Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1983, Jg. 15, H. 67, 68, [69/70], 71, 72)

Rezensionen 
Wohnungspolitik 
in der 
Großstadt 
Adalbert Evers / Tilman Harlander, 1982, 
Kommunale Wohnungspolitik im Großstadt- 
raum, Politischer Kontext Kommunaler Poli- 
tik und Planung. Eine vergleichende Unter- 
suchung der Bedingungen für Stadterneu- 
erung und Stadterhalten an deutschen Fall- 
studien, unter Mitarbeit von Gerd Grzella- 
Fuhrmann, Lothar Jax und Christian Lange, 
Werkberichte des Lehrstuhls für Planungs- 
theorie RWTH Aachen, 4 Bände, 684 Seiten, 
30,- DM, einzeln 9,- DM, zu beziehen bei: 
Lehrstuhl Planungstheorie, RWTH, Schin- 
kelstr. 1, 5100 Aachen und bei Klenkes Druck 
und Verlag 
„Die sogenannte Wohnungsnot, die heutzu- 
tage in der Presse eine so große Rolle spielt, 
besteht nicht darin, daß die Arbeiterklasse 
überhaupt in schlechten, überfüllten, unge- 
sunden Wohnungen lebt ... sie ist nicht etwas 
der Gegenwart eigentümliches, ... sie hat alle 
unterdrückten Klassen aller Zeiten ziemlich 
gleichmäßig betroffen. Und diese Wohnungs- 
not macht nur soviel von sich reden, weil sie 
sich nicht auf die Arbeiterklasse beschränkt, 
sondern auch das Kleinbürgertum mit betrof- 
fen hat,,. Als Friedrich Engels dieses in seiner 
Artikelserie zur Wohnungsfrage schrieb, sah 
er sich dazu veranlaßt, weil das gesamte poli- 
tische Spektrum von links bis rechts mehr 
oder weniger gesellschaftsimmanent bis kurz- 
sichtig das Wohnungsproblem diskutierte und 
in Modelle faßte. 
Heute, nach 111 Jahren, ist sowohl die Dis- 
kussion wie das politische Spektrum nicht ge- 
ringer. Der Gegenstand heißt nun allerdings 
„neue Wohnungsnot“. Was ist neu an dieser 
Wohnungsnot? Was hat sie gemeinsam mit 
dem gesellschaftlichen Mißstand, den Engels 
analysierte? Was ist neu an Lösungsansätzen 
in der politischen Diskussion und in der poli- 
tischen Praxis? Offensichtlich ist, daß das 
Wohnungsporoblem sich immer noch auf die 
Städte bzw. Kommunen bezieht. Deutlich ist 
auch, daß immer größere Teile der Bevöl- 
kerung dadurch in ihren Reproduktionsmög- 
lichkeiten beschränkt werden. Das aktuelle 
politische Diskussions- und Handlungsspek- 
trum reicht von „mehr Markt“ (Liberalisie- 
rung), mehr kommunaler Kompetenz (Kom- 
munalisierung) über Selbsthilfe bis zur Subsi- 
stenzwirtschaft und Besetzerszene. 
Die Autoren legen nun mit diesem viebändi- 
gen Werk eine empirisch fundierte Unter- 
suchung vor, mit der sie das Ziel verfolgen, 
anhand von Fallbeispielen in den bundesdeut- 
schen Städten München (Band 2), Köln (Band 
3) und Frankfurt (Band 4), unterschiedliche 
Handlungsprogramme der gegenwärtigen 
kommunalen Wohnungspolitik in ihren Zie- 
len und Wirkungsweisen zu untersuchen. Be- 
rücksichtigen konnten sie in der vorgelegten 
umfangreichen Exploration hauptsächlich die 
offizielle Kommunalpolitik. Besonders aus- 
sagekräftig werden die untersuchten Fallbei- 
spiele durch die in ihrem Anschluß durchge- 
führte vergleichende Untersuchung vor dem 
Hintergrund, daß in den Städten München 
und Frankfurt CSU-resp. CDU-Mehrheiten 
entsprechende marktkonforme Neubaupro- 
gramme installiert haben und in Köln die 
SPD-Mehrheit ein eher auf den Bestand ab- 
zielendes vorgelegt hat. Varianz besteht zwi- 
schen Frankfurt und München allerdings 
auch darin, daß München durch eine wesent- 
lich bessere Haushaltslage gekennzeichnet ist. 
