Auch diese Arbeit bemüht sich anknüpfend an altgermanische Vorstellungen um eine Anlage mit eıgener Symbolkraft. Die
Bauten des Dorfkerns sind um eine Achse gruppiert, die aus der Hauptstraße durch den Dorfturm und einen Hain hindurch
zur Feierhalle führt. Zwölf Findlinge als Monatssteine umgrenzen den Rundplatz, auf dem Sonnenwend (Abbrennen des Feuers)
und Maifest gefeiert werden sollen. Zehn Eichen bilden einen heiligen Hain. _ Verfasser: Architekt H. Giesemann, Berlin
den vorliegenden Entwurf ablehnen. Es ist dies nichts anders als stimmen konnten. Immerhin waren die Landschaftsregeln eine
eine Haufenstadt, die sich auch noch in unglücklicher Weise über erste gesetzesähnliche Aussage, die sich mit der Landschaft als sol-
das landschaftlich sehr empfindliche Hügelland legt. Den Mei- cher befaßte. Vermutlich waren sie als eine Vorstufe zu einem
nungsstreit zwischen Landesplaner und Oberbürgermeister hatder „Reichslandschaftsgesetz” zu verstehen. So heißt es am 8. 1.42, also
Gauleiter dadurch abgeschlossen, daß er dem Oberbürgermeister vor Verabschiedung der Richtlinien, in einem Briefentwurf des
weitere 100.000,- RM für seine Projektierung zur Verfügung ge- Chefs des Stabshauptamtes (der wahrscheinlich von der Planungs-
stellt hat” (BKA, R113/1523, Vermerk der RfRO vom Dez. 1942). abteilung erarbeitet wurde) an den Reichsführer-SS: „In den
Erst aufgrund der eigenmächtigen Aktivitäten des Oberbürger- neuen Siedlungsgebieten besteht die große einmalige Gelegenheit,
meisters von Sosnowitz scheint die Planungsabteilung des RKFin ein vorbildliches und richtungsweisendes Gesetz über die Land-
dieses Verfahren eingegriffen zu haben. So erklärte ein Mitarbeiter schaft zu schaffen; denn es fehlt - auch im Altreich - an einer
des Planungsamtes anläßlich einer Besprechung mit der RfRO, Rechtsgrundlage für positive Maßnahmen der Gestaltung und Pfle-
„daß man beim Reichskommissar die Planung auch nicht für kriegs- ge (BAK, R49/511, Briefentwurf an Reichsführer SS vom 8. 1. 1942,
wichtig ansehe. Es wäre aber angesichts der Initiative des Oberbür- 5). Auch deutet Mäding an, daß sie im Altreich „anregend oder rich-
germeisters und des Gauleiters notwendig, einzugreifen” (BAK, tungsgebend wirken” werden (vgl. Mäding 1943: 28). Himmler
R113/1523, Vermerk der RfRO vom Dez. 1942). Schon in den waren sie sogar so wichtig, daß er eine „Sonderausführung der
beiden genannten Allgemeinen Anordnungen Nr. 7 und Nr. 13 war gedruckten Landschaftsrichtlinien für einen kleineren Kreis ge-
die besondere Bedeutung der Landschaftsgestaltung in den einge- wünscht” hat (vgl. BAK, R49/509, Vermerk der Planungsabteilung
gliederten Ostgebieten hervorgehoben worden.!? Die in diesen vom 22. 1. 43). Diese Sonderausführung „in entsprechend guter
beiden Anordnungen allerdings noch relativ knappen Hinweise zur Ausfertigung” sollte vermutlich Hitler vorgelegt werden.
Landschaftsgestaltung sollten durch besondere Landschaftsricht- Die Landschaftsregeln wurden in der Planungsabteilung des
linien ergänzt werden. Die „Allgemeine Anordnung Nr. 20/VI/42 RKF auf der Grundlage eines Entwurfes von Wiepking erarbeitet
des Reichsführers-SS, RKF über die Gestaltung der Landschaft in (vgl. Mäding 1943: 27). Sie entstanden in Diskussion zwischen dem
den eingegliederten Ostgebieten”, (im folgenden Landschafts- Sonderbeauftragten Wiepking, dem Abteilungsleiter Meyer, dem
regeln genannt) stellte den Abschluß der Richtlinien-Erarbeitung Referenten des Planungsamtes für Landschaftspflege und Land-
dar (vgl. Mäding 1943: 16). schaftsgestaltung Mäding unter Hinzuziehung von Repräsentanten
Da die Landschaftsgestaltung als neue Planungsdisziplin aufkei- u.a. des Reichsforstamtes und des Generalinspektors für das deut-
ne Erfahrungen, keine gesetzliche Handhabe und praktischen sche Straßenwesen (vgl. BAK, R49/165). Auch Himmler nahm
Richtlinien zur Durchführung zurückgreifen konnte, ja noch nicht Einfluß auf die Landschaftsregeln'”.
einmal eine eindeutige Definition des Begriffes-vorlag (vgl. Mäding Die Bedeutung der Landschaftsregeln als erstmalige Anweisung
1943: 5), erscheint die Erarbeitung der Landschaftsregeln für eine zur Landschaftsgestaltung wird wie folgt dargestellt: „Mit den
im Sinne des RKF planvolle Landschaftsgestaltung unumgänglich. Richtlinien hat die Reichshoheit zum ersten Male die Weisung zur
Die Landschaftsregeln sind nach 1945 in der fachspezifischen Lite- planmäßigen Landschaftsgestaltung im Sinne dieser lebensgesetz-
ratur so gut wie unberücksichtigt geblieben. Diese Tatsache istum lichen Erkenntnis gegeben” (Mäding 1943: 28). Die Regeln hatten
so erstaunlicher, da ihnen von Meyer, Mäding, Wiepking seinerzeit Gültigkeit für die eingegliederten Ostgebiete. Ihre Geltung beruhte
bahnbrechende Bedeutung beigemessen wurde und Meyer und darauf, „daß die Behörden, Dienststellen und Körperschaften,
Wiepking über fast zwei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg deren Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar irgendeine Wirkung auf
die universitäre Ausbildung zum Landespfleger in Hannover be- die Landschaft auszuüben vermag, gehalten sind, die Richtlinien zu
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