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ren Geschossen spielt nicht nur der Blick gera-
de heraus aus dem Fenster („Aussicht“), eine
Rolle, sondern auch die „Auf-Sicht“ auf den
Gehweg und besonders den Eingangsbereich.
Vor allem für Menschen, die sich viel in der
Wohnung aufhalten müssen, ist die „Auf-
Sicht“ darüber, was auf der Straße geschieht,
wichtig.
Dies kann durch Erker, vorspringende Win-
tergärten,) Stehbalkons bzw. eine „porte de
fenetre“ begünstigt werden. Diese räumlichen
Elemente haben den Vorzug, in allen Geschos-
sen einen Überblick über die Straße und den
Eingang zu ermöglichen, wenn sie nicht selbst
über dem Eingang. liegen.
Die Sockelzone
Im Erdgeschoß ist bei Wohngebäuden ohne
Ladeneinbauten, vor allem wenn eine Vorzo-
ne fehlt, unbedingt eine Sockelzone vorzu-
sehen. Dies schützt die Erdgeschoßbewohner
vor der Einsicht von außen und erlaubt umge-
kehrt draußen erst den Aufenthalt vor den pri-
vaten Fenstern. Die Sockelzone ist ein Mittel
um Distanz zu erzeugen, aber Anonymität zu
vermeiden. Beim Wiederaufbau der 50er
Jahre fehlt häufig diese Sockelzone. Dort ist
zu beobachten, daß die Rolläden schon sehr
früh am Abend heruntergelassen werden. Ent-
sprechend anonym wird der Charakter der
Gehwege. Eine nachträgliche Reparatur die-
Der zweite Aspekt, der hier behandelt werden
soll, zielt auf die Beziehung zwischen Gebäude
(bzw. Wohnung) und Straße, auf die Bildung
des Straßenraums. Wie für alle anderen Frei-
flächen, gilt auch für den vorderen Bereich,
daß nicht allein die interne Gestaltung und
Untergliederung des Raums seinen sozialen
Charakter ausmacht, sondern daß die Art und
Weise, wie die angrenzenden Räume und Ge-
bäude sich ihm zuordnen, vorausgesetzt ist.
Der öffentliche Raum lebt vom Bezug der Ge-
bäude zur Straße, ohne diesen Bezug
entstehen allenfalls monofunktionale (Ver-
kehr) und anonyme Räume (keine soziale Be-
legung). Das Charakteristikum des öffent-
lich-städtischen Raums begründet sich gerade
aus den typisch städischen Formen der Ge-
staltung der Innen-Außenbeziehung. Dafür
gibt es vom Stadtkern bis zu den Stadtrand-
siedlungen ein breites Spektrum an möglichen
Grundformen und Variationen, genauso wie
im Hinblick auf die Nutzungsdichten der so-
ziale Charakter der Straße von „zentraler“
Öffentlichkeit bis zur „Halb“öffentlichkeit
changieren kann.
Das Gesicht zur Straße
Der öffentliche Charakter einer Straße wird
kenntlich dadurch, daß sich die Gebäude auf
sie beziehen, sich nicht von ihr abschotten. Die
Inhalte dieser Beziehung freilich können sehr
verschiedene sein. Es kann sich um konkrete
Nutzungsbeziehungen, z.B. um die Auslage
von Einzelhandelsgeschäften, um die einla-
dende Gestaltung des Eingangsbereichs, um
die Möglichkeit vom Fenster oder Erker aus
zu beobachten und am Straßenleben teilzu-
nehmen, handeln oder aber um Repräsenta-
tion, d.h. die Darstellung des eigenen gesell-
schaftlichen Status. Die Gestaltung dieser ver-
schiedenen Innen-Außen-Beziehungen waren
früher vor allem Aufgabe der Fassade und der
Vorzone. Nur ein Haus, daß sich der Straße
zuwendet, kann ein Gesicht, eine „facade“ ha-
ben. Wenn die Zuwendung der Häuser zur
Straße dieser erst ihren öffentlichen Charak-
ter verleiht und sie als einen „Verhaltensraum“
mit eigenen sozialen Regeln kenntlich macht,
so gilt auch umgekehrt, daß die Gebäude sel-
ber nur über ihr Gesicht nach außen kenntlich
werden. Erst diese Wechselbeziehung konsti-
tuiert den städtischen Raum, als „sozial ge-
faßten‘“, als „Zwischenraum per se“. Aller-
dings wird mit dieser Aufgabe der Fassade als
Vermittlungsglied und Grenze zugleich ein ge-
stalterisches Problem angesprochen, das nach
der gründlichen Ausrottung aller selbstver-
ständlichen Bedeutungen - und damit einer ge-
meinsamen Sprache zwischen Baumeistern
und Baubewohnern, kaum mehr überzeugend
lösbar erscheint.
