Maße, in dem sich ein informationstechnisches Netz zwischen hinsichtlich Ausmaß und Qualität ihrer Probleme ergeben.
privaten Haushalten, Einrichtungen der Versorgung mit Für die relativ prosperierenden Großstädte läßt sich grob
Gütern des täglichen Bedarfs und Teilen des Dienstleistungs- vereinfacht eine Entwicklung erwarten, bei der sich drei
sektors etabliert, wird sich auch die Stadtstruktur allmählich verschiedene städtische Strukturen, die scharf gegeneinander
ändern‘ Dezentrale Versorgungs- und Dienstleistungseinrich- abgegrenzt sind, überlagern:
tungen z\B. werden stark eingeschränkt. Nach dem Laden um
die Ecke\ verschwinden nun auch der Supermarkt und die Die erste Struktur kann man die international wettbewerbs-
Bankfiliale aus dem Stadtteil. Diejenigen Haushalte, die nicht fähige Stadt nennen. Sie setzt sich aus den Glanz- und Höhe-
über die entsprechenden Kabelanschlüsse und Heimcomputer punkten einer Stadt zusammen. In Frankfurt wären das die
verfügen, werden sehr viel weitere Wege auf sich nehmen Oper, Museumsufer, Römerberg, Freßgasse, Hauptwache,
müssen, um einkaufen zu können oder Geld bei ihrer Bank Roßmarkt, Zeil mit einer Verbindung zum Hauptbahnhof,
abzuheben. Es werden das aber gerade Haushalte sein, die auch zum Frankfurter Flughafen sowie einigen privilegierten Tau-
räumlich wenig mobil sind: die Armen, weil sie sich die nusgemeinden und aufwendig modernisierten innerstädtischen
geforderten Maschinen und Installationen ebensowenig leisten Wohngebieten. Diese Inseln des urbanen Luxus müssen ver-
können wie ein Auto, die Alten, weil sie die notwendigen Quali- kehrstechnisch untereinander verknüpft und sicherheitstech-
fikationen nicht mehr erwerben können, um etwa mit nisch nach außen abgeschirmt werden. Diese erste Struktur der
Heimcomputern Güterbestellungen aufzugeben und Bankge- Stadt ist organisiert hin auf die Konkurrenz mit anderen Me-
schäfte zu erledigen. Kurz: mit Durchsetzung der neuen tropolen und deshalb ausgerichtet auf die Anforderungen und
Medien wird die Stadtentwicklung einen weiteren Schritt tun Bedürfnisse einer international beweglichen und - orientierten
in Richtung auf eine Stadtstruktur, die allein auf den ein- Schicht von Geschäftsleuten, Kongreß- und Messebesuchern.
kommensstarken, voll leistungsfähigen Erwachsenen ausge- Es ist durchaus denkbar, daß größere Kommunen in der
richtet ist. Bundesrepublik ihre schrumpfenden Mittel auf dieses Feld der
interkommunalen Konkurrenz konzentrieren, da dort noch die
meiste privatwirtschaftliche Dynamik zu finden ist. Dies würde
bedeuten, daß die Kommunen sich konzentrieren auf bestimm-
te Verkehrsinvestitionen wie Flughafen und Schnellbahnan-
schlüsse mit dem Blick auf die überregionale Erreichbarkeit
ihres Standorts, ferner auf besonders hochwertige Investitio-
nen im Hotel-, Messe- und Kongreßbereich, ergänzt durch auf-
wendige Kulturangebote und gut abgeschirmte Luxuswohn-
komplexe.
Gegenüber dieser ersten Stadt geraten die beiden anderen
Städte ins Hintertreffen oder gar ins Abseits:
Stadt des Mittelstandes, ..
Zum andern kann die Durchsetzung der neuen Medien in den
privaten Haushalten eine zweite Polarisierung des Alltags zur
Folge haben, ähnlich der Polarisierung von Arbeit und
Freizeit, wie sie sich mit der Durchsetzung der betrieblich
organisierten Lohnarbeit zur Zeit der Industrialisierung
vollzogen hat. Die neuen technischen Möglichkeiten schaffen
nun auch außerhalb der betrieblichen Arbeit die Voraussetzun-
gen dafür, daß Prinzipien rein zweckrationalen Handelns um
sich greifen können?. Auch im außerbetrieblichen Alltag
können Handlungsabläufe, etwa Besorgungsgänge, nach
5konomischen Prinzipien der Minimierung von (Zeit- und
Weg-)Kosten organisiert werden; d.h. es werden bislang noch
komplexe Handlungsabläufe entmischt in zweckrational Stadt mer AusgeschloS teren
EST DATE produktive Funktionen und verpflichtungs-
reie Zeit, in der affektive und kommunikative Funktionen als f G LAN
„reine“ Erholung organisiert sind. So wiederholt sich im 2. rer Mi SEHE ae En U Wohnstadt für die
außerbetrieblichen Lebensbereich noch einmal die Spaltung in ı Öb SOht ; AttC er 6 N ed ech NR SUR EINES TERIONA:
reproduktive und produktive Funktionen, durch die eine N ON Sind mit de x ıs en tischen er turen, die hr gc-
Freizeit als „trümmerhafte Leere“ (Dahrendorf) zurückge- De * la a mit ek S CO ung einer Großstadt in West-
lassen wird, die selber zielbewußt mit zweckfreien Tätigkeiten 3 Die NET NENNEN.
aufgefüllt werden muß. . Die marginalisierte Stadt der Randgruppen, der Ausge-
; grenzten, der dauerhaft Arbeitslosen, Ausländer, Drogen-
Alle vier Tendenzen bedeuten, daß sich sowohl die alten abhängigen, der Armen. Die Aufenthaltsgebiete dieser
sozialen, ökologischen und raumstrukturellen Probleme in Gruppen werden ähnlich abgeschottet wie ihr Gegenstück, die
Zukunft eher verschärfen, wie daß auch Probleme neuer internationale Stadt, aber mit kaum einer anderen Perspektive
Qualität auftreten. als der des allmählichen Verrottens.
Welche Zukünfte städtischer Entwicklung sind denkbar?
Zunächst: Es wird nicht „den“ Typus der großstädtischen Ansätze für eine solche Entwicklung sind in den USA deutlich,
Entwicklung geben, sondern mindestens zwei. Zwischen Groß- hier allenfalls sporadisch. Und es lassen sich eine Vielzahl von
städten in altindustriellen Regionen (Saargebiet, Ruhrgebiet, spezifischen, politischen, historischen, stadtstrukturellen und
Norddeutsche Küste) und solchen Großstädten, die hoffen sozialen Bedingungen angeben, die eine ähnliche Entwicklung
können, Gewinner der gegenwärtigen ökonomischen und hier zumindest als nicht zwangsläufig erscheinen lassen, aber
technischen Umwälzungen zu sein (Rheinschiene, Frankfurt, auch nicht als unmöglich. Mit einem Schuß zynischen
Stuttgart, München) werden sich tiefgreifende Unterschiede Realitätssinns kann man die Entwicklung zu räumlich, infra-
69