Die angeführten Entgegnungen zu den sieben besonder hervorste- die Außenwelt mir zur Innenwelt. Derart, daß die beiden gegenläu-
chenden Fehlregulationen, die in letzter Konsequenz aus Schulen figen Wirkrichtungen sich aufheben zu einer neuen, sie überstei-
statt Erfahrungsräume Entlebungsanstalten machen, beziehen genden Wirklichkeit. Wie im Falle Goethe er selbst und die Pflanze
sich in erster Linie auf deren Verursacher: eine Pädagogik auf dem sich aufgehoben finden in der Urpflanze.
Rücken eines durch Blockierung aller Organprozesse, die nicht in Die Urpflanze ist etwas anderes als ein hypothetisch angenom-
direkter Beziehung zur Begrifflichkeit des Lernstoffes stehen, in menes morphologisches Muster und auch etwas anderes als „un-
seiner Ausreifung gestoppten Kindes. Des Kindes, des im eigent- wandelbare Urbilder” (wie man sie, wahrscheinlich mißverstehend,
lichen Sinn konkreten und nicht erspekulierten Regenerationspols Plato zuschreibt). Die Urpflanze ist ein evolutionäres, Mensch und
der Gattung Mensch. Was ist zu tun? Das Getane ist zu tun; das Pflanze in gleichem Maß und Umfang betreffendes Ereignis. Damit
Geschehende zu leisten. erst ist sie das, was Goethe als „Urphänomen” bezeichnet; und des-
Kein Organ legt sich an zwecks einer später zu erfüllenden Funk- sen Eigenschaft, als Erscheinung und nichts als Erscheinung sich
tion. Organe entstehen nicht für, sondern durch Funktionen. Funk- selbst auszusprechen, ist identisch damit, daß in ihm Subjekt und
tionen, die ihrerseits hervorgehen aus Wachstumszwängen ..., Objekt als in einer neuen Wirklichkeit aufgehoben sind.
gewissermaßen als Antwort auf solche Herausforderung. Wie denn Wir waren als Kinder immer auf den Augenblick gespannt, wenn
überhaupt - entgegen landläufiger Auffassung - die Ausgliederung nach dem Baden das Badewasser abläuft: da erblickten wir einen
des Organismus nicht eine - im Steuer eines genetischen Pro- gurgelnden saugenden Strudel. Die Erscheinung des Strudels ist
gramms - von innen nach außen drängende ist, sondern ein durch deshalb ein „Urphänomen”, weil seine spiralige Bewegung, die eine
Wachstumsreize mobilisiertes passives Potential. Das Adernetz Himmel und Erde, Mensch und Natur umfassend gesetzliche ist
entsteht nicht etwa als Röhrensystem zwecks Kanalisierung des (vom Atom zum Stern, vom Embryo bis zu den Lebensäußerungen
Blutstroms, sondern durch und als das Bahnnetz strömenden Blu- nach der Geburt) als genetisch primäres Bezugsmuster im Nerven-
tes. Die Hände entstehen nicht zum Zweck späteren, nachgeburtli- gewebe substantiell verankert ist. Gleiches gilt für die Symmetrie
chen Greifens und Formens, sondern sie entstehen bei einem und gleiches gilt für das Funktionsprinzip der Wahrnehmungsvor-
Keimling von drei Wochen und zweieinhalb Millimeter Größe als gänge, wie sie uns eingangs durch selbstwerkzeugliche Methoden-
gestische Bewegungsglieder im Wirkzusammenhang mit der schritte zu Erfahrung und Bewußtsein-kamen.