Auf-Sicht und Aussicht
Der Bezug von Innen nach Außen ist im vor-
deren - wie im rückwärtigen Bereich naturge-
mäß je nach Geschoß verschieden. In den obe-
oben links: Vorschlag zur Umwandlung von kollektiven, kaum
genutzten Rasenflächen in Haus- und Mietergärten sowie drei
kleinere Gemeinschaftsflächen. Den Erdgeschoßwohnungen
sind die Gärten unmittelbar zugeordnet, (Dortmund-Davidis-
straße, Arbeitsgruppe Bestandverbesserung)
oben rechts: Schotten sich die Häuser gegenüber dem öffent-
lichen Raum ab, so wird daraus ein fast anonymer Raum. Sied-
lung Alberslund Syd, DK (Svensson und Co., 1963-68)
oben: Sehr hohe Sockelzonen bedürfen auch eines breiten Bür-
gersteigs ( wie er ursprünglich auch vorhanden war !) sollen sie
nicht anonym werden. Nur das reiche Ornament kaschiert das
Verbrechen.
unten: Zwei bis drei Treppenstufen vor der Eingangstüre kön-
nen eine Art Bühne sein wie die gezeigte Doppeltreppe.
ses Fehlers ist nur möglich, wenn zugunsten
einer privaten Vorzone die Straßenverkehrs-
fläche verringert werden kann. Umgekehrt
aber ist eine hohe Sockelzone kein Freibrief
dafür, die Bürgersteige so schmal zu machen,
daß man als Fußgänger nur noch Sockel, nicht
mehr aber die Fenster sieht. Auch dies macht
aus dem Bürgersteig einen anonymen Raum.
Die weitaus schlimmste Form der Anony-
misierung der Straße aber entsteht durch
Fronten von Garagentoren oder durch aufge-
ständerte Gebäude. Für die soziale Belegung
der Straße ist gerade die Nutzung der Erdge-
schoßzone maßgeblich.
Die Inszenierung des Übergangs
Der Bereich zwischen Gebäude und Straße als
Zone des Übergangs zwischen „Privatem“ und
„Öffentlichem“ bzw. die Fassade als Schnitt-
stelle zwischen Innen und Außen haben über-
all in der Stadt wie in der Vorstadt oder den
Siedlungen, zwei widersprüchliche Aufgaben
zu erfüllen: Sie sollen Grenzelemente und
Vermittlungsglieder zugleich sein.
Der Übergang zwischen öffentlicher und
privater Sphäre bedarf immer eines besonde-
ren räumlichen Inventariums. Er soll Raum
schaffen für Annäherungen oder für Distanz-
handeln. Er soll Verhaltensspielräume schaf-
fen für Bewohner, Besucher oder Kunden, da-
mit das Überwechseln von einem Bereich zum
andern abgeschreckt, in Szene gesetzt oder als
Verlockung erscheinen kann. Es ist ein „Ar-
mutszeugnis“, wenn dieses Inventarium fehlt
- ein Zeugnis für die ökonomische Armut des
Eigners oder Mieters oder aber ein Zeugnis für
die Erfahrungs- und Phantasiearmut des Ar-
chitekten oder Planers.