Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1984, Jg. 17, H. 73-78)

I. Brooklyn Academy of Music, Next Wave 
N eWwW 2. Postindustrial Patchwork 
New York 
abgeschnitten und Hähne zugedreht 
werden. Man hat Zeit. 
Die Süd-Bronx liegt - anders als 
Harlem - außerhalb von Manhattan und 
ist als Fläche kontrollierbar. Noch er- 
füllt sie den Zweck einer Pufferzone, in 
der sich Gewalt neutralisiert und an sich 
selbst erstickt. 
Die Pläne der Reagan Administration 
vom ”’Free Enterprising’ in der Süd- 
Bronx und anderen Problemzonen der 
Stadt deuten darauf hin, daß Manhattan 
zukünftig seine vier Stadtbezirke wie 
anektiertes Land behandeln wird: dort 
die Parkplätze, hier die Industrie, dort 
die Arbeitswilligen und da ein bißchen 
Drogenhandel usw. 
Man ist dabei - und das war der Sinn 
der Krise - die Underdogs dieser Ge- 
collar, ein Drittel blue collar - zukünftig. Kommunikationswesens, American Te- 
Man ahnt, daß Manhattan zum Wohn- _legraph and Telephone, Ende 1983 
sitz der weißen Kragen wird, man sieht seinen neuen Chippendale-Skyscraper, 
voraus, daß die Zuträger im blauen und dieser Einzug ins postmoderne 
Kragen nur dieses Riesenschiff betreten, Envirement steht symbolisch für den 
um zuzuliefern oder Dienste zu verrich- AT+T-Break-Up zum 1.1.1984. Recht- 
ten. zeitig zum Orwell-Jahr löste die alte ’Ma 
Die Port Authority, die gerade zuse- Bell’ nach fast zehnjährigem Rechts- 
hen mußte, wie Piers, Schiffe, Jobs und streit mit den amerikanischen Justiz- 
Steuern nach New Jersey abdrifteten, hat behörden ihr Informations-Imperium in 
sich wohl in Kenntnis zukünftiger Strö- der bestehenden Form auf, gab den 
mungen vor den großen Kahn gespannt Betrieb der gesättigten lokalen Telefon- 
und plant einen neuen Hafen: den Tele- netze an kleine Gesellschaften ab, ließ im 
port. Nachdem man ihn im letzten Jahr ’Longer Distance’-Service kalkulierte 
Z gasgiebig als New Yorks Eintritt ins Konkurrenz zu und setzte voll auf Ent- 
sellschaft aus Manhattan und den Stadt- nächste Jahrtausend feierte, hat mansich Wicklung und Anwendung der neuen In- 
vierteln seiner Nachbarschaft rauszutrei- dieses Jahr auf Staten Island an die formations- und Kommunikationssvyste- 
ben in entferntere Teile dieser Stadt; die Arbeit gemacht, einige Wiesen mit me. 
konzentrischen Ringe der Preisabstu- Gebäuden und Antennen bestellt und Break-Up der Gesellschaft: die Auf- 
fung um das Zentrum existieren schon, beginnt, Kabel auf Manhattan zuzule- spaltung wird um eine Doppelfacette 
Südbronx und Harlem ausgenommen, gen. Damit nimmt auch die Entwicklung ergänzt, High Tech - Low Tech. 
doch der. Flächenwandel des einen und von Staten Island seinen Lauf. Bald wird Neben dem Teleport sind weitere 
die gezielte Gentrification des anderen Man von der Fähre aus die blinkenden Projekte anderer Investoren bereits im 
Gebietes ist nur eine Frage der Zeit. Spiegel der Neuen Zeit sehen können. Gange: die Verlegung hochleistungsfähi- 
Ironie des Schicksals. Die Werbestra- Das Projekt, einige zwanzig Groß- ger Glasfaserkabel zwischen Washington 
tegen für Harlems Volksfest im August antennen auf alle möglichen Satellitenzu und New York mit Erweiterungsabsich- 
haben sich den sinnigen Spruch ausge- richten - genannt: New Yorks Ohr zum ten nach Atlanta/New Orleans bzw. 
dacht, den es schon auf T-Shirts in Himmel -, soll bis 1990 die wichtigsten _Boston/Montreal oder die flächendek- 
Downtown zu bewundern gibt: Do it Stadtteile Manhattan, Brooklyn und _kende Verkabelung von 2,2 Mio. Haus- 
Uptown, Harlem ’s Up. Queens und New Jersey’s Hafenufer mit halten in New York City innerhalb von 7 
Man sieht es an den Ecken und in High-Tech-Glasfaserkabel verbinden Jahren mit je einem öffentlichen und 
manchen Blocks: Harlem cleant. Man und alle möglichen Zentralen von einem nicht-öffentlichen Kupfer-Breit- 
wirbt mit niedrigen Preisen für Häuser Banken und Wirtschaft an sämtliche _bandkabel für den Dialogverkehr. 
und auf Busfahrten für Harlems Ge- Informationen und Informationsverar- Noch ist es Patchwork, doch die Rich- 
schichte. Man erinnert stolz an die beitungen anschließen. tung ist klar: Großoffensive für eine in- 
wilden Zwanziger, an die Blütezeit von Die Wegesind vorgezeichnet: Brücken, formierte, postindustrielle Gesellschaft. 
Harlems kulturellen Potenzen. Man hat Tunnels, Eisenbahn- und U-Bahnlinien; New York, New York, was wird aus die- 
Erfolg. Der Stadtteil wandelt sich -trotz Wegerechte werden sich erkauft oder ge- ser Stadt? Wenn nun die alten Subways 
aller massiv vorhandenen Probleme - least. Die Schienenstränge der Eisen- eines Tages keinen Sinn mehr machen? 
und wertet sich auf für ein Revival von bahnen stehen hoch im Kurs; die Gesell- Ihre Tunnels zum Gehäuse der Glasfaser- 
Middleclass-Housing, gleich welcher schaften bieten ihre Strecken zur Ver- kabel-Stränge werden? Meterhoch wer- 
Couleur. Und wer nicht zahlen kann, _kabelung an oder steigen selbst --so wie den sie sich durch die verwaisten Kata- 
fliegt raus. die halbstaatliche Amtrak - mit ins _Kkomben schlängeln, während New Yorks 
Zwei Millionen Jobs in Manhattan erfolgversprechende Kabelgeschäft ein. Penner hierher zurückkehren, um sich an 
unterliegen dem Wandel zur postindu- Unterdessen bezog der unangefoch- allen heißen Informationen dieser Erde 
striellen Gesellschaft. Zwei Drittel white tene Spitzenreiter des Informations- und zu wärmen 
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