Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1983, Jg. 15, H. 67, 68, [69/70], 71, 72)

oben: ’Totenburg’am Dnjepr in der Sowjetunion 
(W.Kreis, 1942/43), Federzeichnung 
unten: ’Totenburg’ in Kutno (W.Kreis, 1941/42) 
Federzeichnung 
darunter: Ehrenmal Grebbeberg in Holland (nach einer Idee 
von W. Vahrenkamp, Entwurf und Zeichnung W. Kreis, 1942 
Federzeichnung 
die angestrebte Weltherrschaft versinnbildli- 
chend, von einem ’Hoheitsadler’ bekrönt 
wird, der mit seinen scharfen Krallen die 
Weltkugel fixiert. Ergänzend dazu befindet 
sich in räumlicher Verbindung zum alten 
Zeughaus, an der Straße Unter den Linden, 
bereits seit 1939 (!) ein Weltkriegsmuseum in 
Planung, in dem die Geschichte des ’heroi- 
schen Krieges’ ausgestellt werden sollte. Wil- 
helm Kreis, sein Schöpfer, sah 1941/42 in der 
Euphorie des „unaufhaltseamen Vormar- 
sches” vorsorglich eine große Erweiterung 
vor, um so auch die Geschichte des von den 
Nazis entfesselten Zweiten Weltkrieges un- 
terbringen zu können, deren ”Totenburgen’ 
er zeitgleich dazu projektierte. „Die faschisti- 
schen Verbrechen ließen sich nicht mehr legi 
timieren. sondern nur noch ästhetisieren. 7 
Die ’Totenburgen’ waren dabei — komple- 
mentär zu diesen Planungen — wichtiger Teil 
der Asthetisierungsstrategie. Ihre Funktion 
kann jedoch erst im aufgezeigten Kontext 
vollends erfaßt werden. Anfang 1943 waren 
eine große Anzahl der ’Mäler’ bis zur Baurei- 
fe gediehen. Folgt man ihren vorgesehenen 
Standorten, reichte das neue Imperium 
„...entlang dem Ural, südlich von Griechen- 
land, an der atlantischen Küste vorbei bis 
hinauf nach Hammerfest in Nordnorwe- 
gen.”!” Friedrich Tamms, selbst Architekt im 
Auftrage des ’Generalbauinspektors’ Albert 
Speer, führte dazu in pathetischer Schwül- 
stigkeit aus, indem er sie als „Bollwerke gei- 
stiger Art gegen die Fluten feindlichen Füh- 
lens und Wollens” charakterisiert: 
„In großer Einsamkeit erheben sie sich am Rande des 
Nordmeeres, an den Steilufern des Atlantik, in den wilden 
Bergen des Balkans, an den weiten Strömen des Ostens und 
in den unabsehbaren Ebenen Rußlands. Dort werden einst 
ihre schweigenden Mauern und Pfeiler emporwachsen und 
sich zum Ring schließen. Sie werden in sich einen Teil die- 
ser Welt umfangen, die als Ganzes für menschliches Den- 
ken und Fühlen unfaßbar bleibt, aber im Teil faßbar wird 
und damit die Kraft gewinnt, neues Leben zu spenden. So 
sind es wahre Gottesbauten, die an das Ewige und an eine 
allmächtige Schöpferkraft mahnen. Sie werden die 
Schlachtfelder dieses Weltkrieges weithin überragen... An 
der Weichsel steigen aus den Fluten des weiten Stromes, 
auf breit gelagertem Findlingsmauerwerk ruhend, zehn 
runde Türme empor, die eine gewaltige zinnengekrönte 
Ringmauer tragen. Sie umschließen eine Weihestätte, de- 
ren Dach der Himmel ist. ... Da steht das Ehrenmal Kutno 
an der Bsura! Auf flachem Hügel erheben sich vier mächti- 
ge, quadratische Pfeiler, durch Bogen zum Viereck verbun- 
den, und schirmen das Symbol dieses Kampfes, der hier be- 
sonders erbittert geführt wurde: ein gewaltiges Schwert, das 
den Altar dieser Weihestätte krönt. 
Da steht der riesige Siegfried auf den Hängen des Fjords 
von Narvik und bewacht die Gräber einer kleinen Schar 
tapferer Männer, die hier, Tausende von Kilometern deı 
Heimat entfernt, ihren Auftrag erfüllten und um ihren Füh- 
rer geschart einen Ring bildeten, an dem der Wille des Geg 
ners zerbrach! 
Hoch über dem Strom, wo die Panzergruppe Rommel bei 
Dinant den Übergang über die Maas erzwang, erhebt sich 
auf steilem Felsen ein hoher Stein und trägt den siegreichen 
deutschen Adler mit breit geöffneten Schwingen weit ins 
Land hinaus!
	        

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