autonomen und souveränen politi- mengelage erheblich erschwert. Da- bindungen hin überprüft wird. Es Da ist Skepsis das buchstäblich Le-
schen Verband - einen National- gegen hat er es der politischen De- soll allerdings Leute geben, die es bensrettende. Denn es gibt einen
staat - zu bilden. Das einzig brauch- magogie erleichtert, die Unzufrie- problemlos schaffen, Frau und Va- unbändigen deutschen Drang zum
bare Kriterium der Zugehörigkeitzu denheit bestimmter Teile der Bevöl- terland zu lieben, wenn auch aus Positiven, zum schlechthin Idealen,
einer umfassenden politischen Ge- kerung mit ihrer Lage in aggressive verschiedenen Gründen und auf eine unwiderstehliche Versuchung
meinschaft wäre demnach der Be- Energie zu verwandeln und auf ir- verschiedene Weise. Der jüdische des Absoluten. Es gibt einen ab-
sitz einer gemeinsamen Sprache. - gendwelche äußeren oder auch in- Philosoph und Schriftsteller Theo- gründigen Unwillen oder gar eine
Das ist also ein Vorurteil, das sich in neren Feinde zu lenken, die mit die- dor Lessing, der Deutschland liebte Unfähigkeit, das Leben und die Le-
der neuesten Zeit - etwa seit der ser Situation oft wenig zu tun hatten. und den die Nazis im Jahre 1933 da- bensumstände hinzunehmen, wie
Französischen Revolution - heraus- Gemeinschaftskult und Freund- für im Exil ermorden ließen, hatdas sie sind: als unvollkommen und
gebildet hat, und zwar unter nicht Feind-Denken gehören im Nationa- Thema um eine weitere Einsicht va- eben darum verbesserungswürdig.
unerheblicher Beteiligung deut- |ismus eng zusammen. riiert. Man könnte, schrieb er in ei- Unter kraß wechselnden Vorzei-
scher Philosophen und unter dem Hans Albert nem seiner letzten Aufsätze, zwei chen, in stets neuen Schüben der
Einfluß der deutschen Romantik. ® Nationen genausogut angehören, immer gleiche Wille zum innerwelt-
Die Ideen der betreffenden Denker wie man zwei Frauen lieben könnte, lichen Heil: Etwas Schreckliches ist
haben den Nationalismus geprägt, Die einzig historisch ernsthafte man müßte nur dafür sorgen, „daß daran, etwas zum Fürchten. Die
der dann später in verwandelterund Reaktion auf die Frage, ob man daraus keine Tragödie erwächst”. Zerstörung des angeblich Bösen als
vergröberter Form in die Rhetorik Deutschland liebe, ist zweifelsfrei Ich fand schon immer die Kompro- Voraussetzung für den Sieg des Gu-
des politischen Alltags aller Staaten die Gegenfrage: Halten Sie mich für mißformel „sowohl als auch” viel ten; Erlösung als Endlösung. Aber
eingegangen ist. Der Patriotismus negrophil? — Deutschland hat es ge- sympathischer als die alberne Alter- weil weder die Welt noch die Men-
native „entweder oder”. - Die Liebe SCchen aus eigener Kraft CY Erlö-
— ze DE nt x... ee . zu Deutschland, um die es hier geht, sung fähig sind, mündet die Zerstö-
EEE INTERN Se © u WI hat einiges mit der neuerdings gras- rung des Bösen in die Unfähigkeit
A En ET A AZ ijerenden Heimatpfl d-begei- zum Leben, in die idealistische
u SLOT EEK AED een sierenden Heimatpflege und -begei N,
sr A EDEN LS SELTEN Ken zz sterung zu tun. Und dazu fallen mir Selbstzerstörung.
KLEE m SI NED SZLDL Tann Um nur zwei alte jiddische Witze ein. Da Christian Graf von Krockow
. SEE TEE fährt ein Jude immerzu von einem
Ort zum anderen, hält es nirgendwo ®
lange aus; kaum daß er sich nieder- Die Zeitung meldet: „Sonne lacht -
gelassen hat, bricht er wieder auf. Deutschland lacht”. Im Fernsehen
Gefragt, was ihn so umhertreibt, jäuft das „Schwarzwaldmädel”. Das
U er: AR SO ads einst alternativ genannte SC
UNLErWEBS = DD 1. uce zin gratuliert Arno Breker zum 84.
fährt in einem Zug und bricht an je- N Geha erlemte. alte
d ® d H ° ilft der Station in lautes Klagen Da Mann” und Leon Krier verkündet:
? & jwawoj, wie ist mir, ojwawoj!” Das Albert Speer ist ohne jeden Zweifel
[C ’ 16 an Cre a C Klagen wird von Station zu Station der bedeutendste (plus celebre) Ar-
stärker, schließlich fragt ihn einer chitekt des 20. Jahrhunderts.”
