OÖ hne das Militär hätten wir hier doch
> gar keine Arbeitsplätze”, oder „Die
Charnison stärkt die Wirtschaftskraft der Ge-
meinde.”
Allzuoft sind diese Argumente zu hören,
wenn in kleinen Garnisonsgemeinden über
Bundeswehr oder Nachrüstung diskutiert
wird. Sieht es denn wirklich so schlimm aus?
Zwar gibt es eine Vielzahl von Aufsätzen
über die Auswirkungen von Militärausgaben,
besonders gegen Ende der 60er Jahre, sie ba-
sieren aber in den wenigsten Fällen auf tat-
sächlichen Untersuchungen. Im Folgenden
soll dieser Frage nachgegangen werden und
zwar unter zwei Aspekten:
1) Entspricht die regionale Verteilung der
Militärausgaben den Zielsetzungen der
Raumordnung?
Wenn als Grundsatz der Raumordnung die
Sicherung und Weiterentwicklung von ausge-
wogenen wirtschaftlichen, sozialen und kul-
turellen Verhältnissen angestrebt wird, so
sind auch die Verteidigungsausgaben unter
diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Tragen
sie dazu bei, die Lebensverhältnisse in unter-
entwickelten Gebieten zu verbessern oder
fördern sie die Leistungskraft der Ballungsge-
biete? Sind sie als Mittel raumordnungspoliti-
scher Ziele einsetzbar oder haben sie die ent-
gegengesetzte Wirkung?
2) Wie sieht die Situation für den kommuna-
len Haushalt aus? Lohnt es sich für eine
Gemeinde heute noch, sich um die Ansied-
lung von Garnisonen zu bemühen? Dies soll
an einem Musterprozeß der Stadt Munster
wegen Ausgleich der Garnisonsfolgekosten
erläutert werden.
Die räumliche Verteilung zentraler Militär-
ausgaben
Unter zentraler Beschaffung sind die Ausga-
ben des Bundesverteidigungsministeriums
und des Bundesamtes für Wehrtechnik und
Beschaffung in Koblenz zu verstehen. Ob-
wohl die zentrale Beschaffung 1975 nur 1,3 %
der Anzahl der Aufträge ausmachte, wurden
dadurch 76 % der Beschaffungsgelder verge-
ben. Für den Ausgabenbereich der zentralen
Militärausgaben liegen zwei Untersuchungen
vor, die für 1960 und 1975 Zahlenmaterial be-
reitstellen: !
Die beiden Studien untersuchen die regio-
nale Verteilung der Gelder anhand des Sitzes
des Unternehmens, das den Auftrag erhält.
Dabei ist allerdings auf folgende Unsicher-
heit hinzuweisen: Wird der Auftrag an einen
Hauptauftragnehmer vergeben, der als Ge-
neralunternehmer die Entwicklung und Fer-
tigung der Einzelunternehmer koordiniert,
werden die Zulieferer nicht erfaßt. Diese
vom Generalunternehmer angenommenen
Aufträge umfassen in der Regel ein größeres
Auftragsvolumen mit höherer Stückzahl. Es
darf als unwahrscheinlich gelten, daß als Sub-
unternehmer kleinere mittelständige Betrie-
be in strukturschwachen Gebieten auftreten.
Dieser Bereich ist allerdings in der Tat noch
nicht ausreichend untersucht.
1960 schon war Bayern bei der Vergabe der
zentralen Militärausgaben überproportional
beteiligt gewesen. Diese Tendenz verstärkt
sich bis 1975 bis zu einem Anteil von fast 50
% der ausgegebenen Gelder. Um die Höhe
der Ausgaben vergleichbar zu machen, wur-
den sie auf die Pro-Kopf-Zahl der Bevölke-
rung umgerechnet.
Hierbei wird deutlich, daß innerhalb Bay-
erns der überwiegende Teil in das Rüstungs-
zentrum München geht, strukturschwache
Randgebiete wie das östliche Bayern werden
bei der Vergabe nur unzureichend berück-
sichtigt. Dies dürfte auch in der Struktur der
Aufträge liegen. Technisch hochentwickelte
Rüstungsgüter lassen sich nur in entspre-
Andreas Schmitz
Goldene Zeiten für
Garnisonsstädte?
chend spezialisierten Betrieben herstellen.
So ist auch der Anteil von Handwerksbetrie-
ben sehr gering.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß
gerade die zentralen Militärausgaben nicht
zur Behebung regionaler Disparitäten beitra-
gen, da sie übermäßig stark in Ballungsgebie-
te und da im besonderen nach München flie-
ßen.
Zentrale und dezentrale Beschaffung nach dem Auftragswert im Jan.1975
14.6
A <G
26% £ITA
ATIITX
AFTET TA
AA
ORAACOAN
RKELTITTTTE)
LS
LS Wert
10048 Mill. DM
BMVg
U
Die räumliche Verteilung dezentraler Mili-
tärausgaben
BWB
>
Al
17%
Unter dezentralen Militärausgaben sind die-
jenigen Gelder zu verstehen, die von den ört-
lichen Militärverwaltungen ausgegeben wer-
den.
