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Diese „Landflucht” und Verstädterung führt um 1900 fast explo- siedeln Ida Hoffmann und Henri Ödenkoven mit Freunden auf den
sionsartig zu einer mentalen und realen Gegenbewegung der Groß- Monte Verita bei Ascona am Lago Maggiore; im gleichen Jahr be-
stadtflucht. Jetzt werden Volk, Heimat, Land als überaus kostbare ginnt auch das genossenschaftliche Siedlungsunternehmen eines
Werte entdeckt, statt des Asphalts die Scholle gepriesen, der Men- Teils der alten Friedrichshagener in ihrer „Neuen Gemeinschaft” in
schenmasse und der Personenvermischung der Großstadt das ras- Schlachtensee bei Berlin. Aber nicht nur diese ländlichen und halb-
sisch reine Landvolk entgegengesetzt, das nicht angekränkelt vom ländlichen Kommunegründungen zeigen die großstadtflüchtigen
modernen Materialismus und Liberalismus an Herkommen und Phantasien der Zeitgenossen. Ebenso finden wir sie in der um 1900
Religion festhält, und statt entwurzelter großstädtischer Industrie- einsetzenden und von Architekten wie Hermann Muthesius nach
zivilisation die in Brauchtum und Handwerkertum sichtbare vorin- englischem Vorbild propagierte „Landhaus”-Bewegung oder in den
dustrielle Kultur pflegt. Die hier sichtbar werdende „Agrarromantik ab 1898 von Hermann Lietz ebenfalls nach englischem Modell ge-
und Großstadtfeindschaft” sind durchaus ambivalent - auf der schaffenen „Landerziehungsheimen”.
einen Seite prägen sie den präfaschistischen Mythos von „Blut und
Boden” auf der anderen Seite, artikulieren sie treffend die erschrek- Und zum ersten Mal beginnt sich nun die Bewegung der Stadt-
kenden ökonomischen und sozialhygienischen Folgen des Urbani- flucht in vielfältigen lebens- und kulturreformerischen Bünden und
sierungsprozesses, wie sie in Bodenspekulation und Wohnungs- Bewegungen zu organisieren: etwa in der Arbeiter-Naturfreunde-
elend sichtbar werden. Alarmiert weisen die Mediziner auf das mit bewegung, der Bodenreformbewegung, der Körperkulturbewe-
der Verstädterung verbundene Anwachsen der Geschlechtskrank- gung mit ihren städtischen Licht-Luft-Sportbädern, dem ‚Wander-
heiten hin und phantasieren von der in den Großstädten ihren Aus- vogel” der nach englischem Muster gegründeten „Deutschen Gar-
gang nehmenden „venerischen Durchseuchung” der Bevölkerung tenstadt-Gesellschaft” oder dem „Dürerbund”, der mit seinem Or-
als einer Wurzel des völkisch-rassischen Niedergangs. Zivilisation gan „Der Kunstwart” zur wichtigsten Stimme der „Heimatkunst”
und „Syphilisation” werden identisch, und die Großstadt ver- Bewegung wird. Alle diese stadtflüchtigen Bewegungen bereiteten
schmilzt mit dem biblischen Bild der „Großen Hure Babylon” in sich, nicht zuletzt auch durch sektiererische Spaltungen, bis zum
welcher angsterregende Prozesse der Promiskuität den Einzelnen ersten Weltkrieg immer weiter aus und formten zusammen mit der
zu verschlingen drohen. Die hohe Wohndichte der Arbeiterviertel Antialkohol-, Vegetarier, Kleiderreform-, Sexualreform- Naturheil-
wird dabei zum Indikator der geschlechtlichen Vermischung und kunde- und Naturkost-Bewegung ein Netz alternativer wilhelmini-
biologischen Degeneration. Als Abhilfe gegenüber der vor allem scher Kultur, das noch - soweit es der Gebildeten-Reformbewe-
auch sexuell verstandenen Reizüberflutung durch die Großstadt gung zuzurechnen ist - mit der herrschenden Kultur vielfältig ver-
wird der Friede der Natur gepriesen, den billigen großstädtischen flochten blieb. Selbst die „Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft”, die
Verlockungen der Tingel-Tangel, Nachtbars, Animierkneipen, Ka- als sozialreformeristische dieser Bestrebungen gilt, betont in ihrer
baretts und Bällen wird die dörfliche Einfachheit und Einfalt entge- Satzung, daß sie unter dem persönlichen „Schutz der Frau Kron-
gengesetzt. Friedrich Lienhard bringt in seiner im Jahre 1900 er- prinzessin” stehe !®” Keine der erwähnten lebens; kultur- und so-
schienenen Polemik „Die Vorherrschaft Berlins” '” die Großstadt- zialreformerischen Bewegungen war gegen die herrschende Ord-
feindschaft dieser Großstädter auf die Formel „Los von Berlin!” nung gerichtet, keine war dezidiert politisch. Ihre potentiell anarchi-
Auf dem Land und in der Natur erst findet der nervös gewor- sche, staatsablehnende Kraft wurde vor dem Weltkrieg noch nicht
dene Städter, der „neurotische Invalide” !? wieder zu sich selbst entfaltet. Vielmehr verwiesen sie alle auf den Weg der individuellen
und zu seinen fünf Sinnen. Bewußtseins-Reform, des bündischen Zusammenschlusses oder
Die Großstadt erscheint ihm als die Fremde, Heimatwärme der genossenschaftlichen Selbsthilfe. So präfaschistisch häufig die
bietet allein das Land. Seit 1893 erscheint in Berlin die Zeit- _anzutreffenden Ideen sich ausnehmen, so verharrte doch die Praxis
schrift „Das Land” (hrsg. von Heinrich Sohnrey), ab 1900 ge- in einem vorpolitischen, rein kulturrevolutionären Stadium. Heute
gen Adolf Bartels und Friedrich Lienhard „Die Heimat” her- sehen wir freilich, daß es sinnvoller gewesen wäre, die „Unwirtlich-
aus. „Heimatkalender”, „Heimatmuseeum” und „Heimatabende” keit der Städte” durch eine Vermenschlichung des städtischen
pflegen die „Heimatliebe” der bürgerlichen und doch der Stadtent- Lebens politisch zu bekämpfen, als sich rückwärtsgewandten Stadt-
fremdeten Gebildeten. Die Zeichen des realen Exodus aus der fluchtideologien hinzugeben. Ansätze in dieser Richtung waren
Großstadt, und wenn nur an deren Ränder, sind unübersehbar: durchaus mit den Bestrebungen zur Bodenrechtsreform oder zum
1890 entsteht in Berlin die Vorort-Boheme des Friedrichshagener Reformhausbau vorhanden; doch die pseudoreligiösen Träume-
Kreises, einem der bedeutsamsten Zentren der damaligen Gegen- reien vom Leben mit Mutter Erde bewirkten psychische Ent-
kultur. 1893 wird die ‚Vegetarische Obstbaukolonie Eden” beiOra- Ilastung, ohne daß dabei die bürgerlich-kapitalistische Eigentum-
nienburg durch stadtflüchtige Berliner ins Leben gerufen, 1900 sordnung selbst angetastet werden mußte.
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