zustellen sind.
Diese Grenze ist keine der Fähigkeiten,
sondern der Sache — des Gebäudedesigns.
Die Herstellung typisierter Hausindividuen
(Ungers) stiftet keinen städtischen Zusam-
menhang, wo er nicht schon da ist. Die
Aufnahme von Richtungsverweisen (Him-
mels-, Ortsrichtungen, Funktionsbeziehun-
gen) in die Struktur des Gebäudes bleibt
abstrakt: die funktionalen Direktiven, an
denen sich heutige Menschen orientieren,
sind informell und ungleich komplizierter.
Die Herstellung von Blickachsen und zu
Piazzen ausgeweiteten Gebäudenischen
stellt Szenen her, deren Akteure längst
gestorben sind, bewirkt aber gerade das
nıcht, was zu bewirken es verspricht: ak-
tuelle Erfahrung, Beziehungsbildung (eher
das Gegenteil: die Blickachse, die nirgend-
wo hinfürht; denn wo könnten, nachdem
nicht nur Götter und Tempel, sondern
auch alle vaterländischen Monumente tot
und hinüber sind, Blickachsen hinführen? —
die ganze Figur ist, seit Geraden ins Nichts
führen, historisch aufgehoben, nutzlos, die
Wege sind geändert). Das Design bleibt am
jeweiligen Objekt haften, es expandiert
nicht zu städtischen Beziehungen, sozialen
Lebensverhältnissen, historischen Fluchten.
das nur ästhetisch geplante Objekt bleibt
tot, neben den Lebensverhältnissen, um
deren Verlauf der Architekt sich ja bei der
Planung seines individuellen Stadthauses
auch einen Dreck gekümmert hat.
Im Design der Stadtreparatur verküm-
mert die Stadtgestalt zur isolierten Objekt-
funktion. Nun scheint das zwar staatlich
einholbar, als könnte die Verwaltung,
wenn sie schon nicht mehr die Masse der
Einzelobjekte finanzieren kann, doch, wie
einst James Hobrecht, den städtebaulichen
Zusammenhang nehmen? Beauftragt man
eine Planungsgruppe mit der Systematisie-
rung des Geländes, schreibt einen Wettbe-
werb aus oder veranstaltet ein Entwurfs-
seminar — es wiederholt sich, in vergrößer-
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Neuplanung von O.-M. Ungers: Stadt-Öffentlichkeit statt neuer Wohnqualitäten? Statt Öffentlich-
keit: Kaschierung von ‚„‚Funktionsbauten”” — zu wessen Nutzen? — vor wessen Blicken?
(aus der Vorlage des Berliner Senats für das Abgeordnetenhaus, 6.6.78)
Neuplanung des heute total zerklüfteten Prager
Platzes von R. Krier: preußisches Gardemaß?
tem Maßstab unweigerlich die Willkür des
Objektdesigns: sinnlose Platzfolgen und
Rondells, dekorative Parks, wo gerade
nichts besseres hinpaßt, barocke Blickach-
sen und Straßensterne ohne Ausgangs-
und Zielpunkt, nur mal so. Aber das ist
nicht einmal ernst gemeint: ernst ist nur
die Absicht, den derart situierten (das we-
nigstens) Häuserblock zu bauen. Für die
Verteilungsweise — Achsialität, Symme-
trie und minimale Abweichung — gibt es
prinzipiell keinen Grund. Die Verhältnis-
se, die sich in barocken Stadtfiguren aus-
drückten, sind untergegangen; das Bürger-
tum als Träger wenigstens noch einer per-
spektivisch-visuellen Stadtbildordnung
ist abgetreten. Von der mythischen Sub-
stanz, die in den Richtungsbeziehungen
archaischer Städte wirksam war, braucht
man da gar nicht erst zu reden. Es gibt
heute keinerlei Form, die Anschaulich-
keit gesellschaftlichen Bewußtseins, kol-
lektiver Bedürfnisse sein könnte. Jede
nachgemachte Ornamentik gerät unfehl-
bar zum Desaster, was im Falle des Städte-
baus kein Geschmacksurteil ist, sondern
eine Frage der Erfahrungsbedingungen
derer, die das Gebaute bewohnen sollen.
Die Planungstätigkeit des Staates kann
sich ästhetisch eben von der Sache her
nicht ausdrücken. Der Flächennutzungs-
plan enthält den Verbrauch emblema-
tisch lesbarer, anschaulicher Stadtgrund-
risse als Vorgeschichte in sich. Dieselbe
Abstraktheit, die nach dem Krieg die
Abräumung der Ruinen als Vorleistung
für eine rationale Flächenplanung verste-
hen ließ, steckt auch in allen positiven
Lokalisierungen der als notwendig geplan-
ten funktionellen Einrichtungen — dies
ist kein zufälliger historischer Tatbestand
(weil alle historischen Anhaltspunkte und
Formen abgeräumt wurden, bleibt an die-
sem Ort nur noch willkürliche Neuorgani-
sation), sondern ein sachliches Verhältnis,
ein historischer Bedingungszusammen-
hang. Jegliche Lokalisierung, die über ab-
strakte funktionale Erwägungen, wie sie
der Stadtplanung der 50er und 60er Jahre
weitgehend zugrundelag, hinausgeht, ist
von daher eine vom Planungsansatz zu er-
bringender kommunaler Leistungen abge-
hobene ästhetische Willkür, Ornament.
Das Großornament des Märkischen Vier-
tels hat sich als solches schon erwiesen in
dem ungeheuren Widerspruch zwischen der
Leichtigkeit, mit der dieses Ornament eines
nachts auf das Papier gezeichnet worden ist,
und der Masse von Wohnungen, Wegdistan-
zen, Flächengrößen, Betonmassen, im End-
effekt vor allem auch Menschen, Lebens-
zeit, Beziehungsbedürftigkeit, die faktisch
dadurch organisiert wurde. Das Ergebnis
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