezio Bon-
fanti, ““Elementi e costruzione; note sull‘
architettura di Aldo Rossi‘, in Contro-
spazio 11, Heft 10, 1970, S. 19 - 42;
Massimo Scolari, ‘‘Avanguardia e Nuova Ar-
chitettura‘, in Architettura Razi-
onale: XV Triennale di Milano, Sezione
Internationale di Architettura, Franco Ange-
li (Milan, 1973), S. 153 - 87; Einleitung von
Martin Steinman, “Architektur”, Aldo
Rossi, Bauten, Projekte, Ausstel-
lungskatalog, Zürich Nov/Dez 1973.
‘Das Spiel der Widersprüche bei gleichzeiti-
gem Einbehalten von Bedeutungen gegenü-
ber dem Netz alltäglicher Kommunikations-
beziehungen macht die Objekte, auf die wir
uns beziehen, zu mehr, als lediglich zu einem
normalen Expedient: Es ist ein Expedient
par excellance, das Ritual — die Epiphanie
als Sublimation — das mit seinen detaillier-
ten und evokativen Vorbereitungen das
Ziel wunderbar heilt. Sublimation par-ex-
cellence, wie ein Spiel sich im anderen ver-
birgt, jedes das das in. ihm Verborgene
sichtbar werden läßt; das gemalte Bild bleibt
jedoch bei sich, als Kontrapunkt zu der Kri-
se zwischen Substanz und Erscheinung, auch
als Alternative ... . Wird der Bezug zwi-
schen der Realtität und den Objekten ge-
brochen, beginnt das Spiel: Vertrauen in
Aktion, in Wissen, in die Analyse wird zu
einem Gegenstand, der als weitaus objekti-
ver erscheint, als die Objekte, auf die Akti-
on, Wissen und Analyse gerichtet sind, eine
Wahrheit, die wahrer ist als alles, was in Er-
scheinung, oder zueinander in Beziehung
tritt — ein Ding in sich selbst.”
Paolo Fossanti, La pittura a program-
ma. De Chirico metafisico
(Padua: Ed. Marzillo, 1973), S. 24.
13) Wir beziehen uns hier natürlich auf den be-
kannten Abschnitt von Walter Benjamins ge-
schichtsphilosophischen Thesen, 1940, der
von Frampton als Überschrift zu seinem Es-
say in Opposition 1,1973 verwandt
wurde. Dennoch ist Klee’s Thema des ‘“An-
gelus Novus”’ innerhalb der gesamten Werke
Benjamins gegenwärtig: ‘der Durchschnitts-
europäer hat sein Leben mit der Technik
Nicht zu vereinen vermocht, weil er am Fe-
tisch schöpferischen Daseins festhielt. Man
muß schon Loos im Kampf mit dem Dra-
chen ‘’Ornament’ verfolgt, muß das stellbare
Esperanto Scheerbartscher Geschöpfe ver-
nommen oder Klees ‘Neuen Engel’, welcher
die Menschen lieber befreite, indem er ihnen
nähme, als beglückte, indem er ihnen gäbe, 16)
gesichtet haben, um eine Humanität zu fas-
sen, die sich an der Zerstörung bewährt . . .
Als ein Geschöpf aus Kind und Menschen-
fresser steht sein Bezwinger vor ihm: kein
neuer Mensch; ein Unmensch; ein neuer
Engel.” Walter Benjamin, Karl Kraus, “in
Frankfurter Zeitung” (10, 14, 17
und 18, März 1931), nachgedruckt in Schrif-
ten II (Frankfurt: Suhrkamp Verlag, 1955), 17)
S. 155 - 95.
Es kann tatsächlich bemerkenswerte politi-
sche Ergebnisse haben, wie in der Muggio 18)
City Hall (197), wo ein “magischer” Durch-
bruch eines Kegelstumpfes den Trägerrost
zerteilt. Dieser Entwurf macht uns vielleicht
verständlich, was Rossi mit “analoger Stadt”
nm
14)
meint: eine Art “magischer Realismus”, der
auf konzeptuelle Erfahrung, angefüllt mit
wiederkehrenden Erinnerungen basiert: ‘Wir
können Bezugselemente der bestehenden
Stadt nutzen, indem wir sie auf einer großen,
ebenen Fläche anordnen, und der Architek-
tur so ermöglichen, langsam an neuen Ereig-
nissen teilzuhaben.”
