Vorschlag) sind hier kennzeichnend.
Die Lenkung der Stadterneuerung
wird — wie bereits in der Wohnungsmo-
dernisierungsförderung angelegt — völlig
auf subsidiäre, auf finanzielle Anreize
gegründete Steuerung umgestellt. Dies
geht einher mit Beschleunigungen von
Antrags-, Kontroll- und Genehmigungs-
schritten durch vereinfachte Verfahren,
reduzierte Einspruchsmöglichkeiten,
Vernachlässigung von Verfahrensfehlern
und der Beschränkung des Beteiligten-
kreises. Nicht selten wird die Aushand-
lung von Vorhaben und Förderung
auf die Klientelbeziehung zwischen
Verwaltungsstelle und Investor redu-
ziert.
8 Wen trifft’s? Es ist zwar die Rede
von den „eigentlich problematischen
Gebieten’, der Notwendigkeit, zu „we-
niger publikumswirksarmer’” Moderni-
sierungsförderung, aber: sind die im
Augenblick gehandelten Maßnahmen
und Instrumente wirklich geeignet, in
Stadtgebieten, die überwiegend von ein-
kommensschwachen Gruppen bewohnt
werden, Wohnverhältnisse zu verbessern
Das heißt: nicht die Wohnungen ‚„‚am
Markt” halten und die Bewohner qua
Zahlungsunfähigkeit aus eben diesem
Markt herausfallen zu lassen, sondern
Wohnungen und Gebäude in ihrem Be-
stand zu sichern und lediglich kleine,
wenig mietintensive Schritte der Verbes-
serung zu unternehmen.
Das ist nicht intendiert: die Bundes-
regierung spricht von ‚‚Intensivmoderni-
sierungen””, und das 14-Städte-Programm
des Landes Baden-Württemberg zielt auf
Remigration, auf das Halten oder Zurück:
holen einkommensstarker Gruppen in
innerstädtische Gebiete. Insgesamt zie-
len alle Ansätze auf verstärkte, öffent-
licher Kontrolle entledigte Investitions-
mobilisierung ab: Investitionen, die
immer in Wert- und damit Mietsteige-
rungen münden. Eine Förderung, die
mit einem Minimum an öffentlichen
Investitionen ein Maximum an privaten
induzieren will — und das ist Absicht der
„Mittleren Intensität’” — müssen also
diese Problemgebiete aus dem Blick ge-
raten; wendet sie sich ihnen zu, ist ohne
rigide Lenkung des Investitionsverhaltens
Verdrängungsmodernisierung die Folge.
e Mittlere Intensität bedeutet also für
eine „mittlere”” Einkommensgruppe,
die ihr Haushaltsbudget noch etwa be-
lasten kann, ein Angebot an verbesser-
ten Wohnungen und Umfeldern. Eine
nicht unerhebliche (und vermutlich bei
knapperem Angebot an Wohnungen auf
der Basis der Preis/Qualitätspyramide zu
nehmende) Gruppe wird verdrängt, in
Überlegung oder unter staatliche Kura-
tel (Obdachlosigkeit) getrieben.
9 Mittlere Intensität ist damit insgesamt
die nächste Stufe auf dem — bereits
bei der Einführung der Wohnungsmoder-
nisierungsförderung festgestellten 16 —
sozialpolitischen Regressionsprozeß. Eine
Regression, die jetzt von Einschränkun-
gen im Mietrecht (8 20 ModEnG) über
die Reduzierung von Informationsrech-
ten bis hin zum nahezu völligen Abbau
von Partizipationsrechten (Entwertung
8 4 StBauFG, Entwertung der vorgezo-
genen Bürgerbeteiligung durch 8 155a
BBauG) reicht. 17 Stadterneuerung wird
offensichtlich nur noch verstanden als
„äußerst attraktives Angebot” 18 an die
Investoren. Mit entsprechenden Folgen
für jene, deren Einkommen nicht aus-
reicht, diesem Aufwertungsspektakel
zu folgen.
NACHTRAG
Dieser Beitrag entstand im Mai 1979.
Inzwischen (August 1979) hat sich Neues
ergeben. Der Beschleunigungsabsicht der
Novellierung von BBauG und StBauFG
entsprach — nomen est omen — ein be-
schleunigtes Gesetzgebungsverfahren.
Bundesbaugesetz und Städtebauförde-
rungsgesetz sind inzwischen rechtskräf-
tig novelliert (Bundesgesetzblatt | v.
13.7.1979; seit 1.8.1979 in Kraft).
Hieraus ergibt sich für das oben Darge-
stellte:
® die Begründungspflicht in der Sanie-
rungsvorbereitung wurde weitge-
hend zurückgenommen: die vorberei-
tenden Untersuchungen können, genau
wie in der Regierungsvorlage vorgesehen
war, durch „‚,hinreichende Beurteilungs-
unterlagen” ersetzt werden (8 4 (1), Satz
1, StBauFG-Nov.). Die Entwicklung der
Grundsätze für den Sozialplan kann ganz
vernachlässigt oder in den Bereich nach
der förmlichen Festlegung verschoben
werden.