G hn ” der Reisenden, was er denn habe. 5
ITOS C . „Ich sitz im falschen Zug”, antwortet Raimund Holhe
der Jude, „und mit jeder Station ®
wird die Rückreise länger ...” - Mit
der Heimat, vermute ich, ist es noch Vor dem Problem des Irrationalen
schlimmer. Da man aus dem Zug die Augen verschließen aus Angst,
gar nicht aussteigen kann, muß man heißt, ein UNE HSUTEN Ge a
schon seinen Sehnsüchten und besonders deren Herkünften trauen? an are man die en u OU Ute RererOi en SabDIOn
„Der sogenannte zentrale Bereich um den Reichstag herum ist BOvor N ORTE Strategien von Herrschaft kampflos
Objekt des fiebrigen Zugriffs. Dieses Brachfeld von Reichshaupt- getroffen, der mir in einem Satz klar- Zu überlassen. Der eigentliche poli-
stadtresten soll zum Altar des neuen Nationalismus werden” (taz, gemacht hat, warum er gerne ein WA DS BEE NE
11. 10. 1985). Erste Opfergabe: ein Wettbewerb. „Die politischen Schweizer ist. „Bei uns ist der Staat OPER GSR CET BEN OEATON irn
Planungsvorgaben für ein neues Machtzentrum” (Spiegel, 25. 11. AO DE ME tel chte tionalen sind linke und liberale Poli-
1985, S. 64) werden seit Mitte Dezember in Berlin ausgegeben. damit er die Schweiz der Bundesre- tik, linke und liberale Theorie ge-
ARCH” ruft auf zum Boykott und Protest. ARCH* öffnet von nunan publik für überlegen hielt, wo der BEST EEE OLE ea
seine ersten Seiten dem Kampf gegen jeden versteckten oder offenen OLE alten US OIO EUROS RE Unzulänglichkeit einer homogenen
Nationalismus; er mag nun kommen von welcher Seite auch immer. nehmen ist, von dem sich die einen Praxis. Der soziale Raum wird als
ständig distanzieren und mit dem in aus sich aus Sachproblemen ad-
die anderen sich immerzu solidari- dierender Raum gedacht. Die diesen
sieren. Raum. durchzuckenden affektiven
Spannungen werden entweder
Henryk M. Broder überhaupt nicht wahrgenommen
® oder aber, wo sie nicht mehr zu
„Artı=, Rundheraus: sozusagen mangels hi- N RAD Erde Gall
„m . CS storischer Masse halte ich die Frage, | erden unterdrückt oder manipu-
2. me wie sich ein Deutscher gegenüber ji Kollektive Entladungen als Na.
ED Ws 7 Deutschland innerlich verhält, für ;
RL. A ALZ b b rd wäre damit turkatastrophen erfahren.
DE ZZ unbeantwortbar und wäre dami N
SA . ; nn . VS schon am Ende. Ich könnte noch da- Elisabeth Lenk
rauf hinweisen, daß unsere Nach-
früherer Zeiten hat ganz andere geben zwischen 1871-1945, weder EEE Ele N HEN Gele
Möglichkeiten der Identifikation ge- vorher noch nachher. Wir leben also befinden. en 6 von En N und
<annt. Man braucht dabei nur an 40 Jahre post mortem, weshalb man cn Frankreich: von I dien“ ie
Osterreich-Ungarn zu denken, das sich als vernunftbegabter Mensch N PETE VON NASN.SPIS
z an - : s S : chen. Dort kann Nationalgefühl ge-
ein Opfer des modernen Nationalis- die Rede von irgendeinem metahi- hegt und gepflegt werden. ohne daß
mus geworden ist. Dieser Nationa- storischen Deutschland ohne Zeit Sch nn N SNZendE Staaten. Tragen
lismus war und ist nur der militante und Raum verbitten muß. SURFEN nn a8
Versuch die Identität sprachlicher Yan Philipp Reemt a nn NR En YO%
und politischer Grenzen zu erzwin- an * hBIpp Aeemisma WOREN CIE UNS AN EST EEE
gen. - Der Nationalismus und der ® Erich Kuby Sollten Ihnen diese kleinen
mit ihm verbundene Begriff der Na- ®
tion hat erheblich zur Entstehung Gustav Heinemann hat mal gesagt, Passagen auch einleuchten,
der beiden Weltkriege und zu einer erliebe nur seine Frau und nicht den Grenzen verhärten und verschlie-
Umgestaltung der politischen Ord- Staat. Aus Mangel an anderen ent- ßen sich, wenn man sie antastet. Sie besorgen Sie sich das Buch:
nung Europas beigetragen. was für schieden vernünftigen Außerungen können zu Brücken werden, wenn
viele Völker dieses Erdteils außeror- führender deutscher Politiker wurde man sie anerkennt. Das ist eine alte Lieben Sie Deutschland?
dentlich unerfreuliche Konsequen- der Satz berühmt und wird immer und immer neue menschliche Er-
zen hatte. Er hat überhaupt eine ver- dann zitiert, wenn das schwierige fahrung; Unsicherheit weckt die Serie Piper 368
nünftige politische Organisationvon Verhältnis zwischen Stact und Indi- Angst, macht aggressiv, und treibt in
Bevölkerungen in ethnischer Ge- viduum auf seine libidinösen Ver- den Bann’ der Weltanschauungen München/Dez. 85/336 S./14,80 DM