Siehe Aldo Rossi, ‘La Triennale modello
Starace”, in “Parametro, Nr. 21 - 22,
1973, gewidmet der XV Triennale von Mai-
and (Starace war ein bedeutender faschisti-
scher Helfershelfer). Siehe auch Glauco
Gresleri, ‘Alla XV Triennale die Milano”,
inParametro,21 - 22, 1973, S. 6; Gio-
vanni Klaus Konig, Briefan Architet-
tura: Cronache estoria, XIX,
Nr. 8, 1973, S. 456 - 457; Joseph Rykwert,
“15 Triennale’”, in Dom us, Nr. 530,
1974, S. 1 - 15; dieser Artikel steht für ähn-
liche Kritiken, mit denen wir nicht überein-
stimmen. Die IX. Triennale ist von wesent-
lich konkreteren Positionen aus angreifbar,
als die oben genannte. Keiner hat bisher an-
gemerkt, soweit wir es überblicken können,
wie objektiv “reaktionär’’ die Stadtplanungs-
projekte für Rom und Venedig waren, die
offensichtlich von nichtakademischen Archi-
tekten vorgelegt wurden.
Dennoch, die Triennale zu attackieren, Ros-
si zu verletzen, scheint uns überzogen, ob-
wohl wir das gleiche nicht mehr in Bezug
auf seine Schule sagen können. Die Profes-
sion des Historikers hat wenig zu tun mit 21)
der des Sportfans. Es ist einige Zeit her, seit-
dem wir uns über Gerippe im Schrank auf-
regten oder über jemanden zu parteiisch her- 22)
gezogen sind; selbst wenn sich Rykwert mit
einer Oberflächlichkeit, wie sie sie seine For-
schungen über Adam’s Paradies nicht aus-
drücken, eines doppelten philologischen Irr-
tums schuldig macht, indem er uns Vorstel-
lungen und Vorlieben unterstellt, die wir nie
geäußert haben. (Aber warum soll: man ver-
suchen, Tafuri durch einen Text von Scola-
ri zu verstehen?). Aber der Punkt ist ein an-
derer! Wenn Faschismus als Weihe der
“skandalösen‘“ Autonomie der Kunst ange-
sehen wird, dann sollte man den Mut haben,
mit dem zweideutigen und verhärteten Urteil
zu brechen, das direkten Einfluß hat auf das
Schicksal der modernen Bewegung. Den-
noch haben wir uns einmal auf dieses Dis- 23)
kussionsniveau eingelassen, dann sollten wir
uns erinnern, daß Gropius es war, der Goeb-
bels zu überzeugen versuchte, daß nur die
moderne Architektur die Überlegenheit der
germanischen Rasse sichern könnte. Und
warum hat niemand beargwöhnt, daß die be-
merkenswerten Geometrien Rossis ‘nach
Starace” erklärt werden können? Können
dann die konstruktivistischen Bauten der
Kennedy-Ära von Kallman und Roche noch
als Symbol amerikanischer Demokratie und
ihrer Kolonisation in Vietnam angesehen
werden? Nur dann, wenn man einen derart
kindlichen Parrallelismus ablehnt, ist es
möglich, Geschichte zu erklären. Wir werden
Rossi sicherlich nicht davon abhalten, Archi-
tektur zu lehren, aber nicht aus Angst vor
historischer oder konformistischer Läste-
rung, sondern um ihm zu helfen, in seinem
faszinierenden, aber überflüssigen Schweigen
noch kohärenter zu werden.
Vgl. Gyorgy Lukacs, Georg Simmel (1918)
nachgedruckt in Buch des Dankes
an Georg Simmel (Berlin, 1958), 24)
S. 173.
Siehe auch Massimo Cacciari, Metropo-
is: Saggisullagrande citta 25)
di Sombart, Endell, Scheffler
e Simmel (Rom: Officina, 1973),
Ss. 66 - 68.
Karl Kraus, In questa grande epo-
ca (Vienna: 1914); vgl. Walter Benjamin,
Karl Kraus, S. 103 -104.
Vgl. Adolf Loos, “Architektur”, (1910 Kon-
ferenzverlage), in Trotzdem (Innsbruck:
1931), nachgedruckt in Sämtliche
Schriften, Adolf Loos (Venedig
und München: Herold Verlag, 1962) Bd. I. 26)
S. 302. Loos steht keineswegs isoliert: durch
bestimmte Aspekte ist er verbunden mit der
Lehre von Theodor Fischer und dem Ele-
mentarismus seiner Schüler, stärker aber
noch mit dem Purismus von Heinrich Tesse-
now. Heinrich Tessenow, Hausbau und
dergleichen (Berlin 1916). Dennoch
ist die Position eines Künstlers wie Georg
Muche innerhalb des Weimarer Bauhauses:
der von Loos sehr nahe: siehe Georg Muche,
“Memorandum vom 8.2.1922 an das Kolle-
gium der Professoren des Bauhauses”, ”’Bil-
dende Kunst und Industrieform’”, in Bau -
haus Bd. 1 Nr. 1, 1926, S. 5-6.
