Full text: ARCH+ : Zeitschrift für Architekten, Stadtplaner, Sozialarbeiter und kommunalpolitische Gruppen (1985, Jg. 18, H. 79-83)

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dern. Baustoffe können schon bei ihrer cen und vor der Aberntung von natürlich im Raubbau seine natürlichen Schätze ge- 
Gewinnung und Veredelung arbeitsschaf- gewachsenen Materialien die Frage stehen, nommen werden. Statt das heimische Hart- 
fend sein. welche Altstoffe aus möglichst nahe gele- holz Eiche zu kultivieren, werden wertvolle 
Eine ganze Reihe natürlicher Baustoffe genen Abbrüchen verwendet werden bzw. Harthölzer wie z. B. Bongossi eingeführt, 
bzw. Ausgangsmaterialien für Baustoffe _zwischengelagert werden können. wenn Konstruktionsholz besonderen 
erfordert wenig Energie, aber mehr Arbeit. Der Gedanke und die Notwendigkeit, —Feuchtigkeitsansprüchen genügen soll. 
Holz, Stroh, Lehm, Reet, Heu, Nadeln von Altmaterialien für Baumaßnahmen aus (Genauso, wie man beobachten kann, daß 
Kiefern, Fichten, Lärchen lassen sich selber Altbauten zu gewinnen, ist keinesfalls neu. im Herbst unsere Äpfel aus Chile einge- 
beschaffen. Die folgende Veredelung und Noch bis in unser Jahrhundert hinein war führt werden, so muß man feststellen, daß 
der Einbau solcher Baustoffe kann bewußt es eine Selbstverständlichkeit, alte Bau- wertvolle Hölzer von einzelstehenden Bäu- 
lohnintensiv sein, wenn für ihre Gewin- Stoffe erneut zu verwenden. Die Gründe men, die gefällt werden müssen, zu Brenn- 
nung und für ihre Weiterverarbeitung Waren bei genauem Hinsehen ähnlich gela- holz zerstückelt werden - während tropi- 
wenig Energiekosten bezahlt werden gert wie heute: Die Neuherstellung von sche Hölzer in den Regenwäldern Bra- 
müssen. Was dann beim Material gespart Ziegeln z. B. erforderte die teure Energie siliens abgeholzt werden. Generell sollte 
wird, kann an Arbeitszeit und Arbeitsauf- von Steinkohle oder Holz. Transporte wa- auch mit erneuerbaren Naturmaterialien 
wand mehr erfolgen. Die Herstellung in ren aufwendig. Der Abtransport von Bau- sparsam umgegangen werden. 
kleineren Einheiten, örtlich bezogene Her- Schutt aus den Städten war mühsam. So Auch bei der Herstellung, Veredelung 
stellungsarten und -traditionen von Bau- mußte wegen der geringer entwickelten und Umwandlung von Produkten aus 
stoffen können damit wieder interessant Möglichkeiten des Engergieeinsatzes und _Naturmaterialien wird z. B. erheblich Ener- 
werden. der Transportmittel sorgfältig abgewägt gie verbraucht, Luft und Wasser belastet, 
| FEN werden, wo Altstoffe erneut zu verwenden [Lärm erzeugt. Solche Umweltbeeinträchti- 
GUENZEN . Altes verzimmertes Eichenholz bei- ie in d 
Differenzierter Baustoffeinsatz bedeutet DIE WEI (det I AATISCH WISE 05? SPONDIHS HN EISISNUNE 
nach Okologuchen Gesichtehunkten ab spielsweise trägt häufig Blattungen und ge- sind nicht deshalb besser, weil es sich um 
wägen: Zzu- stemmte Löcher von noch früheren Ver- die Verarbeitung von Naturstoffen handelt. 
° wendungen. Sparsame Verwendung von Naturstof- 
@® zuerst Altmaterialien, Für uns gebietet sich der sorgsame Ein- fen, Einbau von neuen Naturstoffen nur 
® dann Naturmaterialien, satz von Energie und Arbeitskraft heute unter ausgewählten Gesichtspunkten soll- 
® wenig konventionelle Baumaterialien. ähnlich. Altmaterialien abzufahren und te auch erfolgen, weil der Abbau von Holz, 
Sind Alternativen zwischen lohnkosten- MNeumaterialien anliefern zu lassen und ein- Reet und Lehm nur in Einklang von Natur- 
intensiven oder materialkostenintensiven Zubauen, ist nur scheinbar, auf der betriebs- und Landschaftsschutz erfolgen sollte. Für 
Produkten gegeben, so soll die lohninten- wirtschaftlichen Ebene, billiger. Volkswirt- den Abbau von Lehm werden mit Recht 
sive Variante den Vorzug erhalten. en N TE die N DR N sorgfältige _Rekultivierungsmaßnahmen 
m RT ——— —— lastungen letztlich teurer, wie die Proble- efordert. Reet ist nur beschränkt erreich- 
Vorrang für ökologisch unbedenkliche Alt- atik der Müllbeseitigung deutlich zeigt. er und daher nur regional gezielt verwend- 
materialien Erhaltene Altmaterialien sind alt oft bar. 