Aus den Unterschieden der drei Kommunen 
entwickelten die Autoren auch die Merkmale 
ihres Untersuchungsgegenstandes: 1. Neubau- 
politik (Bodenpolitik, frei finanzierter Woh- 
nungsneubau, sozialer Wohnungsneubau, be- 
sondere Programme); 2. Erneuerungs- und 
Bestandspolitik (Sanierungskonzepte und- 
-maßnahmen, _Modernisierungsförderung, 
Wohnumfeldverbesserung); 3. Bestands- 
schutz betreffs Bau- und Sozialstruktur. 
Die Ergebnisse sind nun verblüffend, denn 
die Varianz der Inhalte der kommunalen 
Wohnungspolitikprogramme findet sich nicht 
in den Maßnahmen und noch weniger in den 
Wirkungen wieder. Das Gegenteil ist der Fall. 
Durchbruch 
statt 
Abbruch 
Wilfried Hülsmann, Matthias Münstermann: 
„Durchbruch statt Abbruch“ 
Ökotopia Verlag 
Broschüre, DIN A 5 
443 Seiten, mehr. als 200 Fotos und 
Zeichnungen 
Am Beispiel eines teilbesetzten Hauses in der 
Cuvrystr. in Berlin - Kreuzberg werden recht- 
liche und finanzielle Möglichkeiten der Lega- 
lisierung dargestellt (Übersicht über die in 
Frage kommenden Modelle), sowie die 
wichtigsten baulichen Probleme erörtert: 
Schädlingserkennung und -bekämpfung, Bad- 
einbau, Trockenlegung von Kellermauerwerk, 
Durchbrüche. 
Das Buch ist eine überarbeitete Diplomar- 
bei von drei Berliner Architekturstudenten, 
die bei der Instandsetzung des Hauses selbst 
mit Hand angelegt haben und von daher die 
einzelnen Arbeiten sehr plastisch beschrieben 
haben. Die drei Beispiele (Badeinbau in ehe- 
maliger Küche mit Verlegung der Podest- 
toilette nach innen, Trockenlegung des Kel- 
lermauerwerks, Durchbrüche), erfassen die 
wichtigsten Instandsetzungs- und Moderni- 
sierungsarbeiten, die in alten Häusern anfal- 
len. Das Kapitel Badeinbau z.B. reicht von der 
statischen Berechnung der Decke (Gewicht 
der Badewanne) über Probleme der Feuch- 
tigkeitsisolierung bis hin zu einem Verzeichnis 
lieferbarer Rohre nebst Montageanleitung 
sowie diesbezüglicher DIN-Vorschriften. 
Ein übersichtlich gegliedertes Schadens- 
lexikon - unterteilt in Ursachen, Auffinden 
und Untersuchen, Maßnahmen - macht dieses 
Buch zu einem praktischen Ratgeber für alle 
Selbsthilfegruppen im Altbau. 
Es gibt mehr Gemeinsamkeiten als Unter- 
scheidungen. Im —Untersuchungszeitraum 
konnte beobachtet werden, daß sich die diffe- 
renten Programme mit ebenfalls unterschied- 
lichen ideologischen Grundlagen angeglichen 
haben, wie auch deren Wirkungen. Eine der 
wesentlichen Ergeonishypothesen ist, daß sich 
offenbar ein kommunaler „Politiktypus“ 
herausgebildet hat, dessen Determinierung 
außerhalb politisch sozialer Reformbestre- 
bungen liegt, denn dominant verhalten sich 
die Kommunen nach nationalen und interna- 
tionalen Konkurrenzgesichtspunkten. 
