das Gebiet in der Regel nicht mehr durch-
queren, sondern nur noch auf den Rand-
straßen des Gebietes verkehren. Dadurch
würden sich die Wege der Fahrgäste von
und zu den Haltestellen verlängern.
Durch Maßnahmen der Verkehrsberuhi-
gung wird die Erreichbarkeit der verkehrs-
beruhigten Stadtteile erschwert; dies ver-
ringert deren Standortqualität bzw. Ver-
kehrsgunst für Betriebe und Einrichtungen
des Dienstleistungsbereichs bzw. des
produzierenden Gewerbes, insbesondere
mit Bedeutung für die Gesamtstadt und
mit regionalem Einzugsbereich.
Gegen diese Befürchtung, daß die
Stadt in ihre Einzelteile zerfällt, die,vom
Verkehr umtost,wie eingemauert wirken,
die schwer zugänglich sind, deren Offen-
heit und Öffentlichkeit verlorengeht,
lassen sich vor allem drei Argumente vor-
bringen:
® Erstens gibt es, solange es Städte gibt,
Stadtteile, die je nach Lage, Ausstat-
tung und damit Bevölkerungsstruktur
charakteristisch (d.h. bevorzugt oder be-
nachteiligt sind) und in sich relativ homo
gen und abgeschlossen sind. Die soziale
Segregation der städtischen Bevölkerung
hat es schon vor dem Zeitalter des Kfz
gegeben; der Kfz-Verkehr ist nicht deren
Ursache, kann jedoch diese Entwicklungs-
tendenzen verstärken.
Verkehrsberuhigung kann daher in die-
sen Gebieten sogar einen Beitrag zur
Verhinderung fortschreitender Segrega-
tion leisten.
e Drittens sollen die verkehrsberuhig-
ten Stadtbereiche nur für den KfZz-
Verkehr weniger durchlässig werden.
Dagegen soll die Offenheit und Transpa-
renz der Gebiete für Fußgänger und Rad
fahrer wesentlich erhöht werden. Das
Argument „Abschottung” und „Unzu-
gänglichkeit” gilt für diese Gruppen
von Verkehrsteilnehmern, Straßennut-
zern und Stadtbewohnern nicht.
b) Die Aufgabe der städtischen Magistra-
len
Die Straßen, um die es hier geht, sind die
Hauptverkehrsstraßen, die Haupteinfall-
und -ausfallstraßen, die Durchgangsstra-
Ren, die Magistralen, die ehemals breiten
Alleen und Boulevards. Sie bilden als die
wesentlichen städtischen Erschließungs-
merkmale die Basis für die Orientierung
der Bevölkerung in ihrer Stadt sowie für
die Identifikation mit ihrer Stadt. Häufig
sind solche Straßen auch Hauptgeschäfts-
straßen und die Versorgungsbänder für
einzelne Stadtteile. Diese Funktion als
Geschäfts- und Versorgungsstraßen ist
seit langem durch den Kfz-Verkehr erheb-
lich gestört. Von angenehmem Einkauf
oder ungestörtem Aufenthalt kann in
diesen Straßen i.a. keine Rede mehr
sein.
In dieser Situation werden zwei gegen-
sätzliche Positionen angeboten, wie auf
die Unvereinbarkeit der verschiedenen
Nutzungen und Funktionen der Kfz-
Straßen bzw. in den Verkehrsbereichen
zu reagieren sel:
1) die einen verfolgen den Weg der Bün-
delung des Kfz-Verkehrs auf den we-
nigen verbleibenden Trassen konse-
quent bis zum (bitteren) Ende und for-
dern die ‚Aufgabe‘ solcher Straßen als
öffentlich und vielseitig nutzbare städti-
2 Zweitens gibt es seit je in jeder Stadt
bevorzugte Gebiete, die abseits jeder
Kfz-Hauptverkehrsader liegen und die
nicht verkehrsberuhigt werden müssen.
Die Verkehrsberuhigung soll aber nur
auf die eh und je unterprivilegierten
dichten, innenstadtnahen Altbauwohn-
quartiere angewendet werden, in denen
überwiegend die benachteiligten Bevöl-
kerungsgruppen leben. Aus diesen Ge-
bieten ziehen diejenigen Bewohner aus,
die es sich leisten können, sich den
(vor allem durch den Kfz-Verkehr ver-
ursachten) Umweltbelastungen zu ent-
ziehen. Die Immobilen bleiben zurück
New York steigt aufs Rad
Benzinkrise zwingt viele, auf das Auto zu verzichten
NEW YORK (dpa). Im von der ameri-
kanischen Benzinkrise besonders hart
betroffenen New York hat der Treib-
stoffmangel einen Fahrrad-Boom aus-
gelöst. Der Drahtesel als Alternative
für das benzindurstige Auto ließ New
Yorks Oberbürgermeister Edward
Koch den raschen Entschluß fassen,
auf der die Stadtteile Manhattan und
Queens verbindenden und den Eastri-
ver überspannenden Queensboro
Bridge eine zweispurige Bahn für
Radfahrer einzurichten. „Inmitten
der Energiekrise ist es höchste Zeit,
eine Transportmöglichkeit zu schaf-
fen, die außer der Kraft der Beine
keine andere Energie erfordert“, sag-
te Koch bei der Einweihung der Fahr-
radstraße nach Presseberichten vom
Donnerstag.
