Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1979, Jg. 11, H. 43-47, [48])

— sprich: mittlere Intensität -- zuständig 
ist und einen anderen, der auf die ver- 
bleibenden komplizierteren Fälle (Flä- 
chensanierungen) anzuwenden wäre. An- 
dere versuchen, durch Ausgestaltung und 
Erweiterung der vorhandenen Wohnungs- 
modernisierungsförderung unter Anwen- 
dung der normalen bauleitplanerischen 
Instrumente die angezielten Effekte zu 
erreichen. 
Deutlich wird, daß aktuell offensicht- 
lich ein dickes Gesetzespaket in der No- 
vellierungsmaschinerie steckt: ModEnG; 
38BauG und StBauFG sind gleichermaßen 
betroffen. Die folgenden Hinweise auf 
einzelne Veränderungen sollen daher 
lediglich die Richtung der Novellierung 
andeuten. 
Die unter dem Stichwort Verfahrens- 
beschleunigung diskutierten bzw. bereits 
wirksamen Instrumente — etwa die Frei- 
stellungsverordnung in NW (vom 5.9. 
1978) oder die Novelle zu BBauG und 
StBauFG der Bundesregierung !0 — die- 
nen durchgängig und erklärtermaßen da- 
zu, die Umsetzung von Investitionsbe- 
reitschaft in bauliche Investitionen zu 
beschleunigen. Dazu bedarf es scheinbar 
des Abbaus zahlreicher Vorbereitungs-, 
Kontroll- und Genehmigungsstufen, die 
die bisherigen Verfahren vorsahen. Zum 
Beispiel: 
„Liegen bereits hinreichende Beurtei- 
lungsunterlagen vor, kann die Gemeinde 
von vorbereitenden Untersuchungen ... 
absehen”’, schlägt die Bundesregierung 
zur Novellierung des & 4 StBauFG vor, 
um so „überflüssige Mehrarbeit” zu ver- 
meiden. 
Zugleich wurden die Grundsätze für 
den Sozialplan und damit die wie auch 
immer verkümmerte Kontaktaufnahme 
mit den Betroffenen aufgehoben bzw. 
entwertet und so die wenigen Informa- 
tionsmöglichkeiten noch weiter redu- 
ziert. Die Sanierungsvorbereitung ver- 
läuft nun vollends hinter den Kulissen 
— in Absprache von Investor und Verwal- 
tung. Lediglich anläßlich der förmlichen 
Festlegung eines Sanierungsgebietes 
wäre — nach diesen Vorschlägen — ‚noch 
einmal eine „öffentliche Bekanntgabe” 
vonnöten. Hernach kann (gemäß 8 8 
Abs. 15. 3 StBauFG Nov.) bereits wäh- 
rend der Bebauungsplanaufstellung eine 
Baugenehmigung für Investitionswillige 
ausgesprochen werden. 
. Fazit: Die schmalen Ansatzpunkte 
für Information als Voraussetzung zur 
kritischen Auseinandersetzung mit pri- 
vaten Investitionsabsichten und kommu- 
naler Planung, die mit den Verfahrens- 
Vorschriften und Begründungspflichten 
bei Bereichsfestsetzungen (förmliche 
Festlegung auf der Basis von vorberei- 
tenden Untersuchungen) und Satzungs- 
aufstellung (Bebauungsplan) gegeben wa- 
ren, werden beseitigt. Der Investitions- 
Fluß wird gradliniger und noch unkontrol- 
lierbarer (für die betroffenen Nicht-Inve- 
Storen) als dies bislang der Fall war. 11 
Diese Tendenz wird verschärft und 
vol lends zur Investitionsköderplanung 
weiterentwickelt in den Vorstellungen 
der Fachkommission „Städtebauförde- 
rung” der Arbeitsaemeinschaft der Bau- 
minister der Länder (ARGEBAU)12 zur 
Novellierung des Städtebauförderungsge- 
setzes. 
„Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, 
das im Städtebauförderungsgesetz gere- 
gelte Verfahren zur städtebaulichen Er- 
Neuerung SO zu vereinfachen, daß es auch 
für städtebauliche Erneuerungsmaßnah- 
men „geringer Intensität’ ohne übermäßi- 
gen Verwaltungsaufwand anzuwenden ist. 
Es soll insbesondere ein vereinfachtes Ver- 
fahren für die Fälle geschaffen werden, 
in denen es um die Verbesserung des so- 
genannten Wohnumfeldes geht. Das ver- 
einfachte Verfahren soll auch dort zur 
Anwendung kommen, wo städtebauliche 
Problemgebiete in Gebiete mit städtebau- 
lichen Mißständen abzugleiten drohen.‘ 13 
Zum angezielten Zweck sollen sog. Er- 
neuerungs- oder einfache Erneuerungsmaß: 
nahmen bereits in Überschrift und & 1 des 
StBauFG eingeführt werden . Sie entspre- 
chen inhaltlich weitestgehend den bislang 
häufig als Substanzsanierung bezeichne- 
ten Maßnahmen und werden im wesent- 
lichen nur negativ gegenüber Flächen- 
(Funktionswandel-) Sanierungen abge- 
grenzt. Die vorgeschlagenen Verfahrens- 
änderungen machen jedoch den Reiz die- 
ses Novellierungsansatzes aus: 
® Vorbereitende Untersuchungen sind 
für die räumliche Abgrenzung einer 
einfachen Erneuerungsmaßnahme nicht 
erforderlich. Die Erklärung zum Erneue- 
rungsgebiet „‚hat lediglich förderungs- 
rechtliche Bedeutung”. „Mit ihr wird 
ein Förderungsgebiet abgegrenzt.” 
