Zur Verwendung von Lehm: Stroh) enthält, die als Nährboden für gesundheitsgefährdende Pilze
Die ökologische Siedlung Kassel ist die erste Siedlung in Oder andere Mikroorganismen dienen können.
Deutschland, bei der nach 1949 wieder Lehm als Wandbaumaterial Für den ersten Bauabschnitt, dessen Rohbau weitgehend im
verwendet wird. Das Hessische Innenministerium erteilte dafürauf Winter erstellt wurde, wurde eine Holzständerbauweise gewählt,
Antrag des Kasseler Bauaufsichtsamts einen Dispens, der u.a. bei der entweder die Zwischenräume mit Lehm ausgefüllt wurden
besagt: ...„demgegenüber ist der Lehmbau, soweit er sich im Oder aber massive Lehmwände innen vor die Holzständer gesetzt
Rahmen der zurückgezogenen Norm (DIN 18951, die Autoren) Wurden. Alle Lehmaußenwände weisen eine zusätzliche äußere
bewegt, bekannt, so daß auf den Nachweis der Brauchbarkeit (83 Wärmedämmung aus Mineralwolle auf, so daß die Wand einen k-
HBO, die Autoren) verzichtet werden kann, wenn die Leitung von Wert von = W/m*K erreicht. Die Außenhaut wird durch eine
Lehmbaumaßnahmen in fachkundigen Händen liegt. Das ist im hinterlüftete Holzschalung gebildet. Die innere massive Lehm-
vorliegenden Fall ... gegeben.” Das bedeutet, daß hier zum ersten Schicht ist je nach Bauweise 12-16 cm dick. So entsteht eine extrem
Mal wieder Lehm statisch belastet angewendet werden darf. Auf atmungsaktive, stark wärmegedämmte Wand mit ausreichender
diese Möglichkeit wurde im 1. Bauabschnitt nicht zurückgegriffen, Masse für die Wärmespeicherung und für die Regulierung der Luft-
da der Rohbau der ersten 8 Wohneinheiten im Winter erstellt _feuchtigkeit. Teilweise werden auch in den Anlehngewächshäusern
wurde, und es vom Bauablauf wirtschaftlicher war, zunächst die Speicherwände aus massivem Lehm erstellt, diese sind dann
Dachkonstruktion zu errichten und somit einen Wetterschutz für 30-50 cm dick.
die Lehmwände zu schaffen.
Folgende Lehmbautechniken sind vorgesehen: nn N OH U Dan S N CaeP Arbeit
; 5 ; ; ereits im Vorfeld der Bauplanung wurden mit der Arbeitsgruppe
e@ N Dres aus luftgetrockneten nicht vakuumverdichteten Angepa Öte Technologie (AGAT) der Gesamthochschule Kassel
® Naßlehmwände und Einbaumöbel aus extrudierten Lehm- Verschiedene Fußboden-, Wand- und Dachkonstruktionen ver-
strängen glichen. Die Wahl fiel auf außen gedämmte Wände mit innenlie-
® Stampflehmwände, erstellt mit Hilfe von Kletterschalungen und gender Sp eichermasse, F Ar alle übrigen raumbegrenzenden Bau-
elektrisch betriebenen Vibrationsstampfern teile gilt im Prinzip das gleiche. Dabei soll ‚unterschieden werden
® Schüttwände aus losem Lehm mit verlorener Schalung nach kontinuierlich benutzten Räumen mit hoher und zeitweise
® Geschüttete und gestampfte Leichtlehmwände mit wärme- benutzten Räumen mit geringerer Speichermasse. Auf aktive Son-
dämmenden, nicht organischen Zuschlagstoffen nenenergiesysteme wird zunächst verzichtet. Passive Sonnenener-
8 Wärmedämmende Leichtlehmfaßböden gienutzung erfolgt nach den bekannten Prinzipien, auf die hin auch
® Deckenkonstruktionen mit Lehmschüttung und mit Lehm- die Hausformen konzipiert sind. . en
ziegeln S Die unterdimensionierte Grundlastbeheizung der Häuser erfolgt
. . über Gasheizung. Die Heizflächen sind überdimensioniert und
Mit den ersten Lehmbauarbeiten wurde U September 1984 haben niedrige Bauhöhen, um höhere Strahlungsanteile und gerin-
angefangen. Die frostreiche Winterperiode ‚brachte Se längere gere Konvektion zu erzielen. Die Spitzenlast an besonders kalten
"an im April/Mai werden die Lehmbauarbeiten Tagen und die Beheizung in Übergangszeiten sollen Kachelöfen
Aus der Notwendigkeit, die Leichtlehmwände auch bei Nacht 07 nehmen.
frösten zu errichten, wurde eine spezielle frostfeste Leichtlehm-
mischung entwickelt, die in Klimakammern im feuchten Zustand
gar -19°Cohne Schaden üb erstand. Der Vorteil dies es Baustofles * Arbeitsgemeinschaft Ökologische Siedlung Kassel, Hegger/Hegger-Luhnen/-
liegt vor allem darin, daß beim Austrocknen keine Risse entstehen Schleiff, Architekten (Mitarbeiter: Alexander Bonn, Uta Lest os Molina, Bernd
und daß er keine organischen Bestandteile (wie beispielsweise Weber), Gernot Minke, Entwicklungsbüro für Ökologisches Bauen.