2. Berlin-Kreuzberg
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Brief eines anatolischen Bauern
Peter Arnke, Andreas Graeff, Marion Zabre
(Stud. Projektgruppe, Betreuer: Omar Akbar)
Türkische Gemeinde
Kreuzberg
Ergebnisse eines Studienprojekts. Ein Bericht für das Colloquium
“Stadtgestalt und kulturelle Identität“.
ZUR VORGEHENSWEISE DER ARBEIT
stellten wir eine Verschiebung in der At-
traktivität eines Raumes und darüber
hinaus eine andersartige Kommunikation
® einerseits zwischen dem Straßenpassan
ten und dem Wirt
® andererseits zwischen dem Gast und
dem Wirt fest.
Mit der Bildung der Projektgruppe verein-
barten wir als Einstieg in die Thematik,
Momente durch Zeichnungen, Fotogra-
fien und Situationsbeschreibungen fest-
zuhalten, die wir unter die Frage stellten:
'Was ist eigentlich fremdländisch bzw.
türkisch in SO 36? '
| „Werter Vater,
zunächst sende ich meine Grüße. Die
Hände von dir und meiner Mutter küsse|
ich recht herzlich. Wie geht es dir?
Geht es dir gut? Ich bete beim Herr-
gott, daß es dir gutgeht. Mein Vater,
hier sind sehenswürdige Stätten. Die
Häuser wie Streichholzschachteln,
Autos, breite Straßen — unmöglich zu
verstehen, ohne zu sehen. Alles ist’gut
bei diesen fremden Leuten, nur bis auf
eines, daß sie Schweinefleisch essen.
Vater, ferner liegen hier Schafe, Kühe
und Schweine auf denselben Weiden.
Überall Grün. Was mir aber besonders
mnerkwürdig vorkommt, die hiesigen
Toiletten. Ich habe mich nicht gewöh-
nen können. Wenn ich darauf trete,
geht nicht, wenn ich stehenbleibe,
ging es auch nicht, wenn man sich
setzt, paßt auch nicht. Verzeihe mir,
es gibt hier kein Wasser auf der Toilet-
te zur Waschung. Sollten wir die Toilet-
ten aufsuchen, verwandeln wir uns in
einen Fisch, der aus dem Wasser heraus:
genommen wurde. Unsere Füße gehen
dann hintereinander. Vati, glaub mir,
in Deutschland sind Steine und Boden
aus Gold. Verkaufe ja nicht den gelben
Ochsen, um das Dach reparieren zu las-
sen. In Kürze bekommst du meine
Überweisung.”
Von den Besuchen verschiedener Insti-
tutionen,z.B. der türkischen Arbeiterwohl-
fahrt, hinterließ der Besuch bei der Auslän-
derpolizei in uns den tiefsten Eindruck.
Wir waren befangen: zwar hatten wir von
der Existenz der Ausländerpolizei gewußt,
doch hatten wir uns die Abhängigkeiten,
Daraufhin haben wir Gebietsbegehun-
gen unternommen und dabei einzelne Si-
tuationen fotografisch festgehalten:
® verschiedene Gruppenkonstellationen
im öffentlichen Straßenraum
® Geschäftsauslagen von türkischen
Lebensmittel- und Haushaltswaren-
läden
verschiedene türkische Lokalitäten
Im Gegensatz zu deutschen Restaurants
und Kneipen haben wir das Phänomen
beobachten können, daß der Zuberei-
tungsteil der Speisen nicht einen abge-
schirmten Bereich im hinteren Teil eines
Restaurants ausmacht, sondern daß viel-
mehr sich dieser Zubereitungsbereich in
einem türkischen Restaurant direkt vorn
an einem Schaufenster befindet. Der
Straßenpassant bzw. der Gast sieht von
außen bereits die Zubereitung der Spei-
sen und beim Betreten des Lokals hat er
die Möglichkeit der direkten Auswahl
aus den stets frisch zubereiteten Speisen.
Durch diese andere Form der Nutzuna
An