8 „Die für städtebauliche Sanierungs- 
maßnahmen bestehende Pflicht der 
Gemeinden zur Aufstellung eines Be- 
bauungsplanes (& 10 StBauFG) kann für 
die Fälle der einfachen Erneuerungsmaß 
nahmen aufgehoben werden... Soweit 
eine Aufstellung von Bebauungsplänen 
... Nicht erforderlich ist, kann bei einfa- 
chen Erneuerungsmaßnahmen nach 8 34 
BBauG verfahren werden”. 
® Die Pflicht zur Aufstellung eines So - 
zialplans wird auf das Niveau des 
8 13a BBauG zurückgenommen. 
e Die besonderen bodenrechtlichen 
Instrumente des Städtebauförderungs- 
gesetzes (88 15 bis 31 StBauFG) kom- 
men nicht zur Anwendung. 
®e Die Erhebung von Ausgleichsbeträ- 
gen ist ausgeschlossen. 
Auf Lenkungsinstrumente wird verzich- 
tet, Kontrolle aufgegeben, Information 
der Betroffenen auf die „ortsübliche Be- 
kanntgabe” der Abgrenzung eines Erneue- 
rungsgebietes reduziert. Die aus Städte- 
bauförderung und Wohnungsmodernisie- 
rung — so das Konzept — gebündelt an- 
gebotenen Förderungsmittel stehen dann 
also in einem optimalen Investitionsreiz- 
klima zur freien Verfügung der Investo- 
ren. 
Da dies eigentlich dem Charakter des 
StBauFG, als erstem Instrument eines 
sozialeren Boden- und demokratischeren 
Planungsrechts — so die Verpackung vor 
10 Jahren — nicht entspricht, begnügt 
sich etwa der Städtetaa oder auch Berlin 
mit den Novellierungsabsichten der Bun- 
desregierung für diesen Bereich und la- 
gert die „mittlere Intensität’”” der Woh- 
nungsmodernisierungsförderung an. Ob 
dies durch eine erneute Novellierung des 
ModEnG geregelt werden soll (indem 
dort die „einfache Erneuerungsmaßnah- 
me” eingeführt wird) oder durch geson- 
derte Landes- und Bundesprogramme um- 
zusetzen ist, erscheint noch nicht geklärt. 
Für die letztere Möglichkeit sprechen 
offensichtlich Erfahrungen verschiedener 
Kommunen sowie des Landes Baden- 
Württemberg, das mit seinem sog. 14- 
Städte-Programm bereits seit 1977 flan- 
kierend zu den üblichen Modernisierungs- 
mitteln die Förderung von Wohnungs- 
umfeldmaßnahmen, die Bezuschussung 
unrentierlicher Kosten (Abbruch, Um- 
zug) etc. offeriert, um so die Städte in 
die Lage zu versetzen, „‚in den auszu- 
wählenden Wohngebieten beispielhaft 
eine nachhaltige Wohnwertverbesserung 
einzuleiten”, damit „‚das Wohnen dort 
wieder als Alternative zum Wohnen in 
den Stadtrandlagen empfunden wird.’ 14 
Diese Absichtserklärung ebenso wie 
die Programmausgestaltung machen ein 
anderes Charakteristikum der z.Zt. ge- 
handelten Veränderungsansätze deut- 
lich: sie sind keineswegs — wie in der 
Kritik an der bisherigen Modernisierungs- 
förderung gefordert — auf die Verbesse- 
rung von „Problemgebieten”’ für die dort 
Wohnenden ausgerichtet. „Selbsterneue- 
rung” durch die „Verbindung umfang- 
reicher und intensiver Wohnungsmoder- 
nisierungen in Schwerpunkten mit Maß- 
nahmen der Wohnumfeldverbesserung’” 15 
ist angezielt — damit sind bestimmte 
Stadtgebiete a priori ausgeklammert 
{etwa ökologisch stark belastete) und 
bestimmte Mietergruppen (geringe oder 
keine zusätzliche Mietzahlungsfähigkeit) 
der Vertreibung preisgegeben. 
EINIGE THESEN 
® Allen diskutierten Gesetzes- und 
Programmänderungen ist gemein: 
— Abbau von bislang rechtlich geschütz 
ten Informations- und damit Verteidi- 
gungsrechten (Wegfall oder Reduzie- 
rung vorbereitender Untersuchungen; 
Baugenehmigungen ohne B-Plan) 
— Abbau sozialer Sicherungen (Strei- 
chung der Grundsätze für den Sozial- 
plan; Aufstellung von Sozialplänen 
nur noch nach 8 13a BBauG; Duldungs- 
pflicht gegenüber Modernisierungsmaß- 
nahmen gem. 8 20 ModEnG) 
— Aufhebung von Demokratisierungs- 
möglichkeiten (Ausdünnung des Verfah- 
rens vor der förmlichen Festlegung von 
Sanierungsgebieten; Entkräften der Vor- 
schriften zur vorgezogenen Bürgerbe- 
teiligung — 8 2a BBauG — durch die 
„Heilungsangebote”” des 8 155a BBauG) 
® die kommunale Planung begibt sich 
wesentlicher Steuerungsmöglichkei- 
ten; Reduzierungen von bzw. Selbstbe- 
schränkungen bei der Anwendung bo- 
denrechtlicher Eingriffs- und Steuerungs- 
möglichkeiten (bis hin zur alleinigen An- 
wendung des 8 34 BBauG im ARGEBAU- 
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