Wie in anderen Bereichen des Verbrauchs wertvoller als Neumaterialien. Altmateria- ———— m — — 
von Stoffen durch Konsumenten und In- lien wie Altholz, Dachziegel z. B. haben be- Selbstgewinnung und Herstellung von Bau- 
dustrie muß auch im Bauwesen die Wieder- reits einen natürlichen Ausleseprozeß © toffen 
gewinnung und -verwertung von Altma- durch Feuchtigkeits-, Temperatur- und Verarmung der Produktpalette, energieauf- 
terialien in den Vordergrund rücken. Zur Schädlingsbeanspruchung durchlaufen. wendige, umweltbelastende Herstellung, 
Zeit werden noch riesige Mengen von Altholz, das weitgehend wurmfrei geblie- schlechte Gesundheitsverträglichkeit und 
Altkonstruktionsholz, Verbretterungen, ben ist, wird nur noch selten bei Wiederver- schließlich der zu hohe Preis herkömmlicher 
von Mauerziegeln, von Bauteilen wie vor wendung vom Wurm befallen. Mauerzie- Baustoffe lassen die Selbstgewinnung von 
allem Fenstern und Türen, von Bunt- gel, Dachziegel, die bereits Frost und extre- Baustoffen wieder interessant werden. 
metallen unterschiedslos auf Müllkippen men Temperaturen standgehalten haben, Selbstgewinnung von Baustoffen aber be- 
abgefahren. In Hamburg landen derzeit werden dies besser tun als neue gebrannte deutet im wesentlichen die Verwendung 
nach Schätzung eines Abbruchunterneh- Ziegelprodukte, die diesen Belastungspro- Von Lehm, Sand, Kies, Naturstein, 
mens ca. 5.000 m*/Jahr altes Konstruk- ben erst noch ausgesetzt werden. Schwachholz, Rundhobk, Stroh, Reet, Heu 
tionsholz auf der Müllkippe. Werden Altmaterialien eingesetzt, bedeu- U. a. Faserstoffe. Dies ist durchaus denkbar 
Sowohl für die Weiterverarbeitung von tet dies einen erhöhten Arbeitsaufwand für Unter Zuhilfenahme von maschinellen 
Altholz (Metallsensoren, Ausfräsvorrich- Bergung, Aufarbeitung, Weiterverarbei- Hilfsmitteln oder auch gewerblichen Ange- 
tung) wie auch für Ziegel (mechanische tung. Auch hier gilt: Was an Materialkosten boten, die dabei unterstützen. 
Mörtelentferner) stehen prinzipiell keine eingespart wird, kann beim Lohn mehr aus- Lehm fällt im Straßenbau, in Baugruben, 
technologischen Hindernisse im Weg. gegeben werden. Mehrere Arbeitsschritte bei Kiesgruben als Abraum an. Seine 
Mauersteine, die nicht in Zementmörtel beim Umgang mit Altmaterialien müssen Selbstgewinnung bedeutet im wesent- 
verlegt sind, trennen sich gut von Mörtel nicht von spezialisierten Fachkräften aus- lichen eine Umorganisierung vom Abfall- 
und sind häufig direkt weiter verarbeitbar. geführt werden, sondern können von Hel- produkt zur gezielten Verwendung auf 
Mörtelreste lassen sich erneut als Betonzu- fern oder Laien ausgeführt werden. Der einer anderen Baustelle oder auf derselben. 
schlagstoffe verarbeiten. Beispiele zur Her- Anteil von Selbsthilfeleistungen läßt sich Rundholz und Schwachholz läßt sich in 
stellung kalk- und zementgebundener Bau- erhöhen. Absprache mit Waldbesitzern und deren 
stoffe mit Altzuschlägen sind aus der Nach- — — ————————— Hilfsmitteln gewinnen. Seine Gewinnung 
kriegszeit erprobt und bekannt (Ziegel- Sparsame Verwendung von Naturmaterialien stellt zusätzlich eine Waldpflege dar, ver- 
splittbeton). Geschredderter Altbeton läßt Naturmaterialien, die nachwachsen wie bessert die Wuchsbedingungen der Stäm- 
sich als Betonzuschlag verwenden. Holz, Stroh oder Reet und andere pflanz- me, die zur Holzverarbeitung vorgesehen 
Die in unseren Häusern verbauten liche Faserstoffe, sind zu bevorzugen gegen- sind. Weizen-, Roggen-, Hafer-, Gerste- 
Altmaterialien, die bei Abriß oder Umbau über Naturstoffen, die aus erschöpfbaren und Rapsstroh fällt massenweise als Abfall- 
zur Neuverwendung möglich wären, sind Quellen stammen oder die aus Ländern produkt in der Landschaft an. Seine Gewin- 
ein enormes Potential an bereits eingesetz- stammen, wo deren Aberntung einseitige nung erfolgt bereits maschinell. Die Bau- 
ter, gespeicherter Energie und Arbeit, das alte/neue weltwirtschaftliche Abhängigkei- verwendung wäre nur eine zusätzliche 
mit dem Gang auf die Müllkippe vernichtet ten bedeutet wie z. B. bei Kork oder Kokos- Variante. Gepreßte Strohplatten mit hoher 
wird. Soll von Energieeinsparung und ver- faser. Tropische Hölzer sollten möglichst Güte und ohne Umweltbeeinträchtigung 
ringerter Umweltbelastung die Rede sein, vermieden werden. Die Beschichtung von werden bereits seit Jahren angeboten. Re- 
so muß vor der Verwendung von Neuma- Sperrholz und Tischlerplatten mit ‘Gabun’ sistente, möglichst biologische Stroharten 
terialien, vor der Ausbeutung von Ressour- zeigt schon am Namen, welchem Land hier wie Roggen- und Gerstenstroh lassen sich
	        
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