Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1985, Jg. 18, H. 79-83)

'ARCH*-BAUMARK” 
aus nachwachsenden Rohstoffquellen und die Vermeidung und Verhinderung der Beispiele: Leichte Trennwände, Einbau- 
nach Gebrauch verrottungsfähig. Stein- Ausweitung vor allem chemischer Produk- küchen, Innenoberflächengestaltung, Fas- 
wolle ist nach Gebrauch nicht verrottungs- tionen von Baustoffen. Grundsätzlich sadenverkleidungen. Teilweise füllen sich 
fähig. stellen alle künstlichen, meist chemisch jetzt schon die Container mit den moder- 
Stoffe, die bei ihrer Rückführung keine zusammengesetzten Baustoffe, eine nen Materialen, die gerade zehn Jahre alt 
Umweltbelastung darstellen, sind Holz, größere Gefährdung dar:Formaldehyd in sind. 
alle natürlichen Faserstoffe, tierische Stoffe Spanplatten als Härter und Beschleuniger, Andere scheinbar solide Baustoffe 
und Lehm. Holz hat den Vorteil, daß es PCP und Lindan in Holzschutzmitteln, zeigen schon an ihrem bauphysikalischen 
nach der Bauverwendung noch einmal als kanzerogene Stoffe in Polystyrolplatten, Verhalten, daß sie keinesfalls dauerhaft 
Energiespender beim Verbrennen dienen Isolierschäume, Polystyrolkügelchen von sind: Gasbeton z.B. saugt viel Feuchtigkeit 
kann. Lehm als Erdstoff kann nach Bau- Porenziegeln, radioaktive Strahlung von aufund hält nicht dem Frost stand. Normal- 
verwendung wieder fruchtbaren Boden Platten aus Industriegips, die haut-, even- und Schwerbetonbaufertigteile erfordern 
abgeben. Kombinationen von Lehmbau- tuell auch lungenreizenden Faserstäube aufwendige Fugenausbildungen, die nur 
teilen mit pflanzlichen Zuschlägen er- von Steinwolle - die Liste läßt sich beliebig begrenzt haltbar sind. Kunststoffenster, 
höhen diesen Effekt noch, pflanzliche verlängern. eloxierte Aluminiumteile verspröden oder 
Stoffe können zur Düngung dienen. Dazu sei das Beispiel Holzschutzmittel werden oberflächenrauh und unansehn- 
Umweltverträglichkeit sollte neben dem herausgegriffen: Nachdem bekannt wurde. lich. Polystyroldämmplatten zersetzen sich 
Energieaufwand und der Wohngesundheit daß in Holzschutzmitteln das Nervengifi auf Dauer unter Feuchtigkeitsbeanspru- 
ein wesentlicher Grund für die Wahl natür- PCP (Pentachlorphenol) enthalten ist. Chung, Kunststoffoberflächen verlieren die 
licher Baustoffe sein. nahmen die Hersteller von z.B. Xylamon Weichmacher und zersetzen sich. Haben 
Gesundheit oder Sadolins diese Gruppe der Kohlen- solche Baustoffe eine Zeit überdauert und 
, Kar ; wasserstoffe aus dem Programm - und Sind doch haltbar geblieben, so wieder- 
Gesundheits- und Umweltverträglichkeit orten sie durch eine andere Kohlen- setzen sie sich einer weiteren Verwertung: 
sind in vielen Punkten identisch. wasserstoffverbindung. Damit hatte sich Beton ist nur mit hohem Energieaufwand 
Die gesundheitlichen Gesichtspunkte „;cpt viel geändert. Bei der Verbrennung zerkleinerbar. Viele andere Baustoffe, vor 
bei der Beurteilung von Baustoffen sind im ichermaßen getränkter Hölzer entsteht allem Kunststoffe, lassen sich nur um den 
wesentlichen durch Vertreter der Baubio- weiter Dioxin Preis der Zerstörung ab- oder ausbauen. 
logie entwickelt worden. Der Bundes: Solche zynischen Vorgänge zur Täu- Von Weiter- und Wiederverwertung und 
verband Gesundes Bauen und Wohnen“, schung der Verbraucher führen lediglich damit von Dauerhaftigkeit kann keine 
der sich bemüht, Produkte einer baubio- dazu, daß das Mißtrauen weiter wächst und Rede sein. 
logischen Prüfung zu unterziehen, nennt op "schließlich vollständig von synthe- Zu bevorzugen sind deshalb Baustoffe, 
neben ökologischen Anforderungen fol- ‚chen Baustoffen abgewandt wird. Beim die bauphysikalisch haltbar sind, in der 
gende baubiologische Anforderungen an THoma Holzschutzmittel hat dies zu einer MNutzbarkeit flexibel sind, einen Ausbau 
Baustoffe: Keine schädigenden Emis- ponaissance natürlicher Holzschutzmittel überstehen können, direkt wieder ver- 
sionen von Gasen, Stäuben, Strahlung und „ofiprt, Statt auf Vernichtung der Schäd- wendet werden können oder sich zu Aufbe- 
Schall auf Menschen bei a linge durch Gifte zu setzen, werden die reitungsmaßnahmen eignen. 
