keit war Thema, sondern der ‘freiwillige’
Gestaltungsverzicht von Künstlerarchitek-
ten auf dem Weg zu neuen Tätigkeitsfel-
dern, Künstler-Architekten, den diese als
Anpassungsleistung auf dem Weg zu neuen
Tätigkeitsfeldern zu erbringen gezwungen
sind. Doch nicht einmal die Behandlung
gines derart reduzierten Themenbereichs
mochte so recht gelingen: statt exempla-
rischer Berichte und heißer Fragen wurde
ein Jauwarmes Potpourri von Projektbe-
richten geboten, mit dem altvertrauten
Loblied auf’s eigene Häuschen im Grünen
als Beigabe: Allen voran der Eigenbau-
Veteran Walter Segal (London) (“Jeder
kann entwerfen”), der über den Mangel an
konzeptionellen Überlegungen zur Verall-
gemeinerung seines Modells immerhin mit
Bildern einer bestechend einfachen,
schlicht schönen (und dabei billigen) Ar-
chitektur aus der Baustoff-Großhandlung
hinwegtröstete und die Grenzen seines An-
satzes auch nicht ansprüchlich zu kaschie-
ren versuchte. Geschickt am Rand kriti-
scher Fragen entlang bewegten sich dage-
gen die Architekten Günther Domenig und
Eilfried Huth (Graz), die in routinierter
Selbstdarstellung eine Reihenhaus-Siedlung
vorstellten, die nach anfänglicher Bauher-
ren-Schulung von der Grundriß- bis zur
Farb-und Fassadengestaltung von den „Kli-
enten” selbst entworfen sein sollte. Unter
großem Einsatz und (unbezahltem) Zeitauf-
wand wurden durch die Architekten dazu
Beratungsgespräche und Gruppendiskussio-
nen organisiert, durch die intensive Kontak-
te zwischen den Bewohnern geknüpft wer-
den konnten, zumal ein aus Baustoffresten
und -proben phantasievoll zusammengestük-
“Modell Deutschlandsberg’‘, Domenig/Huth
keltes Gemeinschaftshaus den Treffen sym- Rückkehr zum „kleinen Maß system” und
bolträchtig Raum gab. Anstatt hier jedoch die Partizipationstendenzen als Ausdruck
weiter über Erfahrungen und Perspektiven eines Aufbegehrens gegen die bislang zu-
zu berichten, wurde der Vortrag rasch wie- mindest noch fortschreitende Verregelung
der auf die vorgezeichnete Bahn ästhetischer individuellen und gesellschaftlichen Lebens
Fragestellungen zurückgeführt: ausgiebig interpretierte. Indem er mit eindrucksvol-
wurden einige gekrümmte Wände als Indiz len Lichtbildern holländischer Riesensied-
für gelungene Nutzer-Selbstbestimmung lungen die Alpträume der späten 60er Jah-
strapaziert — Huth: „Wenn sie bedenken, re wieder in Erinnerung rief und die neuen,
daß wir in einer genormten Welt leben, je- anheimelnden Kleinarchitekturen als sicht-
de Jalousie, jedes Fenster genormt, dann bare, doch noch hilflose Reaktion darauf
ist unter diesem Aspekt die krumme Wand beschrieb, teilte sich eine Betroffenheit
das einzige, womit sich der Bewohner mit, die Anstoß zu fruchtbaren Diskussio-
identifizieren kann‘ — und die anwesen- nen hätte geben können, doch fand der
den Architekten waren’s zufrieden, bis auf erste Tag durch die ins Foyer drängeln-
wenige, leise murrende Ausnahmen. Nach den Tagungs-Voyeure ein vorschnelles
dieser alerten Show, in der mitunter arti- Ende.
