dell zu vereinigen. Architektonisches
Kennzeichen ist ein „verdichteter Flach-
bau’’,dessen Einzelreihenhäuser mit einer
horizontalen Speisetransportanlage ver-
bunden sind, die in der Zentralküche ih-
ren Ausgang nimmt. Die alternative Ernäh-
rungswirtschaft realisiert sich durch eigene
gärtnerische, später landwirtschaftliche
Lebensmittelproduktionen und durch
Großbereitung der Rohprodukte. Groß-
wirtschaft im Haushalt war die Devise mit
der man die „„‚Entlohnungsfrage’”” umgehen
und die Quellen der häuslichen Unspar-
samkeit verstopfen wollte. Hier bezog
sich ADOLPH auf die Arbeiten zur Inten-
sivgartenwirtschaft von L. MIGGE.
Die verhaltene Beschreibung kommu-
nikativer Werte machte das Modell auch
der späteren Technokratie- und Antiver-
schwendungskampagne brauchbar, war
vermutlich auch taktisches Kalkül, das ein
wenig gerechtfertigt erscheint, wenn man
bedenkt, daß sich Adolphs Modell vom
mehr oder minder unverbindlichen „Bro-
schürensozialismus”’ der Zeit durch radika-
len Praxisanspruch unterschied. Den löste
ADOLPH selbst ein.
Der Lankwitzer Verein für gemeinnützige
Einküchenwirtschaft und sein Projekt
‚Zusammen mit Claire RICHTER, die eine
nationalökonomische Fundierung des
„Ökonomiats” (Einküchenwirtschaft) in
Buchform vorgelegt hat (1919) und mit
W. ZEPLER, die sich ebenfalls in der Fra-
ge der Familien- und Hauswirtschaftsre-
form publizistisch betätigte, gründete
R. ADOLPH eine Initiativgruppe, später
den Verein für gemeinnützige Einküchen-
wirtschaft. Dieser besorgte sich zunächst
gründlich um die Propagierung der Ein-
küchenhausidee. So veranstaltete er in
Zusammenarbeit mit der Deutschen Gar-
tenstadtgesellschaft und dem Verein für
Wohnungsreform am 27. Oktober 1921
die Kundgebung zum Thema: „Soziale
Einküchenwirtschaft — eine Zeitforde-
rung”, in der auch die Reichstagsabgeord-
nete M. JUCHACZ eine das Einküchen-
haus fordernde Rede hielt. In der von der
Kundgebung verabschiedeten Resolution
heißt es: „, ... daß die rationelle Haushalts-
führung im Rahmen gemeinnütziger Ein-
küchenwirtschaft geeignet ist, die Lage
der Frauen bedeutend zu erleichtern ...
Durch ökonom. Gestaltung des häuslichen
Konsums einerseits und ungleich höhere
Ausnutzung der baulichen Anlagen für
Wohnzwecke andererseits vermag sie die
heute volks- wie privatwirtschaftlich gel-
tende Einschränkung erträglich zu gestal-
ten. Daher begrüßt es die Versammlung,
daß die praktische Ausführung des Gedan-
kens in Verbindung mit dem Kleinhause
und auf gemeinnütziger Grundlage in Lank-:
witz bei Berlin angestrebt wird” (Mittei-
lungsblatt des Vereins 1921). Es ist be-
zeichnend für das Organisationstalent
ADOLPHS und die Offenheit seines Mo-
dells, daß er Gartenstadtgesellschaft, Ver-
ein für Wohnungsreform, die sozialdemo-
kratische Frauenbewegung und Vertreter
der SPD selbst vor sein Projekt spannen
und es auch öffentlich absegnen lassen
konnte.
Das Projekt des Vereins plante auf
einem von der Stadt Lankwitz-Berlin am
Rande des Lankwitzer Stadtparkes zur
Verfügung gestellten Gelände 42 Einfami-
lienhäuser und 6 Wohnungen. Die Einzel-
küchen waren ersetzt durch die Zentral-
küche; Zentralheizung und Warmwasser-
versorgung ergänzten die Ausstattung.
Die Speisen, von einer horizontalen Hänge-
transportanlage angefahren, werden im
Vorraum des Wohnzimmers dem Wand-
schrank entnommen. Die Organisation
sollte als Genossenschaft aufgezogen wer:
den, die sowohl die Verwaltung der Ge-
samtanlage als auch die Führung der Kü-
che übernehmen sollte (JENSSEN 1921
S. 78).
Das bis zur Ausführungsreife getriebe-
ne Projekt, das erste in Einfamilienbau-
weise, kam nicht zur Ausführung. Es be-
zeichnet die Selbstvergessenheit der So-
zialdemokratie und die Verschüttung ih-
rer Reformtradition, daß heute dieser
Versuch völlig unbekannt ist und in kei-
ner wissenschaftlichen Arbeit zur deut-
schen oder Berliner Baugeschichte ange-
führt ist!
Ich komme zum Ende unserer kurzen
Geschichte des Einküchenhauses. Vorher
muß aber noch erwähnt sein, daß es ab
1924 völlig verdrängt wurde und aus der
Debatte herausgefallen ist. Der in Serie
gehende Massenwohnungsbau und seine
ästhetischen und ideologischen Leitbilder
lösten alle Erwägungen zum Einküchen-
haus ab.
Es verschwindet aber nicht für immer,
1929, als das Neue Bauen eigentlich erst
in Fahrt gekommen war, taucht es, sehr
spektakulär und prominent vertreten,
wieder auf; seltsamerweise bei einem Ar-
chitekten, der wie kein anderer die ästhe-
tischen und produktionstechnischen Maß
stäbe der Standardwohnung — sozusagen
der siegreichen Widersacherin der Ein-
küchenhausidee — ausgelegt und verbrei-
tet hatte: bei Walter GROPIUS.3
Um dieses kontrapunktische Phäno-
men am Ende der Periode des histori-
schen Funktionalismus zu begreifen, ist
es nötig, die Dialektik des Reformprozes-
ses auch in dem Stadium zu untersuchen,
in dem das kollektive Erbe im Einküchen-
haus in keinem Gebäudetypus mehr sei-
nen unmittelbaren Ausdruck fand. Da zu
vermuten ist, daß mit dem Einküchenhaus
nicht auch die an ihn gehefteten Bedürf-
nisse historisch verfallen oder etwa nach-
haltig berücksichtigt worden sind — dafür
spricht schon sein Widererscheinen in der
Krise — unterstelle ich dem Neuen Bauen,
daß das kollektive Surplus der vergangenen
Diskussionen nicht etwa der Anpassung
an kapitalistische Fungilibität geopfert
worden, sondern, wie man in Anwendung
eines Brecht-Wortes sagen könnte, „in die
Funktionale gerutscht” ist. Das heißt, die
alte Idee kollektiver Bedürfnisartikulation
und Befriedigung ist als inhaltlich diffuser,
gleichwohl mit wirtschaftlichen Reform-
theorien anaereicherter ‘Gemeinschafts”-
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YUbb. 14. Radialfüche. Lehrfüche mit 8 Kojen.
1. Geidhirridhrant. 2. Klappbrett. 3. AWblauftijdh (darunter Borratsidhranf, darüber 3wölf) [3.] Spülbeden, 5. Arbeitsti fd (darunter Topf» und Geräte[Hrank).
6. Rochfifte. 7. Gasherd mit WbiteNlplatten. 8. Tifh (beweglich), 9. UrbeitstiiH mit zwei GasfohHern für theoretifden Unterricht. 10. Lehrpodium. 11. Stuhl.
12. Warmwarerberetter.
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