Nutzung und Wiederrückführung. Weiter „arrlichen Abwehrstoffe des Holzes wie Beispiel: Vollholz, Leimholzkonstruk- 
keine elektrostatische Aufladbarkeit des 610 nd Harze verstärkt und für den tionen, flächige Verbretterungen, Dielun- 
Produkts, die Berücksichtigung von „SiNn- Menschen nicht schädliche Salze einge- gen, Mauerziegel in Kalkmörtel, Dächer 
neshygiene” und Raumklimatologie Sowie ‚474 Der beste Holzschutz ist der durch aus Einzelschuppen wie Tondachziegel, 
die Vermeidung von technischen Fehlern +aukonstruktive Maßnahmen, der ohne Schiefer, Fenster, Einbauteile wie Paneele 
ES ME TE Schlaf und (8 sußerliche Mittel auskommt. und Verkleidungen aus Holz usw. 
Daß Baustoffe bei ihrer Herstellung und EN SE beider Arbeitsbeschaffung 
Verarbeitung gasförmige, feste oder us wahl von Baustolen gehen In OIIEEN Herstellung und Einbau von Baustoffen 
; . DC ) nn Punkten auch über in bauphysikalische x N 5 1 
radioaktive Emissionen abgeben, ist im Beurteilungen. Lange die Feuchtigkeit wurde bisher wie bei anderen SU MM 
Prinzip schon länger bekannt, in der Offent- haltende oder an sich ziehende, Baustoffe gischen Prozessen auch lediglic a gm 
lichkeit aber nicht auf die angemessene Beton, Gasbeton oder Kalksandstein rationellen KETTE beurteilt N 
Aufmerksamkeit gestoßen. Asbestose bei- sind in ausgesprochenen Wohnräumen weiterentwickelt. Es N dabei immer das 
spielsweise ist eine seit 1943 anerkannte gesundheitsschädlich. Der ökologisch Bestreben, Arbeitskra N zu Mi Am 
Berufskrankheit. Erst die Schädlichkeit der ansonsten sehr interessante Baustoff Lehm Bau hat diese Entwic ung vor a a 
Asbestfasern für den Nutzer hat jüngst zu ist dann wohngesundheitlich undiskutabel, geeigneten Transportmitteln und He N 
einem faktischen Verbot von asbesthal- wenn er durch falschen Einbau ständig zeugen für schwere Bauteile En € 
tigen Produkten geführt. Baustoffe, die starker Feil chtigkeit ausgesetzt bleibt. eine ganze Reihe von früherer, sc) N 
Verdacht stehen, schädliche Emissionen Bauten aus Holz, mit Stroh, handge- körperlicher Arbeit - z.B. die des Zieg en 
auszusenden, sollten also nicht nur ver- formten Ziegel, Reet, Lehm sind aber nicht oder des Steinträgers - überflüssig gemacht 
mieden werden, weil sie Bewohner ge- nur deshalb „gesund”, - wenn konstruktiv oder U et 2 et iedochi 
fährden, ‚sondern auch die Hersteller. So und bauphysikalisch richtig ausgeführt -, Diese Entwicklung sc Sn jedoc SU 
häufen sich Jetzt auch Fälle, wo Zimmer- weil in ihnen ein angenehmes Wohnklima um, wenn statt der Mensc en nur Un 
leute sich weigern, chemische Holzschutz- entsteht, sondern weil mit ihnen insgesamt Maschinensysteme benötigt werden. eu- 
mittel zu verarbeiten oder mit Steinwolle Bauten entstehen, die wohnpsychologisch tige Ziegel-, Gasbeton-, Eat 
umzugehen. ; ns und stadtpsychologisch eine dritte Haut produktionen oder RE N n 
N a Si NEL ANAL aC 
gesundheitliche Bewertungskriterien von Dauerhaftigkeit fertigteilen oder mit Gasbetonblöcken als 
schweren . Baustoffen _hinzugezogen Es ist nicht nur von der wirtschaftlichen. rationalen Elementen wird fragwürdig, 
werden. Für die Arbeitsbelastung eines sondern auch von der ökologischen Seite wenn dadurch nur noch wenige Menschen 
Bauarbeiters bedeuten diese Punkte im her wichtig, haltbare Baustoffe zu fordern. Arbeit finden. Unter der Maßgabe, daß 
wesentlichen, lange bestehende Anfor- Eine schnelle Umwälzung immer neuer durch die Hintertür nicht erneut über- 
derungen der Berufsgenossenschaften und Bauprodukte z.B. für Bauteile im Ausbau mäßig schwere körperliche Belastungen 
Gewerkschaften durchzusetzen. ist auf ihre häufig nur auf wenige Funk- eingeführt werden, ist daher denjenigen 
Für den Bewohner und damit auch den tionen zugeschnittenen Eigenschaften Baustoffen und Bauteilen der Vorrang zu 
Planer bedeutet dies eine sensible Auswahl zurückzuführen. Einer späten Nutzungs- geben, die einerseits mehr Arbeit schaffen, 
von Baustoffen. Allgemein bedeutet dies änderung halten sie häufig nicht stand. aber andererseits weniger Energie erfor- 
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