Bei diesem Ergebnis bleiben die Autoren je- 
doch nicht stehen, sondern greifen aus einer- 
seits „wachstumskritischer“ andererseits „so- 
zialstaatskritischer“ Sicht in die Diskussion 
um die „neue Wohnungsnot“ ein. Auf der 
Grundlage ihrer Ergebnisse weisen sie auf die 
Notwendigkeit des Scheitern einer sozialen 
Wohnungspolitik hin, die sich allein auf den 
Wohnungssektor beschränkt und treten 
gleichzeitig für eine hauptsachliche Bindung 
der Mittel im Bestand ein. Dieser Beitrag ist 
neben den methodischen Grundlagen und der 
vergleichenden Untersuchung in Band 1 doku- 
mentiert. 
Diese teils von der DFG geförderte Unter- 
suchung liefert detaillierte Analysen der 
kommunalen Politikansätze zur Lösung der 
„neuen Wohnungsfrage“ in den untersuchten 
deutschen Großstädten. In ihrer Verallgemei- 
nerungstendenz weisen sich diese Politiken 
der Wohnungsmisere aus. Die Lektüre dieser 
Untersuchung sollte obligatorisch sein für 
Planer, Soziologen und Politikwissenschaft- 
ler, die mit der Wohnungsfrage befaßt sind. 
Volker Roscher, Aachen 
a 
Die Autoren wollen ihr Buch jedoch nicht 
als bessere Anleitung für Heimwerker der 
„Selbst-ist-der-Mann“ - Bewegung („Männer 
haben Metabo“) verstanden wissen. „Uns er- 
scheint es deshalb wichtig, daß jeder, der an 
einem Haus arbeitet, die wichtigsten Zusam- 
menhänge kennt bzw. versucht, sich Informa- 
tionen darüber zu verschaffen. Wir wollen 
also versuchen, bei der Beschreibung einzel- 
ner Baumaßnahmen auch zu erklären, warum 
etwas so oder so gemacht wird“. (aus der Vor- 
bemerkung zum praktischen Teil) 
In der Tät erfordert dieses Buch einiges Mit- 
denken und Verstehen und setzt ein Grundver- 
ständnis für handwerkliches Arbeiten voraus 
oder zumindest die Bereitschaft, es sich anzu- 
eignen. Die einzelnen Arbeiten sind so erklärt, 
daß der handwerklich motivierte Leser die 
Schwierigkeitsgrade einschätzen kann und da- 
durch einen Überblick erhält, über die Arbei- 
ten, bei denen er Rat und Hilfe von Fachleuten 
bracht - je nach eigenen Fähigkeiten. 
Der Teil „Wege für eine Selbstverwaltung“ 
ist gleichermaßen anwendungsorientiert und 
so leicht verständlich als nur möglich gehal- 
ten. Der Überblick über mögliche Rechtsfor- 
men (Hausverein, GmbH etc.) und Verträge 
(Miets-, Nutzungs- Pachtvertrag u.a.) wird er- 
gänzt durch den Abdruck der wichtigsten Ver- 
trags- und Gesetzestexte dazu. Dies bezieht 
sich nicht nur auf die Berliner Situation, 
sondern ist für das ganze Bundesgebiet gültig. 
Das Buch ist entstanden vor dem Hinter- 
grund der Berliner Häuserkämpfe, reiht sich 
aber nicht in die Reihe der Veröffentlichungen 
über Instandbesetzer ein, sondern ist ein Buch 
für Instandbesetzer und andere Retter alter 
Häuser, sowie deren Helfer und Unterstützer. 
Ein Versuch - und das zeichnet dieses Buch, 
das ja eine überarbeitete Diplomarbeit ist, 
aus - das Fachwissen der Universität an die 
Leute zu vermitteln, die dieses Wissen 
brauchen, aber einen schlechten Zugang da- 
zu haben. 
Bernd Laurisch
	        
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