Diese örtlichen Militärverwaltungen sind
die Standortverwaltung, die Truppenverwal-
tung und die Bauleitung.
Als weitere Ausgabenart, die dezentral
wirksam wird, sind die Personalausgaben zu
sehen, da diese auch einen hohen Anteil am
Verteidigungshaushalt haben.
Gerade der Bereich der dezentralen Mili-
tärausgaben ist ein Bereich, der wenig er-
forscht ist. Uber mehrere Garnisonsorte in
Bayern wurden von der Hochschule der Bun-
deswehr in München Untersuchungen ange-
stellt, welcher Anteil dieser Ausgaben tat-
sächlich in den Orten verbleibt. Leider sind
nicht alle Untersuchungen öffentlich zugäng-
lich, und so sei hier als Beispiel die Gemeinde
Mittenwald herangezogen. Als Untersu-
chungsraum wurde Mittenwald mit etwa
10.000 Einwohnern und die beiden umliegen-
den Gemeinden Krün und Wallgau gewählt.
Die nächst größere Gebietseinheit ist der
Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Von den
1975 der Militärverwaltung in Mittenwald zur
Verfügung stehenden Geldern in Höhe von
ca. 7,5 Mio. DM blieb nur ein kleiner Anteil
von 9,3 % in dem Untersuchungsraum, der
größte Teil von 40 % ging in das Ballungszen-
trum München.
Dabei ist aber auch zu sehen, daß der Anteil
der Gelder, die in der Garnisonsgemeinde
bleiben, weiter rückläufig ist.
Diese Entwicklung wird darin ihren Grund
finden, daß selbst die Bundeswehr vermehrt
darauf angewiesen ist, in größeren Stückzah-
len preisgünstig einzukaufen.
Gegenüber der dezentralen Beschaffung
ist das Jahreseinkommen der Bundeswehran-
gehörigen ein wesentlich wichtigerer Posten.
Waren es etwa 300 Mio. DM, die 1977 den
Bundeswehrgarnisonen zur dezentralen An-
schaffung zur Verfügung standen, so war der
Anteil des verfügbaren Jahreseinkommens
der Bundeswehrangehörigen mit 1,9 Mrd.
DM ungleich höher. Die Differenz zwischen
den einzelnen Bundeswehrstandorten ist al-
lerdings erheblich. Sind in München jährlich
267 Mio. DM, also über 14 % des gesamten
Einkommens, das nach Bayern fließt, so ge-
hen in die kleinsten Orte nur 7 Mio. DM. Auf
die Region München entfallen sogar 34 %
des jährlich verfügbaren Einkommens.
Den Angehörigen der Bundeswehr in Mit-
tenwald standen 1975 etwa 324,5 Mio. DM
als Einkommen zur Verfügung. Von diesem
Einkommen wird aber nur ein Teil im Unter-
suchungsgebiet Mittenwald ausgegeben. Die-
Zentrale Beschaffung
Oo BMVg = 1464
DO] sw = 8178
7642
Dezentrale Beschaffung
MO BSt. Erp. St. u. MArs = 412
a Güteprüfdienst = 965
WBV u. STOV = 811
B Truppe und deren Dienststellen= 218?
1) Einschließlich Kooperative Logistik des BiVB
2) Dienststellen des Geschäftsbereiches
Quelle: Greve, O. (1976)
(Quelle: Maneval, Neubauer, Forschungsbericht Nr. 1, a.a.0.)
a
Inlandsaufträge des Bundeswehrbeschaffungsamtes 1975
Auftragswert in % nach Ländern
Rheinland-Pf. 1,9
S ig-] a
chleswig-H. 44 Hamburg 4.4
Niedersachsen
* Bremen 4.5
NRW 13,1
Y
)
Bayern 49 |
/Baden-W. 13,8
1 Messen 4,5
Saarland 0.7
Gesamtvolumen BWB 1975 = 6544 Mio. DM
(Quelle: Maneval, Neubauer; Forschungsbericht Nr. 1,a.a.0.)
Verteidigungsausgaben des Bundesamtes für Wehrtechnik
und Beschaffung pro Kopf der Bevölkerung in DM
Hamburg
Bremen
Nordrhein-Westfalen
Köln
Baden-Württemberg
Hessen
Rhein-Main-Gebiet
Saarland
Bayern
Region München
Östliches Bayern
Niedersachsen
Schleswig-Holstein
Nördl. Schleswig-Holstein
Kiel
Rheinland-Pfalz
Hunsrück-Eifel
BRD
1960
116,6
387,0
34,1
221,9
66,6
62,7
121,7
40,2
117,8
724,5
49,7
28,2
88,2
16,4
195,5
28,1
2,8
64.5
1975
157,4
418,7
50,8
(*
124,6
66,4
f*
77.4
236,2
1001,1
(*
30,2
116,1
46,.
0
105.
(*) Angaben liegen nicht vor
(Quelle: Maneval, H. u.a.; Forschungsbericht Nr. 1 a.a.0.
Zimmermann, H.: a.a.O., Statistisches Jahrbuch 1977.
eigene Berechnungen)
44