stisch mit den Formeln der gängigen Archi- Weniger noch als dieser erste Tag bot
tektur-Kritik agiert und Architekten-Archi- der folgende Ansatzpunkte einer kritischen
tektur als Marke Eigenbau vorgestellt wur- Auseinandersetzung: Außer dem eigentlich
de, bot der etwas konfuse und anfangs fast für den Vortag vorgesehenen Vortrag des
unverständliche Vortrag von R. Tuth & Co. ruppigen Architekten Christjan Hunziker
(München) zunächst wieder einen Licht- (Straßburg), an dessen Werkbericht die
blick, solange über die Versuche berichtet Folgen unreflektierter Verkürzung von
wurde, aus Wohngemeinschafts-Erfahrun- „Mitbestimmung” am deutlichsten wurden,
gen räumliche Anforderungen für eine waren die übrigen Referate der Freiraum-
Haus(eigentümer)gemeinschaft abzuleiten gestaltung gewidmet und getragen von
und über die gemeinsame Aufschlüsselung dem Bemühen, noch in den Betonwüsten
privater Aufzeichnungen („Drehbücher”’) Reste unverplanter Natur zu entdecken
den lebensgeschichtlich verzerrten und un- und Oasen naturwüchsiger Vegetation zu
terdrückten Wohnwünschen auf die Spur schaffen. In einem „ökologischen Kabarett”
zu kommen. Auch wenn dies Unterneh- bot Louis de Roy (Heerenveen) dem ver-
men im Vorfeld des Bauens als Lernprozeß zückten Publikum mit Dias wildwuchern-
ambitiös gewesen und gelungen sein mag, der Flora eine One-man-light-show, in der
so scheint doch die räumliche Umsetzung ein. romantisierendes Naturverständnis
und das Bauen selbst als gemeinsamer Er- Wwiederbelebt und den Planern als Komple-
fahrungsprozeß weitgehend unerprobt ge- ment zur programmierten Öde die Wildnis
blieben zu sein und allenfalls durch Zufall im Planquadrat angedient wurde — ein Vor
forciert: so, als die in einem Abbruch-Ge- trag, der vielleicht durch die Abwesenheit
bäude entdeckten Fensterteile mitgenom- des ebenfalls eingeladenen Lucien Kroll
men und als objets trouves spontan zu (Brüssel) nicht systematisch auf die Ver-
einer lebhaften Material-Collage im neuen bindung von Architektur und Freiraum-
Haus eingebaut wurden. gestaltung zu sprechen kam, obgleich hier
Insgesamt stimmte trotz einiger bemer- am ehesten noch die Perspektive einer
kenswerter Einzelheiten und Histörchen (hier wohl: anarchischen) Gegenästhetik
die Abfolge unverbundener Einzelauftrit- hätte aufgezeigt werden können, die sich
te jedoch auf die Dauer sauer, zumal die sowohl vom Formalismus der professionel-
(Selbst-) Darsteller ängstlich bemüht schie- len Gestalter wie vom platten Populismus
nen, nicht mehr als die Details ihrer eige- abheben könnte. Bescheiden stellte da-
nen Projekte zu thematisieren. Als würden nach Kar/ Heinrich Hülbusch seine Unter-
durch Erweiterung des Horizonts und suchungen und Vorschläge zur Behand-
durch den Blick auf Möglichkeiten der lung innerstädtischer Grünbereiche vor,
Ausweitung und Übertragung der vorge- wobei auch hier mit der Wiederentdek-
stellten Ansätze die Verdienste der Auto- Kung der Natur in den Städten gegen die
ren gemindert, wurden selbst bei weiter- Verplanung durch Planungs-, Garten- und
zielenden Fragen konkretistisch meist nur Friedhofsämter Front bezogen wurde.
weitere Besonderheiten der Projekte und Nach diesem Ausflug ins verwilderte
ihrer Realisierungsbedingungen aufgezählt. Abstandsgrün blieb von der angekündig-
So blieb es schließlich einem holländi- ten Auswertung der Tagungsergebnisse
schen Gastredner überlassen, in einigen nur wenig übrig. Das Publikum ging
kritischen Anmerkungen während seiner auseinander mit ungläubigem Staunen
Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Veue darüber, in welch sensationeller Darbie-
Wohnformen in den Niederlanden” auf tung Neben- und Scheingefechte ausge-
den Widerspruch (Zusammenhang? ) zwi- tragen werden können, ohne daß dabei
schen Ermutigung im Kleinen und Ent- die Bedingungen und Konflikte gesell-
mündigung im Großen, zwischen wirtschaft- schaftlich ernstgemeinter Mitbestimmung
licher Liberalisierung und politischer Regle- in Architektur und Städtebau tatsächlich
mentierung hinzuweisen, indem er die berührt werden müßten.
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