Entwicklungsgestik des Organismus. Die Hände entstehen als das, Einer Pädagogik, deren Prinzip der Umgang mit Elementarvor-
was sie nach der Geburt fortsetzen: als gestaltende Organe. Nur, gängen ist, deren einer Gegenstand die „innere Natur” in Form
daß vor der Geburt die eigene Leibwerdung der Gegenstand des der eigenen Organik ist, deren anderer die „äußere Natur” in Form
Formens ist. Die Fortführung dieses mit und durch uns als Embryo- physikalischer und biologischer Vorgänge, entspricht eine Archi-
nen vonstatten gegangenen Geschehens und Verrichtens wäre der tektur, deren Subjekt - und nicht Objekt wie bis auf den heutigen
Verhaltensstil, mit dem wir der Welt, in die wir hineingeboren wur- Tag - der kindliche Organismus ist mit dem ganzen Bedingungsge-
den, zu begegnen hätten, um ihr so zu begegnen, wie sie uns begeg- füge seiner Prozesse. Das Bauprinzip einer derart elementaren Archi-
net. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Goethe tat es, als er tektur ist, da es beide Bereiche umfaßt, der unmittelbaren, weil ent-
in der Pflanze die ihn und diese aufhebende Urpflanze entdeckte wicklungsgeschichtlich begründeten, Wirkkraft der Urphänomene zu-
(gewissermaßen in Erfüllung einer von der Natur gehegten Erwar- geordnet. Den Kindern und Jugendlichen ist die Gesetzlichkeit des
tung) und diese Entdeckung folgerichtig mit den Worten verkünde- eigenen Organismus dadurch zu Bewußtsein zu bringen, daß sie als
te: „Die Natur selbst muß mich um sie beneiden.” Oder, hinsicht- übereinstimmend mit der Gesetzlichkeit der äußeren Natur erfah-
lich seiner Farbenlehre: „Von den Farben weiß auch Gott nicht ren wird. Damit erfährt das Wissen oder die Kennerschaft von
mehr als ich.” Naturdingen den Dimensionssprung, den man mit Martin Wagen-
Die zur Zellvermehrung führende Zell-Symmetrisierung geht so SChem das TErstehen nennen sollte, Wagenschein ist es. zu danken,
vor sich, daß der Kern im Zellinneren nach entgegengesetzten die Weiterentwicklung des Wissens xx Naturdingen Zu deren Ver-
Richtungen auseinandertritt, während gleichzeitig auf der Zellhaut stehen oder, ‚anders gewertet, die Rückbindung dieses Wissen auf
Energieströme einsetzen, die von den äußeren beiden Enden des das - in der BIENEN Genese begründete - Verstehen als didaktische
Zellkörpers her nach desse Mitte zudrängen und damit die Ein- und Methode entwickelt zu haben. ; ;
Abschnürung verursachen, mit der aus der einen Zelle zwei wer- ‚In der Beherrschung der Natur auf der Basis des Wissens haben
den. Je mehr im Inneren der Zellkern sich von sich selbst distanziert det x EN weit gebracht. Worauf es ankäme, wäre, gemäß
bis zur Bildung von zwei Kernen, desto mehr nimmt die einschnü- Beh eistung des sich symmetrisch objetivierenden Zellkerns, die
rende Rückbewegung an der Außenhaut zur Mitte hin zu. Der En EISCchUNG der Beherrschung, Das Versichen der Naturgeseize
Selbst-Distanzierung entspricht die Selbst-Induktion im Je-desto- ist der einzige Schlüssel zur Beherrschung ihrer Beherrschung. (...)
Verhältnis der Pendelschwingung. In der distanzierenden „Steige- . Sn Se .
bahn” steht der Zellkern sich selbst als einem Objekt gegenüber. In Aus: Scheidewege. Vierteljahresschrift für skeptisches Denken. Jahrgang 4, 1974.
der „Fallbahn” (der Induktion) geht er auf sich zu. Dieses Aus-sich- Anmerkungen
heraus und Aus-sich-zu findet seine Aufhebung in dem - gewisser- 1) Weimarer Ausgabe (Sophien-Ausg.) Abtlg. IV Band 33, S. 294 f.
maßen dritten - Zustand, in dem die Einzell-Einheit als Einheit von 2) Vgl. die Forschungen von Prof. Jacob, Sozialpathologisches Institut der Universität
zwei Zellen auftritt. Auf die Weise des Pendelschlags von Selbstob- BE WO ME wich, Yu ya een Möngten 170f Men Becher
jektivierung und Selbstinduzierung erfüllt sich das Gesetz des Stirb Funk lost ame Tuba U dern PS CHEN KUN CRFNDEE SHE
und Werde. Nur dadurch, daß ich mich selbst wie von fern her als + Jüngstes Beispiel: Modellschule nach den Vorstellungen Hartmut von Hentigs,
eine Außenwelt behandele, oder anders gesagt: indem ich mich EST GN MIC Thema „Schule als Erfahrungsraum” und der For-
f N . n n erung nach „Schuppen, Schuppen und nochmals Schuppen” - oder die Philhar-
selbstwerkzeuglich, methodisch, zu dem mache, der ich bin, wird monie von Scharoun
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