Siehe auch Marcel Franciscono, Walter
Gropius and the Creation of
the Bauhaus in Weimar (Univer-
sity of Illinois Press, 1971). Zu Studien über
die Beziehungen zwischen Loos, Karl Kraus
und Wittgenstein, siehe Basil Blackwell,
Lettersfrom Ludwig Wittgen-
stein (Oxford: 1967).
Wassily Kandinsky, DerGelbe Klang
(1909), in dem Almanach Der Blaue
Reiter (München: Piper Verlag, 1912),
nachgedruckt in Kritische Ausgabe von
Klaus Lankheit (München: Piper Verlag,
1965).
Eine Einheit derart disparater Forschungsar-
beiten kann lediglich Ergebnis von Bequem-
lichkeit sein. Anstelle einer Tendenz bilden
sie ein zweideutiges Arbeitsfeld und auch
Arbeitsklima.
Francesco Dal Co, ‘““L’Architettura coma
forma sospesa,”’ veröffentlichtin Contro-
spazio:.
C.f. Bruno Zevi, ‘’Manieristi fra le macerie,”
in L‘ Espresso, Nr. 15, 1973. Bezüg-
lich der Arbeiten der Gruppe “Five” siehe
auch die Essays von Colin Rowe und Kenneth
Frampton, Five Architects (New
York, George Wittenborn, Inc. 1972); Ma-
rio Gandelsonas, ‘On reading architecture”,
in Progressive Architecture,
Nr. 3, 1972, S. 68 - 87; Robert Stern,
“Stompin”‘ at the Savoye“‘; Jaquelin Robert-
son, ‘Machines in the Garden‘; Charles Moo-
re, ‘In similar states of undress‘‘; Alan
Greenberg, “The Lurking American Legacy“;
Romaldo Giurgola, ‘The Discret Charm of
the Bougeoisie”, in Architectural
Forum, Heft 138, Nr. 4, 1973, S. 46.
Gandelsonas, ‘On reading architecture”,
S. 78 - 79. Wir wollen festhalten, daß die
Bemerkungen Argans über die Arbeit von
Louis Kahn wahrscheinlich zutreffender
sind für die der “Five”. ““Die inhaltsträchtig-
sten, aktuellen Strömungen, die sich heute
der Krise bewußt sind, haben sich einer kriti-
schen, wissenschaftlich methodischen Analy-
se der strukturellen Komponenten des künst-
lerischen Phänomens zugewandt: Sie versu-
chen nachzuweisen, inwieweit Kunst auch
heute noch phänomenalisierbar ist, indem sie
ihren Gegenstand kritisch danach befragen,
warum eine Oberfläche eine Oberfläche ist,
ein Volumen ein Volumen, ein Gebäude ein
Gebäude, ein Bild ein Bild. Auf diese Weise
stellen sie fest, daß Kunst nicht aus ihrer
Stellung oder ihrer Position heraus bestimm-
bar ist; aus der Rolle der Kunst innerhalb
des Systems versuchen sie sie als ein geschlos-
senes System zu definieren, als eine autono-
me Struktur.’ Guilio Carlo Argan, ‘I due
stadi della critica‘, Ulisse: Doveva
l‘arte, Heft XII, Nr. 76, Nov. 1973.
Vgl. Walter Segal, ‘The New Purist School
of Architecture”, in Architectural
Design, Heft XLII, Nr. 6, 1972.
Wir beziehen uns hier auf den Artikel ‘““Nuo-
va Architettura”, (speziell auf die Artikel N
und A) in Nino Dardi, II gioco sapi-
ente (Padua: Marsilio, 1971) und auf den
Artikel ‘,Nuova Tendenza’’ von Massimo Sco-
lari, ebenso ‘“Avanguardia e nuova architet-
turea”’, ibid. Ist es das Ziel,eine Kontinuität
zu den abstrakten Bewegungen der 20er und
30er Jahre herzustellen, sollte man auch den
Mut besitzen, von dem Ziel einer Wiederbe-
lebung oder einem Überleben zu sprechen.
Val. Manfredo Tafuri. Teoriestoria
IF