Laut einer von dem Massenblatt
„Daily News‘ veranstalteten Umfra-
ge unter New Yorker Fahrradhänd-
lern hat der Umsatz gegenwärtig im
Vergleich zum vergangenen Jahr um
25 bis 40 Prozent zugenommen.
Rund 35 000 New Yorker, schätzen
die zuständigen Behörden, lassen seit
Ausbruch der benzinarmen Wochen
ihr Auto in der Garage stehen und
radeln zur Arbeit. 1977, so geht aus
Statistiken, der Stadt New York her-
vor; benutzten im New Yorker Stadt-
gebiet etwa 17 000 Menschen regel-
mäßig ein Fahrrad, um damit ihren
Arbeitsplatz zu erreichen.
aus: Darmstädter ECHO vom 6.7.1979
sche Räume. In ihnen wäre der Aufent-
halt für Menschen außerhalb von Kfz
nicht mehr zumutbar, an ihnen könnte
nicht mehr gewohnt werden. Die Umnut-
zung der Randbebauung mit Nutzungen,
die unempfindlich gegen die Umweltbe-
Jastungen durch Kfz-Verkehr sind, er-
schiene als einzige Lösung. Die Frage
ist, ob es so viele unempfindliche Nut-
zungen gibt und ob nicht die Erlebnis-
fähigkeit der Gesamtstadt darunter lei-
det, wenn die wichtigsten Straßen einer
Stadt dem Kfz-Verkehr überlassen („,ge-
opfert’’) werden. Dennoch erscheint
dies als eine realistische Perspektive.
2) die anderen propagieren die Verkehrs-
beruhigung auch für Hauptverkehrs-
straßen anzuwenden (H. MONHEIM,
1979), Fahrbahnen zu verschmälern zu-
gunsten breiterer Gehwege und Baum-
reihen. Das Ziel soll sein, reine Kfz-
Straßen zu vermeiden und die Verkehrs-
funktion dieser Straßen mit deren übri-
gen Funktionen (Wohnen, Versorgung,
Einkaufen, Aufenthalt) besser als bisher
zu vereinbaren. Obwohl sich in den Haupt-
verkehrsstraßen unserer Städte in dieser
Richtung einiges tun ließe, erscheint die-
se Alternative zur Zeit als die weniger
wahrscheinliche. Denn sie beantwortet
insbesondere die Frage nicht, wo der be-
reits heute vorhandene Kfz-Verkehr blei-
ben soll, wenn er sich auch auf den
Hauptverkehrsstraßen nicht mehr ausbrei-
ten können soll. Zweifellos ist nur ein
Teil des heutigen Kfz-Verkehrs für die
Funktionsfähigkeit einer Stadt unab-
dingbar notwendig (sogen. Wirtschafts-
verkehr). Die Frage bleibt jedoch, wie
eine rationelle Nutzung der verbleiben-
den Kapazitätsreserven der Straßen bis
zu einer den Anliegern noch zumutbaren
Belastung organisiert werden soll.
URSACHEN UND MÖGLICHE
ABHILFEN
Die Ursachen der städtischen Verkehrs-
misere liegen nicht allein in der Verbrei-
tung des Automobils begründet. Abhilfe-
maßnahmen durch verstärkten Straßen-
bau in der Stadt kommen als alternative
Strategie zum Prinzip Verkehrsberuhi- S
gung nicht in Frage. Ebenso wenig ist bei-
des gleichzeitig sinnvoll bzw. erforder-
lich: Straßenbau als Voraussetzung von
Verkehrsberuhigung. RA
Die wesentlichen Ursachen der städt!-
schen Verkehrsmisere bestehen vielmehr
unvermindert fort, die Trends der Zzu-
grundeliegenden Einflußgrößen sind un-
gebrochen, die auslösenden Ziele unver-
ändert:
® Raumordnung, Landesplanung und
Regionalplanung gehen nach wie vor
von einer strengen monozentralen Hierar-
chie der Siedlungsstruktur aus. Alle
raumwirksamen Investitionen und Maß-
nahmen unterstützen diese auf Ballung
zielende Raumstruktur; .
® durch die negativen Begleiterschel-
nungen der Ballung kommt es Zu
einer. zunehmenden Entmischung der
städtischen Nutzungen und Funktio-
nen. Für den Weg zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte, aber zunehmend:
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