® Es bleibt bei der Zulässigkeit von
Bauvorhaben nach Rechtskraft eines
Bebauungsplanes (88 Abs. 1 Satz 3 und
8 10 Abs. 7 StBauFG Nov.).
® Ebenfalls wird die Begründung des
Bebauungsplanes verfahrensirrele-
vant: Unvollständigkeiten führen ebenso
wie zahlreiche andere Verletzungen von
Verfahrensvorschriften nicht zur Beein-
trächtigung der Rechtskraft (& 155a
insbes. 8 155b (1) Nr. 3 und 4 BBauG
Nov.).
® Die Verfahren und Instrumente „‚Mitt
lerer Intensität” werden nicht — wie
dies der ARG EBAU-Vorschlag vorsah —
in das StBauFG integriert sondern geson-
dert in Anlehnung an die Wohnungsmo-
dernisieru ngsförderung geregelt.
Insgesamt bleiben damit die oben be-
schriebenen Entwicklunaslinien unge-
brochen.
Anmerkungen
1)IPSEN, D.: Acht Argumente zum Wohn-
raumkündigungsschutzgesetz, in: ARCH?
(1979) H. 43/44, S. 20—21.
2)Antwort der Bundesregierung auf die
große Anfrage zur Städtebaupolitik, BT-
Drucksache 8/2085
3) Vgi. den Nachweis der strukturellen Be-
vVorzugung von Flächensanierungen durch
das StBauFG bei WOLLMANN, H.: Das
Städtebauförderungsgesetz als Instrument
staatlicher Intervention — wo und für
wen? ‚ in: Leviathan (1974) S. 199 ff. so-
wie am Beispiel der Sanierungsziele der
Kommunen: ARRAS, H. u.a. Erfahrun-
gen der Gemeindeverwaltungen mit dem
Vollzug des Städtebauförderungsgesetzes
bei der Vorbereitung und Durchführung
städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen:
Bd. 02.016 der Schriftenreihe Stadtent:
wicklung des BMBau, Bonn-Bad Godes-
ber 1978.
1) ARRAS, H. u.a.: Wohnungspolitik und
Stadtentwicklung, Zwischenveröffentli-
chung (Entwurf), Ms. Basel (1979), S.4-5
5) Antwort der Bundesregierung ... a.a.0. -
6) KPAUTZBERGER, M.: Aktuelle Fragen
der Modernisierungsförderung, in: Bun-
desbaublatt (1978) H. 11,5. 532 ff.
7) Vgl. AUTZEN, R.. Instandhaltung und
Instandsetzung innerstädtischer Altbau-
quartiere, in: Bauwelt (1978) S. 1231 ff.
8) KRAUTZBERGER a.a.O., S. 534.
9) Antwort der Bundesregierung ... a.a.0.
0) Entwurf eines Gesetzes zur Beschleuni-
gung von Verfahren und zur Erleichterung
von Investitionsvorhaben im Städtebau-
recht; Bundestagsdrucksache 8/2451.
Vgl. ausführlicher: SELLE, K.: Bevor der
Bagger kommt ... Vorstudien zur Funktion
und Struktur von Bestandsanalysen im Zu-
sammenhang städtebaulicher Erneuerungs-
maßnahmen. Ergebnisberichte zum For-
schungsprojekt Bestandsaufnahme und
Bestandsbewertung H.2; Dortmund 1979,
S. 157 ff. sowie ders.: Die Beschleuni-
gungsnovelle der Bundesregierung, in:
Stadtbauwelt (1979) H. 61, S. 63—66.
12) Von der Fachkommission im Februar 1979
beschlossener ‚Entwurf eines Gesetzes zur
Vereinfachung von städtebaulichen Er-
neuerungsmaßnahmen”’. Unveröff. Ms.
13) ARGEBAU a.a.0.5S. 1 (Begründung)
14) Richtlinien für das 14-Städte-Programm
(Programm zur Verbesserung der Wohn-
verhältnisse in älteren Wohngebieten der
großen Städte) vom 15. Juli 1977 i.d.F.
der Änderung vom 30. November 1978
V 8715.1/11 des Innenministeriums
Baden-Württemberg, S. 1.
15) Antwort der Bundesregierung a.a.O. S. 10
16) Vgl. z.B. REISS-SCHMIDT/TESSIN, W.:
Das Modernisierungsgesetz — Instrument
für soziale Stadterneuerung? , in: Bauwelt
(1976) H. 16—17, S. 524.
17) Vgl. z.B. HENDLER, R.: Partizipations-
demontage im Städtebaurecht? , in: Zeit-
schrift für Rechtspolitik (1979) H. 6.
18) Bundestagsdrucksache 7/5410 S. 6.
Geschichte.
Lutz Niethammer (Hg)
Wohnen im Wandel
Beiträge zur Geschichte
des Alltags in der bür-
gerlichen Gesellschaft
432 Seiten mit zahlrei-
chen Abbildungen
38.-- DM
Peter Hammer Verlag
Wuppertal
54