Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1983, Jg. 15, H. 67, 68, [69/70], 71, 72)

Vergangenheit stets die Toten geehrt bzw. 
heroisiert, ist die ’Soldatenhalle’ als eine 
„Weihestätte der Helden” geplant worden, 
die noch garnicht gefallen waren. Sie war also 
'n ihrer Konzeption letztlich Einladung zum 
eldentod. Bevor die ersten brutalen Über- 
älle der deutschen Armee auf andere Länder 
;tattfanden, sinnierte Kreis bereits über die 
Hierarchie der Sarkopharge, die die ’gehei- 
igte Krypta’ aufnehmen sollte; d.h. über die 
Ausgestaltung der Grabmäler eines Feldmar- 
schalls, eines Generals, eines Hauptmanns 
etc. Die Entwürfe der ’Totenburgen’ sind in 
liesem Zusammenhang dann nur eine logi- 
;che Konsequenz und Entsprechung einer 
Politik, die die Lebenden auf die eigentliche 
3estimmung, den „Tod für die Rassenge- 
meinschaft” vorbereitete. „Da ein Leitmotiv 
der nationalsozialistischen Ideologie der Ras- 
‚enkampf und die Figur des Kriegers bzw. 
Helden gesellschaftliches Leitbild ist. nimmt 
Das geplante 
Großgermanische Reich 
Grenzen von 1937 
isierung der Toten „in den Landschaften krie- 
gerischer Entscheidungen” den „Sinn einer 
großen geschichtlichen Wende” zu verkör- 
pern hatten.” Jedem kriegerischen Erfolg 
folgte ein Entwurf des ’Generalbaurates’, der 
den jeweiligen neuen Grenzverlauf gleichsam 
den Sandkastenspielen der Generale, durch 
ein steinernes Monstrum aktualisierte. Die 
Architektur wurde so zum integrativen Be- 
standteil der mörderischen Kriegsmaschine- 
rie, wurde instrumentalisiert für die ’Neuord- 
nung’ Europas! 
„Wir werden den Krieg gewinnen, aber si- 
chern werden wir den Sieg durch unsere Bau- 
ten” war die von Hitler ausgegebene Devise. 
Und in der Tat ging die gesamte Eroberungs- 
politik einher mit Bauplanungen, die auf ver- 
schiedensten Ebenen zur ’Sicherung’ der Er- 
oberungen angelegt waren. Markierten die 
”Totenburgen’ den neuen Grenzverlauf, hat- 
te die ’Reichsstelle für Raumordnung’ die 
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schaffung zunehmend vorangetrieben hatten. 
Sollten sie doch „Tore nach Osten und We- 
sten... öffnen... Uber Weichsel, Warthe und 
Rhein greifen die Reichsautobahnen hinüber 
in alte deutsche Kulturlandschaften, die von 
den Kriegsentscheidungen ins Reich zurück- 
geführt wurden!” Durch diese ’Tore’ fuhren 
dann allerdings auf Panzern, Krads und Ge- 
schützlafetten, die „’Kraft-durch-Freude- 
Wagen’-Sparer zum erstenmal auf ’ihren’ Au- 
tobahnen.”” Sie fuhren in die Kriege, in de- 
nen sie die wenig später von Kreis geplanten 
”Totenburgen’ zur „ewigen Wache” erwarte- 
ten. Der Nachschub an Helden sollte hinge- 
gen in den überall im Reich im Entstehen be- 
griffenen Kasernenbauten, Gaukommandos, 
Kriegsschulen, Adolf-Hitler-Heimen sowie 
auf den ’Ordensburgen’ herangezüchtet wer- 
den. 
Während an allen Fronten Europas das 
barbarische Abschlachen seinen Lauf nahm, 
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die Verherrlichung des gefallenen Soldaten 
einen zentralen Rang ein. Die Versinnbildli- 
chung dieses Leitbildes ist Hauptaufgabe des 
Denkmals. ”” Der Sinn des Lebens wurde auf 
den ’Opfergang’ reduziert, von den Ursachen 
und dem Leid des Krieges damit abgelenkt. 
„Um dem Militarismus Sinn zu geben, griff 
der Nationalsozialismus auf die irrationalen 
Begriffe Schicksal, Verhängnis und Vorse- 
hung zurück. Diese Vorstellungen finden ihre 
Entsprechung und formale Umsetzung in der 
Schaffung gewaltiger Steinmonumente, die 
auf Denkmaltypen des Wilhelminischen 
Deutschlands ..., auf mittelalterliche fortifi- 
katorische und antike Vorbilder zurückge- 
hen...”” Überall in den eroberten und unter- 
jochten Gebieten sollten die ’Ehrenmäler’ 
von der Macht und Überlegenheit der deut- 
schen Rasse künden, den Unterdrückten zur 
Warnung, den potentiellen Kriegern zum 
Ansporn. Kreis plante einen umfassenden 
Ring von ’Totenburgen’, die neben der Hero- 
Aufgabe, die annektierten Gebiete im Sinne 
der neuen Herrschaft zu ordnen. Unter den 
Begriff ’Großraumplanung’ wurden ab 1940 
Kolonialstädte geplant, die vorallem die 
’Weite des Ostens’ strategisch kontrollieren 
sollten. Damit verbunden bestand die Aufga- 
be der ”’Reichsstelle’ desweiteren darin, 
„...die gewachsenen baulichen und kulturel- 
len Strukturen zu zerstören und die besetzten 
Länder zu Funktionen der faschistischen In- 
teressen zu degradieren.”” 
Ein anderes ’Bauwerk’ jedoch sollte in Zu- 
kunft sowohl die Kolonialorte als auch die 
”Totenmäler’ als übergeordnetes System mit 
dem ’Altreich’ vereinen, das Netz der Auto- 
bahn. Schon seit 1933 wurden unter Leitung 
Fritz Todts die „Straßen des Führers” zur 
„Vereinheitlichung der Nation und des deut- 
schen Lebensraumes”®” planmäßig gebaut. 
„Erst der Krieg (jedoch) machte die strategi- 
schen Fernziele deutlich, die den Ausbau der 
Straßen nach der anfänglichen Arbeitsbe- 
wurde in den Zeichensälen des ’Generalbau- 
inspektors für die Reichshauptstadt’ Albert 
Speer derweil letzte Hand an die Planung der 
neuen Welthauptstadt ’Germania’ gelegt, wie 
Berlin im „sicheren Gefühl des Endsieges” 
zukünftig heißen sollte. Die Asthetisierung 
des Grauens kulminierte hier in den hyper- 
trophen Anlagen der Nord-Süd-Achse, deren 
memoriale Architekturen die schrille Sprache 
nackter Machtdemonstration vermittelte. 
Krieg und Tod wurden dabei als zentrales 
Anliegen thematisiert und strukturierten den 
Achsenablauf. Erinnert die ’Beutewaffenal- 
lee’ an den siegreichen Feldzug gegen Frank- 
reich, erhebt sich in deren Zuordnung der 
120m hohe Triumphbogen, der die Namen 
der knapp zwei Millionen deutschen Kriegs- 
gefallenen des Ersten Weltkrieges aufneh- 
mend, sie post festum zu Siegern stilisiert. 
Die o.g. Soldatenhalle als Ruhmesbau der 
künftigen Kriegshelden steigert die Abfolge 
der ’via mortis’ auf die "Große Halle’, welche 
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